Eine Honda F6C Valkyrie einer radikalen Diät zu unterziehen und sie in einen Cafe Racer verwandeln? Es gibt sicher leichtere Projekte
Nicht ganz acht Jahre dauerte der Auftritt der Honda F6C, die in den Staaten als Valkyrie angeboten wurde, auf dem deutschen Motorradmarkt; dann war der Powercruiser mit dem drehmomentstarken Sechszylinder-Boxermotor auch schon wieder verschwunden. Die Stückzahl von 50000 war für einen Motorradriesen wie Honda ziemlich bescheiden, sogar nur 7000 Valkyries wurden für die Märkte außerhalb der USA produziert.
Honda F6C – der Custom-Exot
Heute dürften weniger als tausend der Sechsender noch auf deutschen Straßen unterwegs sein. Umgebaut ist die F6 erst recht ein Exot, sofern man überhaupt mal eine wahrhaftig zu Gesicht bekommt.

Für Stefan Becker von Rock ’n’ Roll-Cycles ist sie genau deswegen die optimale Basis, um etwas völlig anderes zu wagen. Aufgrund der zahlreichen Umbauten, die er für Kunden macht, bleibt nämlich kaum Zeit für eigene Projekte. »Doch so ein mal im Jahr will ich ein Bike für mich bauen, da kam die Honda genau richtig«, erzählt er rückblickend. »Einer meiner Kunden wollte das Teil verkaufen, es war mir also nicht ganz unbekannt, und am Ende sind wir uns einig geworden. Ursprünglich wollte ich mal eine 1000er Gold Wing haben, doch die Valkyrie war am Ende auch völlig okay.«
Vom Pummelchen zum Cafe Racer
Stefan baut für seine Kunden größtenteils BMWs um, und die gehen naturgemäß eher in die sportliche Richtung. Der fette Honda-Cruiser fällt da schon deutlich aus dem Rahmen, nicht nur im Hinblick aufs Fahrzeuggewicht. Als Bobber oder Chopper taugt ihm die Kiste trotzdem nicht, ein Cafe Racer ist da genau die Herausforderung, »auch weil es sonst keiner macht.«

Damit setzt er etwas in Gang, was auch anderen Customizern schon passiert ist – die totale Eskalation eines Projekts. Lachend erinnert er sich an den Anfang: »Ich dachte halt, ich mach mal eben schnell, es sollte ja nur ein Low-Budget-Umbau werden. Doch dann wurde es doch ein Riesenprojekt.«
DAS VIER-SCHRAUBEN-MONOCOQUE
Die Ideen zu einem Umbau entstehen zunächst in Stefans Kopf, Zeichnungen braucht er nicht. Er zerlegt den Cruiser, um Probleme zu erkennen, danach wird alles erst grob zusammengebaut, bevor es ans Finish geht.

Bei der Teile-Zusammenstellung ist von Anfang an klar, das fast alles neu werden wird. Vor allem bei Tank und Sitzbank hat er die klare Vorstellung eines Monocoques – aus Aluminium, leicht und abnehmbar. Dafür modifiziert er den Heckrahmen, behält aber die originalen Halterungen bei. Gerade mal vier Schrauben halten das feine Alu-Teil, das er von Spezialist Friedhelm Lammers anfertigen lässt.
Angepasste Räder
Auch Performance ist Stefan wichtig, so gibt’s auch fürs Fahrwerk eine Überarbeitung. Die Gabel wird gekürzt und verfeinert, das Heck bekommt maßgefertigte Stoßdämpfer von YSS. »Sehr aufwändig waren die Speichenräder. Ich wollte einen niedrigen Querschnitt, damit waren die Serienräder raus. Das größte Problem waren schließlich die Naben. Für die vordere konnte ich quasi ins Regal greifen, um was Passendes zu finden. Aber für hinten musste ich drei gebrauchte Naben bestellen, bis ich etwas hatte, das sich anpassen ließ. Dazu kam die Suche nach einer Felge oder einem Rohling, den man mit 52 Speichenlöchern versehen konnte.«

Beim Auspuff entscheidet sich Stefan für eine Supertrapp-Replica mit verstellbaren Endkappen – die für’s Shooting abmontiert wurden, weil es einfach besser aussieht.
Offenliegender Gasgriff
Nicht nur ein optisches Highlight ist der offenliegende Gasgriff mit seiner Zahnradmechanik. »Ein paar kleine Modifikationen, und jetzt geht er super«, merkt Stefan an und runzelt die Stirn, als die Elektrik zur Sprache kommt.

Zwar ist der Kabelbaum nun deutlich schlanker und mit Komponenten von Motogadget versehen worden, doch es ist ein heißer Tanz, bis alles sauber funktioniert. Mal macht der Temperaturfühler Zicken, mal gibt die CDI kein Signal und ein Zündfunke lässt sich auch nicht blicken. Immer ist es was anderes und Stefan hat dafür deutliche Worte: »Der Kabelbaum war ein Arschloch!«
ERSTAUNLICHER GEWICHTSVERLUST
Der Rest des Umbaus, die Räder ausgenommen, läuft dafür recht geschmeidig. Gut sechs Monate baut er über den Winter an seinem Sechszylinder-Cafe-Racer, dem er dabei satte 67 Kilogramm Masse entnimmt und das Leergewicht auf 250 Kilogramm drückt. Den amtlichen Segen gibt es als Zugabe.

Durch den Umbau ist er auf den Geschmack gekommen und befindet sich nun auf einem Sechszylinder-Trip, wie er selbst sagt. »Eine Honda CBX wird eines der nächsten Projektbikes werden«, erzählt uns Stefan und malt sich vermutlich dabei schon in Gedanken aus, wie es zu einer weiteren Eskalation kommen könnte.
Info | rock-n-roll-cycles.com

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