Von einem Ritt über den Salzsee in Bonneville träumen viele. Tim will mehr als das, er will fahren – auf einer schwachbrüstigen Honda CB 250.
Zu viel Salz ist nicht gut für sie«, hatten die Leute im Gesundheitszentrum Tim Kramer vor Kurzem erst gesagt. Dabei ist der Mann quasi voll von Salz, er träumt sogar davon. »Wenn das Licht ausgeht, bin ich in Bonneville. Hunderte Male war ich nachts auf dem unendlichen Salzsee in Utah.« Ihr könnt es glauben oder nicht, aber Tims wiederkehrender Traum ist immer derselbe. »Ich bin voll fokussiert, wenn der Motor anfängt zu beschleunigen und die Markierungen aufleuchten. Nur drei Meilen höre ich es in meinem Kopf sagen, während 10 000 Umdrehungen pro Minute mein Trommelfell schier platzen lassen. Immer an dieser Stelle wache ich auf, schweißgebadet.«
Mit der Honda CB 250 nach Bonneville
Es gibt keinen anderen Weg, Tim muss nach Bonneville. »Aber warum genau dorthin?«, fragen wir und Tim erklärt: »Wie viele von uns habe ich mir immer die Hot Rod-Sendungen auf dem Discovery Channel reingezogen. Irgendwann kam eine Episode, in der Boyd Coddington die El Mirage gefahren ist. Ich war sofort angefixt. Das Gute daran ist, dass ich einen Freund in Kalifornien habe, den ich regelmäßig besuche.
Der Abstecher mit dem Motorrad von dort zur El Mirage kostete mich zweieinhalb Stunden, aber prägte mich für alles, was kommen sollte. Was ich sah, war eine bunte Truppe von »Idioten«, von jung bis alt, Männer und Frauen. Die Fahrzeuge reichten von alten Indians über Streamliner, die nicht mehr als Motorräder zu erkennen waren. In manchen steckte eine materielle Investition von fast nichts, in anderen schienen hunderttausende von Dollar verschwunden zu sein.
Die Zeit schlagen, um am Ende selbst Legenden zu sein
Aber egal wie, allen war eines gemeinsam: Sie wollten die Zeit schlagen, einen Kampf gegen eine große, lange Geschichte führen, um am Ende selbst Legenden zu sein. Ich wusste, nichts anderes wollte ich auch. Danach begannen die nächtlichen Träume.« Zurück im heimischen Holland macht Tim sich schlau und stellt fest, dass ein Start in der Leicht-Klasse gar kein so großes Problem ist.
Letztlich braucht es nur ein altes Bike mit einigen Modifikationen. Zum Beispiel muss es mit einem Mechanismus ausgestattet sein, der den Motor sofort ausschaltet, sollten Bike und Fahrer verschiedene Richtungen einschlagen. Dazu muss ein Lenkungsdämpfer montiert werden und auch der Lenkeinschlag darf einen maximalen Winkel nicht überschreiten. Gute Kleidung ist natürlich eminent wichtig, und ein zugelassener Helm, und wahrlich auch ein kleines bisschen Vernunft.
Wenn Du nicht auf den Boden klatschst, bekommst du deine Lizenz
Wenn du das alles vorweisen kannst, und dann noch die »Rookie Line« fährst, ohne auf den Boden zu klatschen, bekommst du deine Lizenz. Trotz dieser recht einfachen Modalitäten verschwindet Toms Wunsch erstmal in einer der hinteren Gehirnecken. »Vor allem, weil der Transport in die Staaten doch ganz schön Geld kostet«, erzählt der Holländer. Irgendwann sah er wieder eine Doku im Fernsehen, über einen Haufen Engländer, die das Abenteuer wagten.
Und dann stand es auf einmal glasklar fest, Tim machte Nägel mit Köpfen. Um nicht wieder einen Rückzieher zu machen, erzählte er so vielen Menschen wie möglich von seinem Plan, schrieb einschlägige Zeitschriften an und erzählte von sich – auch wir bekamen Tims Post. »Mir war klar, je mehr Aufmerksamkeit ich bekomme, desto weniger kann ich zurück.« Nur eine Frage war da noch. Wo sollte Tim fahren? Bonneville oder El Mirage? »Ich entschied schnell«, erzählt er, »Bonneville ist der Real Deal, da ist etwas Magisches, da will ich hin.«
Honda CB 250 – 10000 Umdrehungen müssen drin sein
Tim entscheidet sich, in der 250er-Klasse anzutreten, weil die für ihn finanziell und körperlich am machbarsten erscheint. Und weil er nur mit einer Windschutzscheibe fahren will und nicht versteckt und zerknittert in einem flachen metallenen Ei. Seine Wahl beim Bike fällt auf eine Honda CB 250N, ein flaches Motorrad mit schmalen Rädern und einem Motor, der die 10 000 Umdrehungen händeln kann – minimum 100 Meilen pro Stunde will Tim in Bonneville fahren.
Er verzichtet auf teure Abstimmungen am Motor, verbaut einen offenen Auspuff und Mikuni-Flatside-Vergaser. Dazu gibt’s eine Racing-Zündung und eine Doppelspule für den besten Funken. Um außerdem ein zumindest etwas stromlinienförmiges Design zu erreichen, baut er die Windschutzscheibe und einen halbgeschlossenen Kotflügel, »meine ersten Arbeiten mit dem English Wheel«, wie der Holländer verrät.
Der Honda CB 250 bleibt nur die hintere Trommelbremse
Auch das Heck aus Aluminium und die Zylinderverkleidung entsteht mit den eigenen Händen. Die ist notwendig, damit später kein Salz zwischen die Kühlrippen dringt. Dazu minimalisiert Tim die Elektrik, um so viel Gewicht wie möglich zu sparen. Auch die Vorderbremse muss weg, nur die hintere Trommel bleibt. »In Bonneville ist genug Platz zum Ausrollen, da brauche ich keine großartige Bremskraft«, ist sich Tom sicher.
Am Ende erhält der kleine Racer noch eine blaue Lackierung, das Teuerste am ganzen Umbau. So ist der Name fürs Bike schnell gefunden: Die Honda CB 250 soll als »Cheap Bastard« an den Start gehen. »Es wird ein einsamer Kampf in Bonneville und ich habe nicht die illusorische Vorstellung, einen Rekord zu brechen. Aber es wird das Abenteuer meines Lebens, ich bin bereit.«