Ende der Siebziger war die Honda Bol d’Or die lang erwartete Antwort auf Kawasakis Z 1000. Die Motoren wurden stärker, die Fahrwerke aber waren noch nicht so weit. So gingen die herben 90 PS der Honda auch als Entschuldigung dafür durch, dass das Fahrwerk bisweilen über die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit hinaus gefordert war. Marcus Klass von K-MaxX in Recklinghausen hatte es satt und rührte moderne Fahrwerkszutaten ins klassische Gourmetgericht.
Sie reihen sich nahtlos ein in die neue Leistungsbescheidenheit, die Motoren der Siebziger. Luftgekühlt und mit viel Herz serviert, können auch Leistungen unter 100 PS durchaus satt machen. Vor allem, wenn sie wie hier auch noch in der bildschönen Umgebung einer wahrhaftigen Motorradlegende stecken. 1978 kam die aus dem fernen Japan zu uns, wo sie schon mehr als sehnsüchtig erwartet wurde. Denn nach dem Paukenschlag mit der CB 750 Four anno 1968 war Kawasaki mit seiner Z-Reihe in Sachen Leistung längst vorbeigezogen.
So ’ne olle Honda Bol d’Or läuft ja auch an die 220 Sachen
Mit ihrem Vierventilmotor überflügelte die Bol d’Or Akashis 85 PS starke Z 1000 auf Anhieb um zehn PS und stieß ungebremst ins Herz der wartenden, zahlreichen Fans vor. Die Ansprüche ans Fahrwerk aber, sie sind in den dreieinhalb Dekaden auch weitergewachsen, und da machen wir nicht so gerne Abstriche. Immerhin läuft ja auch so ’ne olle Bol d’Or an die 220 Sachen. Marcus Klass, Anbieter von technischem Motorradzubehör und Kopf hinter K-MaxX, ging sein Exemplar in einem angesichts der Jahre außerordentlich frischen Zustand ins Netz. Eine gute Basis also, um auf der Fahrwerksseite mal intensiver nach dem Rechten zu sehen.
Und da machte Marcus keine Kompromisse: Öhlins vorn wie hinten, dazu leichte Schmiedefelgen von PVM, die hinten in der wunderbaren Schwinge der Kawasaki ZRX 1200 stecken. Deren Schönheit hatten wir ja zuletzt bei der MHC Kawasaki ZRX umfassend gewürdigt. „Pornoräder“ nennt Marcus scherzhaft die Felgen in der Form, wie sie nun in der CB stecken: mit einer warm glänzenden Nickelschicht. Bevor sich das Verchromen wegen seiner besseren Resistenz gegen Umwelteinflüsse durchsetzte, war das Vernickeln von Fahrzeugteilen bis in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts hinein üblich.
Der Glanz von Nickel ist ungleich wärmer als der von Chrom
Dann brachte die Möglichkeit, eine zusätzlich hauchdünne Chromschicht aufzubringen, den ersehnten Anlaufschutz. Der Glanz von Nickel aber ist mit seinem Gelbanteil ungleich wärmer als der von Chrom. Weshalb letzterer viel besser zum Spitznamen passen würde, den Marcus seinen Felgen gegeben hat. Er jedenfalls hat einen Galvanisierbetrieb aufgetan, der die Schicht in qualitativ hochwertiger Weise für ihn aufbringt. Fans weichen Glanzes können die Felgen über K-MaxX beziehen. In die Rubrik Fahrwerk gehören auch die Bremsen, und auch hier ging Marcus in die Vollen. 320er-Scheiben mit Brembo-Vierkolben-Sätteln lassen keinen Raum für Nostalgie. Eine Einfingerbremse, wie sie der Sportfahrer in mir gerne mag.
Dieser Mix aus alt und neu ist eine fesselnde Kombination, die sich schon auf den ersten Metern offenbart. Diese Bol d’Or ist unverkennbar eine Tochter der Seventies. Die alten Lenkerarmaturen, die üppig dimensionierten Kontrolllampen, der heiser mechanische Sound des Ein-Liter-Fours mit ausgeprägtem Ansaugröcheln: prickelnde Vergangenheit. Das straffe, gut ansprechende Fahrwerk, die kopflastige Zielgenauigkeit, das feinnervige Einlenken, das ist die Neuzeit. Klass’ Spezialität: der breite Fatty-32-Superbike-Lenker, von 32 auf 22 Millimeter konifiziert, erleichtert das Zupacken und vermeidet zudem den mageren Fahrradlenkerlook mancher Classic-Superbikes.
Die Honda Bol d’Or hat mehr als 60 Pfund verloren
Über 30 Kilogramm Gewichtsverlust fallen durchweg positiv auf. Der Verzicht auf den Serienauspuff und die leichte Aluschwinge der Kawasaki, sie haben das Gewicht in Richtung Front verschoben. Apropos Auspuff: Die materialseitig sehr reduzierte Vier-in-eins-Anlage von Moriwaki, in geradezu provozierendem Mattschwarz gehalten, passt toll zur Seventies-Superbike-Aura der Honda. Was da dann aus dem Rohr tönt, mag STVO-konform sein, ist aber arg gesittet. Erst ab 5 000/min aufwärts wird die Honda in Sachen Sound wieder zum Kind ihrer Zeit.
Mit dem Moriwaki-Propfen auf dem Auslass bringt die für rund 15.000 Euro umgebaute Honda ein paar PS weniger als Serie: „Ich hatte sie vor einiger Zeit auf dem Prüfstand, 90 PS waren es da.“ Der Dynamik tut das keinen Abbruch. „Ich habe die Sekundäruntersetzung ein bisschen gepusht, zwölf Prozent kürzer ist sie jetzt“, gesteht Marcus. Die Originalteile? Liegen im K-MaxX-Teileregal in Recklinghausen sicher verwahrt. Vielleicht spielt Fahrwerksperformance in ein paar Jahren ja auch keine Rolle mehr …
Info | kmaxx-moto.de
Guido Kupper
Guido Kupper, fährt praktisch seit seiner Geburt in grauer Vorzeit Motorrad, hat mit dem Schreiben aber erst angefangen, als er schon sprechen konnte. Motorisierte Zweiräder hat er nur acht Stück zur Zeit, Keller und Garagen sind trotzdem voll. Sein letztes Ziel im Leben: Motorrad fahren und mal nicht drüber schreiben
Sehr schöner Bericht, sehr schönes Motorrad,hatte selber eine cb 750 KZ rc01 von1982 , bin heute noch grosser Fan dieser
Maschinen