Beim Neuaufbau seiner Honda Fireblade setzt Marco auf dezente Kampfansagen und ist sich sicher: »Nie wieder Kirmesbude«
»Airbrush, Totenkopf, ein Haufen Plastik, Rahmen und Schwinge poliert – ein echter Geisterbahnfighter«, Marco Kohberger schüttelt sich noch heute, wenn er von seiner Honda erzählt. Original und gebraucht gekauft, hatte er den Supersportler in ein seinerzeit schwer angesagtes Brutalo-Design getaucht. Doch Zeiten ändern sich, die schwer aggressiven Fighter bevölkern die Customszene weit weniger als noch vor einigen Jahren.
Honda Fireblade – Bissiges Understatement
Wie bei Choppern der Trend weg von Breitreifen und Chromorgien ging, setzen auch Freunde von Rennmaschinen vermehrt auf bissiges Understatement. Bei Marco gibt eine kurze Unaufmerksamkeit den Ausschlag zum erneuten Umbau. Nach einem gewagten Bremsmanöver legt er einen sauberen 180 Grad-Stoppie auf die Straße. Mopped und Fahrer werden notdürftig repariert, bringen die Saison gemeinsam zu Ende und entscheiden sich einstimmig zum erneuten Umbau des Krades.

»Nix Poliertes mehr«, ist die erste Vorgabe an den neuen Sportler, Marco hat einfach die Schnauze voll vom ewigen Nachpolieren. »Und außerdem bitte kurz, knackig, dezent und ohne Schnickschnack, eine konzentrierte Ausrichtung auf den Bau einer Fahrmaschine«, mit jeder Menge Schwarzpulverei will der Schrauber aus dem bayerischen Cham dem Glanz ein Ende bereiten, von sinnlosem Dranbauen irgendwelcher Teile ganz zu schweigen. Plastik außerdem verboten.
Suzuki-Gabel, Honda-Schwinge
Von einem Kumpel bekommt er die komplette Gabel einer Suzi GSX-R. Als er das Teil abholt, fällt noch was anderes ins Auge. In Freundes Werkstatt schlummert die Schwinge einer Honda VFR … also auch noch mitnehmen, bezahlen, schwarz pulvern. Genauso wie es vorher schon Rahmen und Felgen widerfahren ist.

Die neue Schwinge passt bis auf leichtes Abfräsen nahezu problemlos aufs verbreiterte Hinterrad. Den Heckrahmen entfernt Marco komplett und baut einen neuen, kleineren, pulvert ihn ebenfalls. Hinten alles gut. Am Frontend passt er nun die neue Gabel ein und stellt schnell fest, dass die Brücken nicht passen.
Honda Fireblade – Detail vom Profi
Ein Freund fräst welche auf Maß, passt. Neben der Gabel übernimmt der Bayer weitere Teile der Suzuki. An vorderster Front schwingen sich nun Felge, Bremsscheibe und gekürztes Schutzblech zu neuen Missetaten auf. Obwohl Marco einiges selbst fertigen oder von Freunden bauen lassen kann, so setzt er bei einem Detail doch auf einen namhaften Profi.

Da der Tank nicht nur den Sprit, sondern auch den Tacho aufnehmen soll, muss der Custom-Wolf ran. Er baut das Gefäß mit der cleanen Optik und versenkt die Minimalinstrumente ins Metall. Und während dieser Teil durch Designqualität überzeugt, dübelt Marco eben noch ’nen alten, aufpolierten Zündapp-Scheinwerfer vorne dran. Dazu noch das Lenkschloss auf die Seite verlegt, der Blick auf die Straße ist nun ungetrübt.
Ab zum Ace Cafe
Für den TÜV verbaut Marco noch kleine Blinker und das Rücklicht, fertig ist die Laube. War noch was? Achso, ja, Farbe. »Hab überlegt, was zu dem ganzen Schwarz passt«, erzählt Marco, und kommt auf die naheliegendste Lösung: »Na klar, Weiß!«. Ab zum Lackierer und dann noch den Ace Cafe-Aufkleber drauf: »Weil ich da schon immer mal hinwollte.«


Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.