Wer alte Sportbikes mag, muss eine Jawa 500 lieben. In Österreich mutierte ein Exemplar zum Drag-Sprinter
Wolfgang ist voll auf Methanol. Also nicht immer, aber zumindest dann, wenn er seine Jawa aus der Garage schiebt. Das Bike ist schon relativ lange bei ihm, »was ungewöhnlich ist«, wie uns der Tiroler erklärt. Normalerweise baut er ein Motorrad auf, besitzt es noch zwei, drei Monate. Dann wird es verkauft, um sich das nächste Projekt zu suchen.
Ein Getriebener in Sachen Motorrad
Es scheint, als ob Wolfgang einer dieser Getriebenen ist, immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen in Sachen Zweirad. Dazu mag sein derzeitiger Job passen. Für den Aufbau eines Motorrad-Museums ist er unterwegs, beschafft alte Motorräder, restauriert sie, hält die Kulturgüter in Schuss.
Ein Traumjob für einen, der eigentlich gelernter Bäcker und Konditor ist, aber Motorräder mehr als vieles andere liebt und lebt: »Ich denke immer an Motorräder, es sprudelt nur so in mir. Neue Ideen, Projekte, ich habe noch so viel vor«, erzählt er. Das Projekt Jawa Single ist aber zumindest weitestgehend abgeschlossen. Auch wenn Wolfgang immer wieder mal Hand an den 70er-Jahre-Einzylinder legt, so ist doch ein Hauptteil der Arbeit getan. Dabei lag dieses Motorrad vor nicht allzu langer Zeit noch unter einem Haufen Dreck, keinen Schuss Pulver wert.
Eine Jawa 500 in Einzelteilen
Wolfgang wollte beim Verkäufer der Jawa eigentlich ein anderes Bike begutachten, als er den Einzylinder in der Scheune auf dem Misthaufen entdeckte. Ein richtiges Motorrad war es nicht mal, sondern lediglich Starrrahmen, Motor und Tank einer alten Eisspeedway-Maschine. »Gesehen, verliebt und gekauft«, schmunzelt Wolfgang noch heute, er musste die Jawa unbedingt haben. Und es war klar, dass er sie wieder für den Renneinsatz fit machen würde.
Den Motor bestückte er mit Dell’Orto-Vergaser, optimierte ganz Sportsmann die Ventile und polierte Ein- und Auslass des Zylinderkopfes. Ein Merkmal des ehemaligen Speedwaybikes ist der Betrieb des Spezialmotors mit reinem Methanol. Geschmiert wird zudem mit Rizinusöl, das im Öltank – wo sonst? – lagert. Man könnte also bei Wolfgangs Jawa durchaus von einem umweltfreundlichen Custombike sprechen, das nach der Überholung des Motors selbstverständlich auch noch eine optische Zuwendung bekam.
Alles im Budget
Da Wolfgang bei seinen Umbauten Wert auf einen überschaubaren Kostenrahmen legt, landeten an der Halbliter-Karre viele Teile, die noch in der Werkstatt schlummerten. So erklären sich zum Beispiel einige Teile, die aus alten Sportprojekten übrig waren. Das Hinterrad mit Bremsanlage einer Supermoto-KTM zum Beispiel oder den Moto-Cross-Lenker oder auch die Supermoto-Gabel. Da das Bike ausschließlich für Viertel- und Achtelmeile-Rennen gebaut wurde, montierte Wolfgang eine Wheeliebar auf eigens angefertigten Halterungen am starren Rahmen.
Den Heckfender bastelte er sich aus einem Harley-Kotflügel, Fußrasten und einiges mehr schweißte er selbst. Am Ende bringt der Flitze nur knapp über 100 Kilo bei immerhin 65 PS auf die Räder. Noch Fragen? Und wer überlegt, warum Wolfgang seiner Jawa ein fast himmelblaues Lackkleid spendierte, dem sei gesagt, dass nur der Original-Tank neu lackiert wurde. »Das Blau ist die original Seventies-Rahmenfarbe. Die war noch so gut erhalten, dass ich sie für den Tank übernommen habe«, so der Österreicher.
Jawa 500 in zweieinhalb Monaten Bauzeit
Nach zweieinhalb Monaten Bauzeit war die Jawa vollendet, Wolfgang konnte bereits die ersten Rennen mit dem Single fahren, die Kiste macht Laune. »Normalerweise müsste ich sie nun verkaufen und was Neues anfangen«, überlegt er, »aber die macht einfach verdammt viel Spaß.«
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.