Lassen sich 1300 Kilometer Geröll, Schnee und einsame Pyrenäen-Pisten auch mit Triumph Retro-Scramblern bezwingen? Vier Unerschrockene wagen den Selbstversuch.

Normalerweise wird so eine Tour mit Hard-Enduros gefahren“, grinst Uli Brée. »Aber das wäre zu einfach gewesen. Wir wollten wissen, ob so was auch mit fast 220 Kilo schweren, aber stilvollen Triumph Scramblern funktioniert.« Die Tour, von der der Österreicher spricht, ist die Transpyrenäica-Rally, über 1300 Kilometer parallel zum Hauptkamm der Pyrenäen, acht Tage lang immer entlang der spanisch-französischen Grenze.

Schotter, Schnee und Bergpisten

Täglich zehn bis zwölf Stunden fahren auf Schotter, Schnee und einsamen Bergpisten, vom Mittelmeer immer geradeaus bis zum Atlantik. Die vier Protagonisten, alle in der Motorradszene nicht unbekannt, haben sich für genau diesen Zweck jeweils eine Triumph Scrambler umgebaut. Jens vom Brauck, Motorrad-Designer aus Köln, zeichnete für die Formgestaltung der Bikes verantwortlich, LSL-Gründer Jochen Schmitz-Linkweiler für die Entwicklung und Fertigung der technischen Komponenten.

Roadbook und GPS helfen dabei, selbst die einsamsten Pisten und schmalsten Feldwege aufzuspüren

So entspricht Ulis »Rumbler« exakt den persönlichen Vorstellungen von einer Maschine , wie sie am Rumble, dem Sprintrennen im Dreck auf den Tridays, teilnehmen kann. Während Jens‘ »Dirty Deeds« mit einer tadellosen Formgestaltung punktet, greift der dritte Teilnehmer, Wim Peters, bei seiner »Extreme« erwartungsgemäß bei den Fahrwerkskomponenten in die Vollen, etwa mit einer Öhlins FG 43 Upside-Down-Gabel und TTX-Federbeinen mit 127 mm Federweg. Jochen hingegen vertraut bei seiner »Trophy« auf die Gabel einer Yamaha TDM 850 mit 30 Millimetern mehr Federweg in LSL-Brücken.

In den Pyrenäen – Ring frei für die Speedgang

Alle Motorräder erhalten zudem einen bis hinter den Ölfilter verlängerten Motorschutz, einen LSL-Bremspumpenschutz für die hintere Bremspumpe, gefräste LSL-Fußrasten, einen Arrow-Auspuff sowie einen konifizierten LSL-Lenker mit 25 mm Erhöhung. Begleitet werden die vier von einem Regisseur und einem Kameramann, jeweils auf einer Yamaha-Enduro, und dem erfahrenen Guide Christoph del Bondio samt einem Kamerateam in einem Mitsubishi Pajero. Schließlich sollen die Abenteuer während dieser Roadbook Rally für ServusTV im Magazin »Ring frei für die Speedgang« gefilmt werden.

Pflichtübung: Jens vom Brauck reinigt regelmäßig den Luftfilter seines Scramblers

Gestartet wird in Mieres, etwa 120 Kilometer nördlich von Barcelona. Schon bald beginnen die ersten Off-Road-Etappen. Immer wieder muss das Begleitfahrzeug befestigte Wege fahren, um später wieder zu der Gruppe der Zweiradler hinzuzustoßen. Über Andorra geht es nach Benasque in Aragon. Die höchsten Berge der Pyrenäen sind hier zum Greifen nahe. Auf über 2000 Metern erwartet die vier trotz Hochsommer Schnee und Eis.

Tauglich für den harten Einsatz

Kalt wird den slidenden Piloten hier trotzdem nicht. Bei der Umrundung der Peña Montañesa rutschen die vier unentwegt mit dem Motorschutz auf Steinen und Geröll herum. »Es ist schon erstaunlich, was die Motorräder so alles aushalten«, freut sich Jens. »Die 900er sind zwar ein wenig schwer und haben kurze Federwege, aber sie eignen sich tatsächlich für den ganz harten Einsatz.« Auch Jochen zeigt sich verblüfft: »Unfassbar sind die Ich-sterb-nicht-ab-Eigenschaften des Twins. Vor allem dem perfekten Mapping der Einspritzelektronik ist zu verdanken, dass ich nicht ein einziges Mal umgefallen bin.«

Driften im Schnee und das Durchpflügen knietiefer Furten machen sich gut fürs Foto, zählen aber zu den eher einfachen Fahraufgaben

Ein wesentlicher Beitrag für die problemlosen Fahreigenschaften ist auch die kürzere Endübersetzung. 50 Zähne statt serienmäßiger 43 machen die Retrobikes endgültig zu Bergziegen. Spätestens in der Sierra de Loarre sind solche Fähigkeiten dringend notwendig. Nach jeder Tagesetappe wirken die Triumph-Piloten verschlissener – gefahren wird größtenteils im Stehen – aber auch zufriedener.

Eine Hammer-Erfahrung

Über die baskische Navarra erreichen die vier nach acht erfüllten Tagen den Atlantik. »Eine Hammer-Erfahrung«, macht Uli seinen Gefühlen Luft. Jens ist derart von seinem Scrambler überzeugt, dass er in seiner Designwerkstatt JvB Moto umgehend eine Kleinserie davon anfertigen wird, und auch Jochen nimmt diverse Umbauteile, die hier ihre Bewährungsprobe hinter sich gebracht haben, ins Programm von LSL auf.

Felsformationen: Die Landschaft in den Pyrenäen ist äußerst vielfältig

»Was sonst noch war?«, strahlt Jochen. »Nach Umfallern mussten wir ein paar Mal die Fußrasten richten. Natürlich nur bei den Bikes, an die keine LSL-Rasten angebaut waren. Toll war jedenfalls, dass bei keinem der Bikes auch nur eine Schraube gedreht werden musste. Die Scrambler stecken so eine Tour locker weg.«

 

 

Dirk Mangartz