Dnepr-Gespann – Projekt 40



Waldemar kauft Motorräder, baut sie um, verkauft sie wieder. Das Dnepr-Gespann ist sein viertes Projekt – und das Endziel Harley zum Greifen nah

Schon 2016 hatte Waldemar eine Dnepr umgebaut. Ein verrottetes Gespann, das er bei einem Autohaus findet und das mit offenen Zylindern und fehlenden Vergasern ein trauriges Dasein fristet – solange, bis Waldemar es wieder in einen fahrbaren Zustand versetzt. Es ist also kein Zufall, dass die Marke aus Kiew nochmal herhalten muss, pünktlich zu seinem vierzigsten Geburtstag, daher auch die Bezeichnung Projekt 40.

Schrauben als Routine

Routine besitzt der Elektro-Meister genug, schließlich schraubt er seit rund zwanzig Jahren. Das erste Motorrad ist eine Suzuki GSX-F, aber auch eine GSX-R 750 und eine Bandit 1200 aus der ersten Gene­ration gehen durch seine Hände. Manche baut er um, andere verkauft er einfach weiter. »Wobei ein Umbau nach eigenem Geschmack und Stilrichtung schwierig sein kann, wenn es um einen Weiterverkauf geht«, gibt Waldemar zu bedenken. Dennoch sammelt er mit dieser Strategie immer wieder Geld ein, das in neue Projekte investiert wird, schließlich ist das große Ziel – die eigene Harley – noch immer nicht erreicht.

Vom Gespann zum Chopper in wenigen Augenblicken. Ein paar Handgriffe genügen

Das aktuelle MT-10-Gespann ist ein Netzfund, den er in der Nähe von Berlin entdeckt. Ein mehr oder weniger rollendes Chassis mit ausgebautem Motor und einem Sammelsurium an Ersatzteilen. Zwar mit einem Beiwagengestell, allerdings ohne passendes Boot. »Der Verkäufer hatte eine alte Blechwanne draufstehen, die er mir leider nicht mitgegeben hat. Daher musste ich noch nach Hamburg.

Dnepr-Gespann für 1000 Euro

Alles in allem war es ein Trip über 1500 Kilometer, den ich in achtzehn Stunden abgespult habe«, so Waldemar über den Kauf, der ihn knapp 1.000 Euro kostet. Dass noch viel Arbeit vor ihm liegt, stört nicht weiter, schließlich macht er gerne alles, wofür er seine Hände benutzen muss. Und mit der einfachen Hammer-und-Sichel-Technik, wie er es nennt, ist er bestens vertraut.

Der Sportster-Tank macht den kleinen, aber feinen Unterschied

In seiner kleinen Werkstatt wird die Dnepr komplett zerlegt und einer Bestandsaufnahme unterzogen. Danach folgt die Festlegung des Designs am leeren Chassis. »Ich habe verschiedene Tanks und Lenker ausprobiert, bis alles so gepasst hat, wie ich es mir vorgestellt habe.«

Tank von der Sportster

Den Tank liefert eine Harley-Davidson Sportster. Er passt natürlich nicht aufs Rahmenoberrohr, also muss Waldemar neu tunneln, schweißen und abdichten. Als Lenker kommt nur ein kleiner Ape in Frage, passend zum gewählten Stil. »Am Rahmen selbst musste ich so gut wie nichts ändern, der eignet sich ganz gut für solche Umbauten.« 

Beim Kauf des Gespanns bekam Waldemar quasi ein Rolling-Chassis, jede Menge Ersatzteile und einen ausgebauten Motor, der sich als zu große Baustelle entpuppte. Selbst der Beiwagen war nackt, doch von der dekorativen Blechwanne wollte sich der Verkäufer leider nicht trennen. Also musste eine neue Sitzgelegenheit her.

Zwischendrin widmet er sich dem mitgelieferten Motor, setzt ihn wieder zusammen, nur um festzustellen, dass der Antrieb eine zu große Baustelle ist. »Das wird nie was, deshalb habe ich bei Ural in Hamburg ein unbenutztes Aggregat aus russischen Militärbeständen gekauft. Und ihm direkt neue Vergaser verpasst. Das Fluten der Serienvergaser vor jeder Fahrt hat einfach nur genervt. Die neuen laufen sauber und müssen nicht ständig eingestellt werden.« Der ursprüngliche Motor bleibt in Waldemars Besitz, er dient als Ersatzteillager. 

Dnepr-Gespann mit Eigenbau-Teilen

Geschraubt wird regelmäßig nach Feier­abend und an den Wochenenden, angetrieben von dem Willen, das »Projekt 40« zum Abschluss zu bringen. Was er nicht kaufen kann, baut er selbst. So auch den Batteriekasten. »Im Serienzustand steht die Batterie einfach frei herum, daher habe ich mir einen Kasten gebaut und alles Wichtige samt Batterie darin untergebracht.«

Da der Aftermarket wenig Teile für das ukrainische Gefährt anbietet, lautete das Motto: selber machen. So auch den Luftfilterdeckel in Form eines Kronenkorkens

Er baut sich außerdem eine Abdeckung in Form eines Kronkorkens für den Luftfilterkasten, zeichnet, dengelt und schweißt, bis alles passt; ebenso viele andere Teile wie Schutzbleche oder Halterungen, die benötigt werden. Sogar den Sitz für den Beiwagen konstruiert er selbst. »Das Ding ist so stabil, dass es bei einem Überschlag als Überrollbügel dienen würde«, grinst Waldemar angesichts der soliden Bauweise. 

Elektrik und Lack, alles aus einer Hand

Dass er die Elektrik komplett neu verkabelt und eine elektronische Zündung installiert, ist seinem Beruf geschuldet. Er kann nicht anders. Nicht einmal die Lackierung gibt er aus den Händen, entlackt und entrostet stattdessen alle Teile und versieht Tank und Schutzbleche mit einem poppigen Orange. 

Zu choppen gab es tatsächlich recht wenig, ist ja auch nicht viel dran, an so einer Denpr

Lediglich das Boot, wie die Unterbringung für mögliche Passagiere auch genannt wird, tüncht er in ein freund­liches Mattschwarz. Der Beiwagen verfügt übrigens über eine Besonderheit, auf die Waldemar hinweist. »Er ist abnehmbar, denn ich habe den Kardan-Antrieb zurückgebaut, so dass ich das Bike auch solo fahren kann, das war mir wichtig. Genauso wurde das Gespann auch bei der Prüfstelle abgenommen.« Eine feine Sache, die er beim Fotoshooting demonstriert.

Dnepr-Gespann auf dem Weg zur Halrey

Nachdem das Dnepr-Gespann im Kasten ist, verschwindet Waldemar für ein paar Minuten, nur um kurz darauf ohne Beiwagen wieder aufzutauchen. Lässig rollt er mit seinem Chopper vor und zeigt, dass auch eine Dnepr cool aussehen kann. Zu schade eigentlich, dass dieses Bike nebst einem seiner anderen Schätze inzwischen verkauft ist. Doch Waldemar hat endlich sein Ziel erreicht und sich eine Harley bestellt.

Mehr Arbeit machte der Sitz im Beiwagen, der ein derart robustes Metallgestänge bekam, das vermutlich selbst einem Überschlag Stand halten würde

Liefertermin? »Irgendwann, aber hoffentlich bald«, grinst er. Trotzdem merkt man ihm an, dass es es ihm nicht leicht fällt, sein Bike herzugeben. Es ist wie immer, wenn man selbst schraubt, endlose Stunden in sein Projekt steckt, mit ihm wächst und alle Hindernisse, die ein Umbau mit sich bringt, überwindet. Und dann trennt man sich davon, nur, um wieder etwas Neues anzufangen.

Es kommt immer anders

Wie lange die nagelneue Harley im Serienzustand bleiben wird? Er weiß es noch nicht, meint aber optimistisch, dass da ja nicht viel dran zu machen ist. Es wird anders kommen, garantiert.


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Fotos: Christian Heim
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