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CBS 2025

In memory of Alfons Czech

12. November 2023. Für einen Moment scheint die Schrauberszene im Pott und darüber hinaus stillzustehen. Denn Alfons Czech war einer ihrer Angelpunkte, sein »Planet 10« in Bochum eine besondere Stätte. Nun ist er uns vorausgefahren, so war es seine Art … auch diesmal.

Es geht hier nicht um ein Motorrad. Vielmehr ist die Shovel auf diesen Bildern nur eines von vielen zweirädrigen Vermächtnissen von Alfons Czech. Aber die Harley zeigt schön, was der Bochumer unter Oldschool verstand: Rough und tough – wie er selbst. Dabei war es so viel mehr als ein, zwei, fünf oder zehn Motorräder, das diesen Mann ausmachte. Und deshalb bildet in diesem einen Fall das Motorrad nur den Rahmen für die Story über einen der Großen in den kleinen Buden.

TIEF IM WESTEN

Ich mag das Wort Nachruf nicht, weil es zu steif ist, nicht würdig, wenn ihr wisst, was ich meine. Aber ich mag das Wort Erinnerungen, weil es einem warm wird, wenn man sich an gute Geschichten und gute Menschen erinnert. Bei Alfons erinnert sich jeder an etwas anderes, wie ich schnell feststelle. Aber unisono wissen alle eines sicher: Der Alfons, der war einfach ein gerader Typ. Der wollte immer mehr Zusammenhalt und weniger Stress, und das hat er gelebt. 

Kick only galt für ­Alfons’ zahlreiche Harley-Chopper, er bevorzugte Ironhead-Sportster und Shovelheads als Basis. Für Kunden übernahm er aber auch regelmäßig Arbeiten an anderen Fabrikaten

Im Gegensatz zu den großen Verkaufspalästen der Marken gehören in unserem Teil der Motorradszene die kleinen Schrauberbuden zwingend zur Community. Sie sind Treffpunkt und Anlaufstelle für die Mitglieder der Gemeinschaft. Ich glaube, jeder von uns kennt mindestens eine dieser Werkstätten.

Alfons Czech und sein Planet 10

Der jeweilige Schrauber im Zentrum dieser kleinen Gemeinden hat nicht nur die Motorräder umzubauen und zu reparieren, er hört sich auch täglich die Geschichten der Kunden an, erfährt etwas über ihr Leben jenseits des Motorrades.  Genau so eine Schrauberbude war »Planet 10 Metal Works«. Tief im Westen gelegen, in Bochum, also genau da, wo eben nicht nur die Sonne verstaubt, verrichtete Alfons sein Tagwerk. 

AM RANDE DER GESELLSCHAFT

Als ich Alfons Czech kennenlernte, fuhr er Triumph, einen braunen Triumph-Chopper, wenn ihr es genau wissen wollt. Ich habe sehr in meinen Erinnerungen gewühlt, wann das war. Ich bekomme es nicht mehr genau zusammen, würde aber so ungefähr auf 2008 tippen, vielleicht auch etwas später. 

Die Dinge nehmen, wie sie sind und das Beste draus machen, das gilt auch für Custombikes

Was schon damals an Alfons faszinierte, war nicht nur das Motorrad, sondern auch das Outfit. Mein Mitschreiber Frank brachte es gut auf den Punkt, als wir über Alfons sprachen, »der Alfons tauchte auf und trug damals schon Vans und Dickies und diese hohen Socken. Nur beim Alfons war das echt, der war schon so, bevor sich andere als Oldschooler bezeichneten und ebensolche Klamotten anzogen.«

Der Karosseriebauer

Es war halt das, was man Authentizität nennt. Alfons musste ja auch niemandem was vormachen, er hat’s ja gelebt. Als gelernter Karosseriebauer wusste er, wie es ist, sich die Hände schmutzig zu machen. 25 Jahre hatte er sich um Autos, auch Oldtimer, gekümmert. 

Perfekten Lack gab es bei Alfons selten, er hätte nicht zum Stil seiner Motorräder gepasst. Das wilde Farbenspiel auf der Shovel stammt aus dem Pinsel von Freundin Carmen

Irgendwann änderte er seine Laufbahn, schulte sich weiter und arbeitete seither als Streetworker in Recklinghausen. Er schloss den Kontakt zur Szene im Untergrund, kümmerte sich um Menschen, die vom Weg abgekommen waren. Vor allem den Drogensüchtigen, den Obdachlosen, den Jugendlichen am Rande der Gesellschaft bot er eine Form von Heimat. Und weil Alfons Czech so gerade und aufrecht war, fand er bei ihnen Gehör. Oft bat er öffentlich um Essensspenden und warme Kleidung, ging immer dahin, wo es wehtat.

Alfons Czech – HART UND LAUT

Parallel formte sich die Liebe zu den Motorrädern. Was lag also näher, als beides miteinander zu verbinden? Der Job als Streetworker wurde auf halbe Stelle runtergefahren und 2013 ein neuer Planet angesteuert, eben jener »Planet 10« in Bochum. 

Der Name kam nicht grundlos, spiegelte Alfons’ Liebe zur Musik – gerne hart und laut – wieder. Das Album »Frequencies From Planet Ten« der britischen Band Orange Goblin lieferte die Inspiration. Es war eine Zeit in Alfons Leben, als sich unsere beruflichen Wege – abgesehen von vielen Treffen auf all den großen und kleinen Events – mal wieder kreuzten. Alfons hatte eine Mappe in unsere Redaktion geschickt.

Neue Lebensinhalte am Rand der Gesellschaft

Es war eine Art Projektplan, der aufzeigte, wie man Streetworking und Motorradschrauberei verbinden konnte. Alfons warb für die Idee, Jugendlichen neue Lebensinhalte zu geben. Er sah die Werkstatt als passenden Ort dafür und bat um Support für seine Idee. Diesen wollten wir ihm geben, allein, die Behörden zogen seinerzeit nicht mit. Es fehlte an nötigen Genehmigungen und Bescheiden, oft scheitern wir nicht an uns, sondern an anderen.

Ein tougher Umbau, als Kleidung reichten Vans, T-Shirt, Jeans und Helm – so war Alfons Czech in der Szene bekannt

Im Planet 10 ging es trotzdem weiter. Schwerpunkt von Alfons Arbeit war weiter der Karosseriebau. Er veränderte Tanks, Bleche und Rahmen und gab Standardbikes so eine neue Linie. Zu guter Letzt wurde alles auf einfache Art und Weise lackiert oder auch mal nur mit Stickern zugeklebt. So wurden seine Bikes zu Bobbern, Choppern oder Cafe Racern oder erhielten gleich die Optik einer Rennmaschine der 80er-Jahre. Immer ganz, wie der Kunde es wünschte oder Alfons es geplant hatte. 

BIKES FÜR DIE STRASSE

Alfons war ein Kind der Kustom Kulture, einer Kultur, die sich vieler Stile bedient und diese zu einem neuen Gesamtbild zusammensetzt. Symbole, Bilder, Aufkleber und Skulpturen in der Werkstatt bezeugten den Hang zum vielschichtigen Interesse. Alfons nahm die Dinge. wie sie sind, hatte durch seine vierzehn Jahre auf der Straße viel gesehen. Und vielleicht war genau das die Grundvoraussetzung in einer Bude, in der Custombikes für kleineres Geld gebaut werden, nicht vollends die Nerven zu verlieren.

Sieben Jahre lang waren sie ein Team: Alfons, der Schrauber aus dem Ruhrpott und Carmen, die verrückte Amerikanerin. Zusammen arbei­teten sie in Alfons Werkstatt, bis zuletzt war sie an seiner Seite

Die letzten sieben Jahre teilte Carmen Alfons Leidenschaften. Die Amerikanerin und der Mann aus dem Pott ergänzten sich, Carmen übernahm nicht nur technische Arbeiten an den Bikes, sondern lackierte immer besser werdend Tanks, Fender und vieles mehr. Carmen war von Alfons Seite nicht mehr wegzudenken. Und so hielt sie es auch in den letzten Monaten, als beide den härtesten Kampf austrugen.

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DM 6/25

Alfons, Never forget

Ich will nicht schreiben, dass Alfons seinen Kampf verloren hat, es klingt einfach nicht richtig. Denn Alfons war ein Gewinn – für die, die ihn kannten und Freund nennen durften, für die Schrauberszene im Pott und für unsere Custom-Gemeinschaft. Ich bleibe bei den guten Erinnerungen und weiß, dass ich sie mit Vielen teile. Ich freue mich auf zukünftige Gespräche, wenn wir auch über Alfons quatschen und es uns dabei warm werden wird. Godspeed!

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Fotos: Michael Rauscher
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