Das kommt dabei heraus, wenn man eine Resteverwertung von Teilen vornimmt, die sich im Laufe der Jahre in der Werkstatt angesammelt  haben. Der Mischmasch aus Honda CB 750 und Ducati Multistrada von Mellow Motorcycles mutiert so zu einem waschechten Sprintracer, der nur eins können muss: schnell geradeaus fahren.

»Was für ein Biest«, denke ich mir, als ich das »Monster« erstmals live zu Gesicht bekomme. Das Einzige was ich auf Anhieb identifizieren kann, ist der Motor. Der stammt aus einer Ducati und ist luft-/ölgekühlt. Das genaue Modell verrät mir Flo Hubert von Mellow Motorcycles: »Der Antrieb stammt aus einer Multistrada 1000 DS.« Es ist kein Zufall, dass sie mit ihrem FRNKSTN getauften Monster bei bei verschiedenen Sprintserien antreten. Aus Zeitgründen müssen sie das Projekt neben der regulären Werkstattarbeit laufen lassen, die oberste Priorität genießt.

Ducati-V2 mit Lachgaseinspritzung

»Natürlich bedeutet das immer zusätzliche Arbeit und vor allem Überstunden für unsere Mitarbeiter, doch wir wollten wieder etwas im Rennsport machen, etwas wo man sich nicht gleich alle Knochen bricht.« Das Team von Mellow Motorcycles entscheidet sich also für einen 1000 Kubikzentimeter großen Zweizylinder, dem sie eine Lachgaseinspritzung verpassen wollen. Und der Ducati-Motor bietet die beste Mischung aus Gewicht, Leistung und Drehfreude.

Leistungsbooster aus der Flasche: Zur Aktivierung muss der Fahrer nur das Knie gegen den Würfel drücken

Das Reglement legt die Eckdaten fest, anhand derer sich der Aufbau ausrichten wird. Von 800 bis 1400 Kubikzentimetern reicht die Palette, gestaffelt nach Anzahl der Ventile, mit oder ohne Aufladung durch Lachgas, Turbo oder Kompressor. Ebenfalls erlaubt ist eine Verlängerung der Schwinge um bis zu zwanzig Prozent der Originallänge. Das Hinterrad darf maximal 160 Millimeter breit sein. Und bremsen muss das Sprintbike natürlich auch, deshalb sind Bremsen an Vorder- und Hinterrad vorgeschrieben. Alles andere bleibt den Teams überlassen und so macht sich Mannschaft auf die Suche nach Teilen, die sie verwerten können.

Der Rahmen stammt zwar von einer Honda CB 750 Four

Dabei geht der Blick zuerst in die eigenen Regale, schließlich bleibt bei jedem Umbauprojekt etwas übrig, wandern nicht verwendete Teile ins Lager. Damit erklärt sich auch meine Ratlosigkeit beim ersten Treffen mit dem »Monster«, wie ich es heimlich nenne. Der Rahmen stammt zwar von einer Honda CB 750 Four, ist jedoch so grundlegend für die Motoraufnahme verändert worden, dass er als solcher kaum zu identifizieren ist.

Freiliegende, sichtbare und vor allem gut zugängliche Technik. Hier zählt tatsächlich »Form follows function«

»Der Motor war nur ein Grund, der andere war, dass wir das Bike komplett auf den Fahrer zugeschnitten haben. Die ganze Ergonomie ist auf dessen Körpergröße ausgerichtet. Wir wollten den Schwerpunkt so tief wie möglich haben, die Rasten so weit es geht nach hintern versetzen, dass er schon beim Start Druck aufs Hinterrad geben kann, ohne dass die Kiste nur noch am Steigen ist. Trotzdem wollten wir uns nicht zu weit von der Motorradoptik entfernen. Deshalb haben wir auch dieses kleine und vor allem kurze Heck gebaut.«

Ducati-Motor im Rahmen einer Honda CB 750

Den V2-Antrieb beschaffen sich die Jungs aus einem 2004er Modell. Obwohl der italienische L-Motor von Haus aus mit 92 PS nicht gerade schwach auf der Brust ist, soll noch eine Lachgaseinspritzung, kurz auch NOS genannt, die Leistung bei Bedarf explodieren lassen. Also nehmen sie sich den Motor vor, hauen sein geballtes Wissen rein und installieren ein NOS-System. Auf meine Nachfrage, welche Änderungen vorgenommen wurden und wie viel Leistung das Triebwerk nun generiert, winken die Jungs lächelnd ab: »Sorry, aber das bleibt unser Geheimnis.«

Die Serienarmatur wurde um einen Zusatzschalter für das NOS-System ergänzt, der Notausschalter gesichert

Es wird jedenfalls mehr als genug sein, sonst würden sie kaum an den Start gehen – nur für den Spaß fahren, ist zu wenig. Da das Bike von Grundauf aufgebaut wird, findet auch ein anderer Tank den Weg an den Sprint-Racer. Das Benzinfass stammt von einer Enfield und muss sich ebenfalls einer Transformation unterziehen. Das Teil wird aufgeflext, das Spritvolumen auf drei bis vier Liter reduziert, denn mehr braucht man für die wenigen Läufe einfach nicht, wirft Flo ein. »Außerdem haben wir ihn gleich entsprechend an den Rahmen angepasst«. Da Gewichtsersparnis oberste Priorität hat, finden überwiegend leichte Parts den Weg ans Bike.

147 Kilogramm zeigt die Waage – fahrfertig wohlgemerkt

Die Schwinge spendet eine KTM LC640, die um gleich sieben Zentimeter verlängert wird und ebenfalls aus dem hauseigenen Lager stammt. Gabel und Bremsen entnimmt das Team einer 125er Sherco, einem leichten Crosser. Der Aufwand insgesamt lohnt sich, denn am Ende bleibt der Zeiger der Waage bei gerade einmal 147 Kilogramm stehen – fahrfertig wohlgemerkt. Bei der Achtelmeile spielt das Gewicht eine entscheidende Rolle. Je weniger Masse beschleunigt werden muss, umso besser. »Wenn du am Start nicht richtig wegkommst, ist das Ding in der Regel sowieso gelaufen. Verschaltest du dich, erst recht. Dann rettet dich auch das NOS nicht mehr, das du ab dem zweiten oder dritten Gang zuschalten kannst.«

Denkzettel: Die verwendeten Düsengrößen für NOS und Einspritzung sind sauber notiert

Nach rund drei Monaten Bauzeit wird das »Monster«, das offiziell nun FRNKSTN heißt, in Erinnerung an das Teile-Sammelsurium aus dem es zusammengefügt wurde, fertig. Groß getestet worden ist vorher nichts, weder Motor noch Lachgaseinspritzung. Es ist ein Risiko, das sie eingehen. Fliegen sie raus, egal ob aus technischen oder fahrerischen Gründen, war’s das. Keine weitere Teilnahme mehr an den folgenden Veranstaltungen und » … außer Spesen, nichts gewesen«, wie Flo zugibt.

Info | mellowmotorcycles.com

 

 

 

Christian Heim