Pasadena gilt als Zentrum des Motorraddesigns. CUSTOMBIKE schaute Stardesigner Miguel Galluzzi über die Schultern
Wer sich ernsthaft mit dem Gedanken herumschlägt, Motorraddesigner zu werden, der steht vor der Frage, wo er sein Studium am besten absolviert. Noch vor der Hochschule Pforzheim und dem Royal College of Art in London gilt das Art Center College of Design in Pasadena als eine der führenden Designschulen für Automotive Design. Früher als an vielen anderen Hochschulen beschäftigte man sich in Pasadena seit den Siebzigerjahren mit der ganzheitlichen Gestaltung von Fahrzeugen. Zehn Jahre später folgten spezielle Ausbildungsgänge für die Gestaltung von Motorrädern, die bis heute einen hohen Stellenwert genießen. Design-Professor Bumsuk Lim gründete zudem kürzlich die erste offizielle Motorraddesign-Klasse, die deutlich weiter geht als die bisherigen Kurse.
Blick in die Zukunft
Fragen der Ergonomie, Ökonomie und Funktionalität spielen dabei ebenso eine entscheidende Rolle wie ästhetisch-modische Aspekte. Doch neben allen pragmatischen Aspekten ist sich der passionierte Motorradfahrer Lim auch der emotionalen Wirkung von Motorrädern bewusst: »Ein Motorrad ist ein Zeichen von Freiheit, wir fahren damit, weil wir das Open-Air-Feeling wollen, die rohe Kraft genießen wollen.« Lim ist sich sicher, diese Attribute auch mit Elektromotoren kombinieren zu können. »Früher hat die Dampfmaschine die Pferdefuhrwerke abgelöst, bis sich langsam der Ottomotor durchgesetzt hat. Jetzt ist die Zeit, sich von Althergebrachtem zu lösen«, referiert der Dozent. So weisen denn auch viele der am Art Center entwickelten Zweiräder keinerlei Parallelen zu traditionellen Motorrädern auf.

Einige erinnern an Biomechanik, an Sci-Fi-Roboter. Hier wird ganz offensichtlich an der Zukunft getüftelt. Neben bekannten Autodesignern wie Chris Bangle oder Henrik Fisker haben auch Motorradgestalter wie der taiwanesische Customizer Winston Yeh (Rough Craft) oder die BMW-Motorraddesigner Ola Stenegard und David Robb ihr Handwerk an der kalifornischen Privatschule erlernt. Auch Miguel Galluzzi, der kultig verehrte Designer der Ducati Monster, studierte Anfang der Achtzigerjahre am Hillside Campus in Pasadena. Nach seinem Abschluss arbeitete der gebürtige Argentinier zunächst 1986 bei GM in Rüsselsheim, dann bei Honda, Ducati und Cagiva in Italien. 2006 wurde Galluzzi Styling-Director bei Aprilia, seit 2012 leitet er das Advanced Design Center für Aprilias Muttermarke Piaggio in Pasadena.
Pasadena – Piaggio Design Center
Piaggio unterhält sein Design-Center nicht ohne Grund in der kalifornischen Design-Metropole. Von einer Dependance in Pasadena erhoffen sich die Italiener sowohl Einflüsse vom wichtigen Exportmarkt USA als auch vom kreativen Umfeld des Art Centers, des California Institute of Technology und der nahen Metropole Los Angeles. Miguel Galluzzi gestaltet mit drei Mitarbeitern in dem modern ausgestatteten Büro im ersten Stock des zentralen Colorado Boulevards die Formensprache der Marken Piaggio, Vespa, Moto Guzzi und Aprilia. Neben dem Facelift der Moto Guzzi V7 Racer hat er von hier aus bereits die Gestalt des Retro-Scooters Vespa 946 oder die California 1400 entwickelt. Und ganz nebenbei trägt Galluzzi dazu bei, den Ruf von Pasadena als Hochburg des Automotive Designs zu festigen.
