Als Chopper-Grundlage hat die Honda Shadow eine bemerkenswerte Karriere hingelegt. Schnittige Cafe Racer auf der Basis sind hingegen selten
Alex Meier, nennen wir ihn einfach Dr. Shadow, weiß, was er tut. Insbesondere in Sachen Honda VT 600, von denen er mittlerweile sage und schreibe 87 Exemplare unterm Skalpell hatte – inklusive dieses Cafe Racers. Doch normalerweise befreit der gelernte Schlosser die Shadows vom Schwulst und verpasst ihnen ein gediegenes Outfit als Chopper, Bobber, Cruiser oder auch mal als Chicano-Umbau.
Experte Für Honda Shadow
In seiner One-and-a-Half-Men-Werkstatt »AM-Bikes« hat er sich vor einigen Jahren schon auf Hondas Schattengewächs spezialisiert: »Ich bin schon immer US-Fan, hab auch schon Shovel-Chopper und FXR-Evos umgebaut und sogar Bikeshows gewonnen. Aber ich brauche keine Harley fürs Motorradglück. Die Shadow hat es mir einfach angetan« sagt der Mann aus dem bayrischen Iphofen und zeigt uns mit seinem Shadow-Umbau Nummer 87, was er damit meint. Nämlich die Vielseitigkeit, die Hondas Mittelklasse-Bike für alle möglichen Umbaustile prädestiniert.

Wer sich im Internet mal durch den Custom-Shadow-Dschungel wühlt, wird zwar einige, aber nur sehr wenig wirklich gelungene Racer-Umbauten auf VT-600-Basis finden. Die Gabel zu flach angestellt, der Radstand zu groß, das Heck nicht so ohne weiteres bürzelfähig umzugestalten. Und mit 40 PS sieht man die Chequered Flag ohnehin niemals als Erster.
Zeigen, was möglich ist
»Beim Cafe Racer ging es mir ja nicht wirklich um Racing, sondern darum, zu zeigen, was mit der Shadow möglich ist« erklärt Alex. Und hat sich dafür mächtig ins Zeug gelegt. In Absprache mit den Graukitteln, die seine saubere Arbeit kennen und schätzen, kappt er den ausladenden Hilfsrahmen und schweißt ein massives Konstrukt aus Stahlrohr und gelochten Versteifungsblechen ein, die den Hintern der Honda auf straighte Racer-Linie bringt.

Das Dilemma am Heck, an dem die meisten sportlichen Shadow-Umbauten scheitern, löst er durch einen selbstgebauten GfK-Höcker, der die Rundung des Rades aufnimmt und dadurch nicht in einer optischen Sackgasse endet. Den herrlich schlanken Zubehörtank passt er ebenso wie die Cafe-Racer-Fairing von Motorcycle Storehouse so an, dass das Frontend des Bikes wie aus einem Guss wirkt.
Kein Hackschnitzel-Customizing
»Ich mache ja kein Hackschnitzel-Customizing, sondern versuche immer, Formen und Linien sauber zusammenzuführen und den Look möglichst clean zu halten«, erklärt Dr. Shadow seinen Ansatz beim Motorradumbau. Dazu gehört zweifellos auch das unorthodoxe Lenkgestänge, welches im ersten Moment den Eindruck erweckt, als wäre es einfach schwebend um die Tauchrohre der Gabel geschlungen worden.

Dafür hat er zunächst die schwingungsdämpfenden Gummielemente samt Serienriser aus der Gabelbrücke geschlagen, selbige oben gecleant, um dann mittels eingepresster Gewinde und Bolzen den kühn gebogenen Rohrlenker von unten mit der oberen Gabelbrücke zu verschrauben. Ein coole Nummer, die auch in Sachen Ergonomie punktet – wenngleich Alex das Rohr im Sinne der Sportlichkeit durchaus auch ein gutes Stück kürzer hätte ausfallen lassen können.
Honda Shadow mit vielen Details
Apropos Ergonomie: Eine zurückverlegte Fußrastenanlage für eine VT 600 lässt sich nicht per Mausklick in einen Warenkorb legen, auch hier heißt es selbermachen. Also nicht die Rasten selbst, die wurden einer Kawasaki ZX-R 900 entrissen. Aber die Schalthebelumlenkung passend zu frickeln und die Funktionalität wie beim Serieneisen hinzubekommen, ist schon eine Riesenfummelei. »Aber genau das macht für mich Customizing aus. Wert auf kleine Details legen, so dass es am Ende aussieht und funktioniert, als wäre es Serie«, erklärt Alex – und meint damit sicherlich nicht das Seriendesign.

Selbstgemacht schmeckt’s halt am besten: Egal ob Kennzeichenhalter, Kettenschutz, Batteriekasten, GfK-Heck, Lenker, die Modifikationen am Rahmen oder all die angepassten Teile – Alex hat reichlich Eigenbau-Zeit in seinen Shadow-Racer investiert
Aber da war ja noch die Sache mit den 35 Grad Lenkkopfwinkel. Bei diesem stattlichen Rake ist der Abstand von Vorderrad zu den Downtubes chopperlike und stört ein wenig den sportlichen Look. Also kürzt Alex die gecleante Seriengabel und baut eine fächerartige Kühlerverkleidung aus Aluminium, die auch locker als Bugspoiler durchgeht und so den Abstand zwischen Rad und Rahmen zumindest optisch deutlich minimiert.
Serienfelgen mit neuer Bereifung
Und auch hier greift der Spezialist für Honda Shadow wieder die Rundung des Reifens auf und passt die Fächer dessen Form an. Besagter Pneu ist übrigens 10 Millimeter breiter als in Serie, ansonsten aber bleibt es beim 19-Zoll-Serienrad, ebenso wie hinten ein 170er Avon auf der 15-Zoll-Serienfelge sitzt.

Auch beim Ankern vertraut Alex den original Honda-Bremsen, was angesichts der überschaubaren Leistung und der anständigen Serienware durchaus nachvollziehbar ist. Kosten in die Höhe treiben, wo es keinen Sinn ergibt, ist nicht Alex’ Ding.
Keine Runden auf dem Ring
Wirklich schade nur, dass wir die Cafe-Sahne-Shadow nicht über den Hockenheimring treiben konnten. Das wäre uns auch mit den 40 Pferdchen ein Vergnügen gewesen.
Info | Instagram: @_am_bikes_

Schreibe einen Kommentar