Diese Sportster ist ein Beweis dafür, dass der erfolgreiche Customizer Martin Becker seinen roughen Stil schon früh verfolgte
»Harleys fand ich schon immer geil, aber als ich mit dem professionellen Umbauen anfing, hatte ich einfach nicht die Kohle dafür. Da musste ich machen, was kam«, erzählt uns Martin Becker, den wir vor mittlerweile zwanzig Jahren das erste Mal in unserem Magazin vorstellten. Retro-Fighter nannte er seinen Stil damals und baute knackig abgesäbelte, sportliche Racer, vornehmlich auf Basis von ZRX oder Vmax.
Damals, am alten Güterbahnhof
Man konnte seinerzeit schon erahnen, wo der Weg seiner Manufaktur MB Cycles hinführen würde, denn angepasst und mainstream war Martin schon damals kaum, sondern driftete lieber halsbrecherisch über den alten Heidelberger Güterbahnhof und machte jeden Scheiß mit. Daran hat sich nichts geändert, lediglich die Motorräder sind heute fast ausschließlich Harleys und Martin einer der erfolgreichsten Customizer Deutschlands. Seinen Stil hat er verfeinert, aber im Grundsatz ist der immer noch verdammt ruppig, racig und vor allem rigid. Schon an seiner Personal-Sportster konnte man das gut erkennen.

»Ich war komplett im Sportster-Wahn und hatte einen Kunden davon überzeugt, eine Sporty in einen VG-Rahmen zu packen. Dann wollte er aber plötzlich einen dickeren Motor. Also kaufte ich den Rahmen zurück und begann mein Personal-Project«, erzählt Martin. Das starre Chassis ist Marke VG aus Holland.
Antrieb aus der Harley Sportster
Einen Motor für seinen Rigid Racer findet Martin bei einem Kunden. Mit dem tauscht er nämlich seine Arbeitszeit an dessen Bike gegen den Antrieb einer 96er Sportster XL 1200. Der Umbau kann beginnen.

Dem Motor spendiert der Heidelberger nur ein leichtes Update, versieht zum Beispiel den K&N-Luftfilter mit einem Eigenbau-Schnorchel, den er aus einem Sporty-Krümmer schneidet. Flachschieber-Vergaser, Barnett-Kupplung und Eigenbau-Krümmer, mehr ist nicht nötig. Zudem ändert er die Motorhalterung am Rahmen, um die Aufnahme des Gehäuses zu gewährleisten. Pfriemeliger gestaltet sich da der Job am neuen, hauseigenen Aluminium-Öltank, bei dem Martin alle sichtbaren Anschlüsse unter dem Tank laufen lässt, um eine saubere Linie zu erzielen.
Auf der Suche nach dem passenden Tank
Das Frontend einer Buell kauft der Heidelberger einem Bekannten ab und verwendet es inklusive der kraftvollen Bremse des Racing-Bikes. In dem um zwei Zoll verlängerten Fahrwerk darf dagegen ein V-Rod-Scheibenrad Runde um Runde drehen. Bestückt sind beide Räder mit Stollenreifen. Den bei Umbauern beliebten Continental TKC 80 hat Martin auserkoren, weil »… ich einfach auf diese martialische Optik stehe und die Reifen sich wirklich geil fahren lassen«, wie er erklärt.

Und weil Martin brutale Optik liebt, liefert er den Hingucker seines Bikes in besonderer Ausstattung ab. Nach einigen Versuchen mit verschiedenen Spritbehältern – eigentlich war nämlich ein Hercules-Tank geplant – entscheidet sich der Customizer für das Gefäß einer Zündapp. Den originalen Einfüllstutzen will er aber nicht behalten und verschließt ihn. Nun läuft das Benzin über den neuen, seitlich angeschweißten Stutzen, der mit brachialer und ungewöhnlicher Optik glänzt.
Der Tank ist zackig austauschbar
Und Martin hat noch einen Clou in der Hinterhand. Mit wenigen Handgriffen kann er das Zündapp-Gefäß demontieren und durch einen King Size-Sportster-Tank ersetzen. Nicht nur Linie und Optik des Bikes ändern sich dadurch minutenschnell und nach Bedarf, auch das Fassungsvermögen des Tanks bekommt so ganz schnell Streckentauglichkeit, weit reicht die Zündapp-Variante nämlich nicht.

Als das Herzstück der Sportster damit erledigt ist, geht es an die Feinheiten, die die saubere Bauart des Motorrades auszeichnen. Innenverlegung der Kabel durch den Rahmen, Rücklichter und Blinker werden in Form von LED-Stripes in die Rahmenrohre eingelassen, ein Minimal-Kabelbaum wird gebaut, der Zündschloss-Eigenbau wandert unter die Sitzbank, dazu winzige motogadget-Instrumente, den Kennzeichenhalter seitlich anpassen und sämtliche Armaturen-Kabel durch den Lenker ziehen … Pfuschelarbeit mit Rieseneffekt.
Glück fürs eigene Projekt
Zum Schluss wandert noch die Crime Scene-Lampe ans Bike. »Würde ich nicht unbedingt kaufen, zu teuer«, erklärt Martin mit Blick auf den Scheinwerfer. Er hat Glück, kauft einem Customizer einen Triumph-Chopper ab, an dem die Lampe verbaut ist und nutzt sie für sein eigenes Projekt. Fertig!
Bei den ersten Ausfahrten zeigt sich Martins Sportster nicht nur fahrwillig, sondern auch showtauglich, ein paar Pokale für den Umbau standen schnelln in der Heidelberger Vitrine. Aber wie das mit den eigenen Kindern halt so ist, sie sollten besser früher als später auf eigenen Rädern stehen. Und so gingen Mann und Motorrad irgendwann getrennte Wege.
Immer das nächste Projekt
Freilich nur, um das nächste Projekt in Angriff zu nehmen. »Mir ist immer mal wieder nach was anderem«, schwante es dem Herrn Becker schon beim Fototermin und ieß die Kieselsteinchen rieseln, als er mit durchdrehenden Reifen davon driftete.
Info | mbcycles.de
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.
Respekt vor deiner Arbeit Martin, evtl nimmst du dir mal ein anderes Triebwerk vor als den affigen Harley Motor, ich kann das Ding weder „hören noch sehen“.
Wie war’s mit einem englischen Einzylinder Typ P&M oder Rudge?
Alles andere wäre Zeitverschwendung.
Mfg, Christian Thieme
Schönes Bike.
Was mir ein wenig aufstößt, die dünnen Rahmenstreben hinten. Die wirken nicht in Verbindung mit dem Reifen.
Irgendwann wird bei uns unausweichlich auch ne Harley stehen. So lange bleibt es bei diversen Hondas+ Yamaha. 🤣
Ich habe 1991 ne neue Sportster gekauft, auch etwas umgebaut,Logo,aber nicht so alltagsuntauglich, ich hab ja kein Auto nebenbei und fahre täglich mit nem Mopped,und da wäre zb der Starrahmen sehr untauglich,und dann n Zündapp Moped Tank…autsch,da hätte ich mindestens mal den Schriftzug entfernt,Und der Auspuff -hasslich und nur für den Showroom geeignet,aber nicht wirklich zum fahren..Das Mopped würde ich mir höchstens zur Dekoration ins Wohnzimmer stellen,aber nicht in die Garage….
Sieht echt super aus.Der Zündapptank is aber voll daneben. Der geht mir gar nicht runter.Aber ich hab auch keine Ahnung.