Bereits ein Jahr nach ihrer Gründung war die Werkstatt des Italieners Vincenzo Ciancio in aller Munde … unter anderem wegen dieser Benelli 654.

Gute Motorräder sind zeitlos, selbst wenn sie schon zehn Jahre alt sind. Es ist der 5. Dezember 2013. Vincenzo schuftet in seiner Werkstatt in San Giuseppe di Comacchio. Sein Racer steht kurz vor seiner Vollendung, es ist erst sein dritter Komplettumbau überhaupt. Vincenzo zieht gerade die letzten Schrauben an, als im Radio die Nachricht vom Tode Nelson Mandelas alles andere unterbricht.

Benelli 654 – Kosename Madiba

Er beschließt, der Benelli vor ihm einen Namen zu geben. Als »Madiba« (der Kosename Mandelas, Anm. der Red.) meldet Vincenzo das Motorrad zur Custombike-Show in Deutschland an, die nur einen Tag nach Fertigstellung des Bikes beginnt. Seine Firma »Inglourious Basterds« hatte der Schrauber erst ein Jahr zuvor gegründet, mit dem ersten Umbau – auf Indian-Basis – gewinnt er die italienische Custommeisterschaft, mit dem zweiten, einer Panhead, die Oldschool-Klasse der Weltmeisterschaft.

Wer seine Schrauberbude nach einem Film nennt, darf mit Zitaten aus demselbigen um sich werfen, wie hier eingefasst in den Tankabschluss

»Aber der dritte Umbau, der musste endlich italienisch durch und durch werden«, schmunzelt er. So entschied sich Vincenzo für eine 80er-Jahre Benelli 654 als Basisbike, einen Umbau zum Cafe Racer hatte er sowieso im Kopf. Und ein besonderes Gimmick, sowohl die Vergaser-Ansaugstutzen als auch die Auspuffendtöpfe wollte er in der eigens gezimmerten Race-Verkleidung verstecken. 

Magnesium für mehr Leichtigkeit

Es ist faszinierend, dem Verlauf der Anlage zu folgen, die Vincenzo aus 2-mm-Rohr dengelt, um sie in dem Aluminium-Höcker verschwinden zu sehen. Durch die Verwendung des Materials, auch beim selbstgebauten Tank, und zahlreiche Magnesium-Parts erleichterte Vincenzo die Benelli außerdem deutlich.

»Was auf den ersten Blick nach reinem Design aussieht, ist technisch durchaus fahrbar gebaut. Federbein, Vierkolben-Bremszange und Marzocchi-Gabel lassen scharfe Ausritte zu

Alle Teile wie Griffe, Armaturen oder Fußrasten entstanden in Handarbeit. »Ich bin wie ein Schneider, der dem Kunden einen Anzug nach Maß fertigt«, erklärt der Italiener. Dazu gehört zum Beispiel auch die Fertigung eines hinteren Stoßdämpfers, der sichtbar vertikal an der Schwinge montiert ist.

Comstar mit Trommelbremse – die stilsichere Radwahl

Das Monoshock arbeitet fast parallel zur Anlenkung. Stilsicher auch die Wahl der Räder, die Honda-Comstars werden von immer mehr Customizern verbaut, die Trommelbremse anstatt der originalen Scheibe im Heck passt außerdem hervorragend.

Stummellenker ist Racerpflicht: Hier inklusive selbstgebauter Gabelbrücken und Griffarmaturen

Es ist Vincenzo wichtig, die Fahrbarkeit seiner Kreation anzusprechen: »Ich baue definitiv keine Showbikes, es funktioniert alles technisch einwandfrei.« Schade, dass der deutsche TÜV den Edelracer wohl kaum wohlwollend in die Arme schließen würde.

Info | ibcycles.com/

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.