Gustaf Anderssons Regel ist unmissverständlich: »No bolt on, please!« So entstehen in seiner Garage ausschließlich handgemachte Harleys – alter Schwede!

Falköping, klingt wie ein ausziehbares Sofa aus dem IKEA-Katalog, ist aber eine Stadt in Südschweden. Hier werden die Truckmotoren für Volvo gebaut und hier lebt Gustaf Andersson – Harleymann durch und durch. Amerikanische Autos und Motorräder, eine andere Leidenschaft kennt Gustaf nicht. Als 18-Jähriger stieß er zur schwedischen Raggarbilar-Szene. Raggarbilen, so nennt man im hohen Norden die rattigen Karren der Halbstarken, Gustaf hatte auch eine.

»Motorräder machen einfach noch ein bisschen mehr Spaß«

Der Weg zur Kustomcar-und Hotrod-Kutur war von hier aus nicht mehr weit. 1997 gründeten Gustaf und einige Freunde den bekannten Jokers CC. Der szenebekannte schwedische Autoclub fiel in den letzten Jahren vermehrt durch sauber umgebaute Oldschoolchopper auf, die sie durch ganz Europa fuhren. »Motorräder machen einfach noch ein bisschen mehr Spaß«, grinst Gustaf. 

Früh begonnen: Den unerschöpflichen Teilefundus verdankt Gustaf seiner vor vielen Jahren begonnenen Sammelwut

Dessen Leidenschaft für Zweiräder begann vor mehr als 15 Jahren, als er den schwedischen Chopperbauer Klas Wingren traf und infiziert wurde mit dem Gedanken an eine eigene Panhead, die er schließlich von Klas direkt kaufte. Von nun an drehte sich alles um Bikes. Gustaf war maßgeblich beteiligt an den guten Karren seines Clubs, und für seine Arbeit hat er ein wahrlich fürstliches Domizil am Rande seiner Heimatstadt. »Ich hatte ein gutes Timing, als ich meine Halle kaufte«, erklärt Gustaf.

»Ich kann hier quasi alles machen«

Das riesige Gebäude war im Besitz der schwedischen Armee. Als Gustaf spitz bekam, dass die sich reduzierte und das Gebäude verlassen würde, kaufte er es schneller, als wir Falköping sagen können. Statt Militärklamotten füllt Gustaf die Halle schnell mit seiner Auto- und Motorradsammlung. Neben seinem Hauptjob als Ingenieur, in dem er auch Drehmaschinen und anderes wartet, ist Schrauben das Größte für ihn. Einen stattlichen Maschinen- und Werkzeugpark hat er sich dafür zugelegt. »Ich kann hier quasi alles machen, was für den Bau eines Motorrades notwendig ist. Nur verchromen nicht, dafür muss ich dann schon mal raus.«

Am Anfang war ein Tank: Gustaf baute seine Panhead rund um das aus den USA mitgebrachte Spritgefäß

In den letzten 20 Jahren war Gustaf mehrfach mit seinen Clubkollegen in den USA, »wir hingen dort viel mit Carclubs ab, lernten aber auch einiges über die Chopperkultur, sogen den California-Spirit in uns auf, wollten das auch haben.« Hauptsächlich nutzen die Jungs ihre Reisen aber, um Teile zu beschaffen. Richtige Schnäppchen waren dabei, denn Gustaf und die Jungs schlugen zu, schon lange bevor die Amerikaner selbst kapierten, was das Zeug wert ist. Der Hang zu Oldschool-Umbauten hatte Schweden bekanntermaße schon im Griff, bevor der Rest der Motorradwelt auf Vintage ansprang.

Kisten stapeln sich auch in der alten Militärhalle

Kistenweise Kram haben sie so rübergeschafft, und Kisten stapeln sich auch in der alten Militärhalle. Der Inhalt wartet nur darauf, zusammengesetzt zu werden. Auch Knuckle- und Panheadmotoren hatte Gustaf sich gesichert. »Ich will noch viele Motorräder bauen«, erzählt er uns. Dass die von bester Qualität sein werden, wird beim Blick auf die bereits fertiggestellten Projekte klar. Die schwarze Panhead mit der hohen Sissybar, die Gustaf rund um den Tank baute, den er auf einem Swapmeet gefunden hatte.

Fahrbereite Kollektion: Stilvolle Oldschool-Harleys entstehen in Gustafs Garage in Südschweden am laufenden Band

Oder was ist mit der blauen Straightleg-Panhead, Gustafs erster Harley überhaupt. Leichtmetall-Borrani-Felgen, Triumph-Bremse, Sportster-Gabel und mehr verbaute er hier, kein einziges Teil aus dem Katalog, sondern alles aus dem schier unerschöpflichen eigenen Fundus. Auf Gustafs Hebebühne wartet schon das nächste Projekt, ein renninspirierter Bobber soll rund um den V2 entstehen. Gustaf wird tief in die Teilekisten greifen, das Bike wird am Ende gut aussehen. Klare Sache, da oben in Falköping. 

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.