Harley Knucklehead – Ace of Spades




Diese Harley Knucklehead ist wahrlich krass, auch unser Fotograf war gar nicht mehr zu bremsen: »This bike is truely amazing!«

Ich fotografiere seit vielen Jahren Motorräder, viele unglaublich gute dabei. Aber auch viele, wo hier und da ein Detail das Auge trübt, etwas, das vielleicht nicht ganz perfekt gelungen ist. Doch hin und wieder kommt mir ein Custombike vor die Kamera, das wie aus einem Guss dasteht.

Tradition und ein Auge für Details

Dieser Knucklestyle-Digger vom Piercing-Künstler Steve Drieghe ist definitiv eines von ihnen. Traditionelle Handwerkskunst von BBDesignz, ein Lackkleid von El Guero und das Auge für Details von Steve selbst verschmelzen hier zu einem ganz besonderen Motorrad. Steve aus dem flämischen Lokeren wartet schon ungeduldig, als ich mich endlich aus dem Antwerpener Feierabendverkehr befreit habe.

Wir können uns keine Illusionen machen, eine Straßenzulassung wäre in Deutschland kaum möglich. Zeigen müssen wir die große Handwerkskunst trotzdem

Wenig später tuckert auch noch Kumpel Hans van de Berghe auf seiner Shovelhead auf den Hof. Schnell wird mir klar, in welch kreativer Gesellschaft ich mich befinde, denn Hans lackiert unter dem Namen »El Guero Kustom Paint«, und Steve ist hauptberuflich der Inhaber des Roxy Piercing- und Tattostudios.

Harley Knucklehead – ARLEN NESS WÄRE STOLZ

Die Leidenschaft für Chopper ist für Steve eine ernste Angelegenheit. Sie bestimmt sein ganzes Leben, ständig ist er mit Oldschool-Bikes beschäftigt. »Meine Garage ist für meine Frau und meine Kinder tabu«, scherzt er, während er das Garagen-Rolltor öffnet.

Die unglaublichen Gravurarbeiten an dem Knuckle-Style-Motor stammen von Sarah New aus Kanada. Die Ausnahmekünstlerin arbeitet komplett per Meißel von Hand

»Ich habe meinen Motorradführerschein gemacht, bevor ich Auto gefahren bin. Angefangen hat es mit Racern, dann bin ich auf einen Shovelhead-Chopper umgestiegen. Und seitdem baue ich die Dinger. Kreativ zu sein, der Sound der alten Motoren und das Erleben der Maschine auf der Straße, das alles macht meinen Lebensstil aus. Ich weiß, das hört sich nach kitschigen Männerphantasien an, aber das Gefühl von Freiheit, die Freundschaften und das Eintauchen in diese fast schon nostalgische Welt macht es für mich so faszinierend und einzigartig.«

Lackierung von Kumpel Hans

Auch bei Kumpel Hans fließt anscheinend Benzin durch die Adern. Der Lackierer besitzt neben einer coolen XS 650 selbst auch einige Shovelhead-Chopper. Bereits drei von Steves Kreationen hat er mit einem bunten Lackkleid versehen, über die Jahre ist so eine echte Männerfreundschaft entstanden.

Täuschend echt: Bei Motortechnic hat man sich darauf spezialisiert, Harley-Motor-Klone zu fertigen, die kaum vom Original zu unterscheiden sind. Der Vergaser wurde auf die linke Fahrzeugseite versetzt

Doch der langgestreckte Digger, der nun in Steves Auffahrt glänzt, ist wirklich nicht von dieser Welt. »Ich wollte schon immer einen Digger haben, das ist ein Modell, das man hier nie sieht. Jeder baut heutzutage ja irgendwie die gleiche Art Chopper, ich wollte einfach mal etwas ganz anderes. Eine Knucklehead war schon immer ein großer Wunsch von mir, und außerdem bin ich großer Fan von Arlen Ness und seinem Stil. Diese beiden Vorgaben – Knucklehead und Digger – wollte ich kombinieren, hier ist das Ergebnis! Wenn Du einen Digger bauen willst, sollte er meiner Meinung nach richtig übertrieben sein. Nicht nur im Aufbau und der Lackierung, auch in den Details. Und es hat funktioniert.«

Harley Knucklehead AUS EINER ANDEREN ZEIT

Steve bat Ton »Beer« Beerepoot, den Rahmen zu bauen und die Blecharbeiten zu gestalten. Als Redakteur der Buchserie »Chop, Ride & Party« weiß Beer besser als jeder andere, was in der Welt der Chopper vor sich geht. Dazu ist er mit großem handwerklichen Talent gesegnet. Beides zusammen, das nötige Können und das nötige Wissen über die Chopper-Historie machen ihn zum perfekten Bauherren. Nicht zuletzt deshalb wirkt der Digger wie ein Original aus einer anderen Zeit. 

Der Rahmen ist verstärkt, hinten bremst eine hydraulische Trommel

»Beer machte eine Grundzeichnung auf einem A4-Blatt, so begann das Projekt. Ich brachte den Motor und alle Teile, die ich gesammelt hatte. Der Rahmen wurde von Beer komplett neu konstruiert und direkt um den Knucklehead gebaut. Besonders das Unterrohr mit der Blitz-Form musste solide und stark sein.

Zündschalter im Tank

Die Rohrkonstruktion wurde deshalb abschließend noch mit Stahlblech ummantelt, und auch die übrigen Blech­arbeiten wie die Tanks und die tiefe Sitzbank sind hausgemacht. Der Zündschalter – bei Steves Bike »Bitch Switch« genannt – ist im Tank integriert.

Wir haben es nicht gemessen, aber die »Acespader« sollte einen Radstand von gut zwei Metern erreichen. Der Nachbau der Harman-Gabel stammt von US Custombikes aus Deutschland, die Fünfspeichen-Räder von Flying Choppers aus Finnland

»Ich wollte unbedingt eine Gabel im Harman-Style, aber da ich keine originale finden konnte, musste ich einen Nachbau von US Custombikes in Deutschland anfertigen lassen. Die fünfspeichigen Räder sind von Flying Choppers aus Finnland, der Knucklehead selbst ist ein originalgetreuer Nachbau von Motortechnic aus Deutschland, der in Kanada auf traditionelle Weise mit dem Meißel graviert wurde.

Harley Knucklehead fast ohne Katalogteile

Der Dell’Orto-Vergaser wurde deshalb auch auf die linke Seite versetzt, um eine bessere Sicht auf die gravierte Seite zu haben. Bis auf das »Fuck«-Rücklicht und die teuren K-Tech-Handschalter haben wir fast keine Teile aus dem Katalog bestellt.«

»Ich hatte mich auf Rückenschmerzen eingestellt, aber das Bike fährt sich doch besser, als ich dachte«

Hans alias El Guero wurde mit der Lackierung betraut. Hans erklärt: »Ich habe zunächst alle Bleche komplett mit Blattgold in verschiedenen Schattierungen überzogen, dies ergibt einen sehr dreidimensionalen Effekt und sieht aus wie Marmor im Sonnenlicht. Mindestens 200 Blatt dieses hauchdünnen Materials habe ich verarbeitet. Über das Blattgold wurden dann unterschiedliche Lackschichten in Rot und Violett gelegt.«

AN ALLE ZWEIFLER: FÄHRT ASTREIN!

Als letzter Schritt wurden die Blattgold-Ornamente aufgebracht und von Hand konturiert. Alleine das Ausrichten der floralen Ranken dauerte einen ganzen Tag und war höchst knifflig, denn das hauchdünne Blattgold verzeiht keine Fehler und ist auf der Candy-Lackierung kaum zu korrigieren. Insgesamt dauerte die Lackierung weit über einhundert Stunden. Auch das Verchromen und Vergolden der Anbauteile wurde genau auf diese Lackierung abgestimmt.

Flying Choppers Einzelanfertigungen

»Alle, die den Digger sehen, denken, ja, hübsch, aber das Ding fährt doch niemals vernünftig.«, nimmt uns Steve die Frage nach der Fahrbarkeit vorweg und erklärt: »Ich hatte mich selbst schon auf Rückenschmerzen eingestellt, aber auch nach zwei Stunden wilder Fahrt hält sich das in Grenzen. Der Digger ist zwar besonders niedrig, gerade mal eine Schachtel Kippen passt darunter, aber mit den belgischen Straßen komme ich tatsächlich gut klar, obwohl das nicht gerade die Besten sind. Das Bike ist tatsächlich exakt so geworden, wie ich es mir vorgestellt habe. Einige Pokale hat die »Ace of Spades« seitdem auf Bikeshows abgeräumt, truly amazing!

Info | https://www.facebook.com/beerRMCF


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