Gebaut wurde die Ironhead Sportster einst als Verlosungsobjekt. Die »Flake Kings« aus den Niederlanden wurden durch den Umbau erst richtig bekannt

Es begann vor etwas mehr als dreizehn Jahren in Eindhoven mit einem Blog, den ein paar Freunde in einer Kaffeepause gründeten. Sie waren verrückt nach Motorrädern und noch mehr nach Teilen und Parts aus dem letzten Jahrtausend des Customizing. Und weil Flake-Lackierungen gerade den Weg zurück auf die Umbauten fanden, nannten sich die Freunde schlicht »Flake Kings«.

Flake all over

Sie bastelten ein Logo und sammelten Bilder von Flakes, stellten sie ins Netz und bauten nebenher an ihren eigenen Autos und Moppeds. Plötzlich kamen immer mehr Mails, die Leute wollten Flake-Kunst auf dem eigenen Fahrzeug oder der Klamotte haben. Dabei betrieben die Jungs die Kunst gar nicht selbst, fanden es nur geil. Und beschlossen deshalb, wenigstens T-Shirts mit einem Flakedruck zu versehen.

Der offene Trichter auf dem S&S-Vergaser ist ein Eigenbau aus Eindhoven

Die Dinger wurden ein Renner, ab da ging es mit provisorischen Ständen zu diversen Veranstaltungen. Sie sammeln Vintage-Kram zum Verkauf, designen Klamotten, bauen auch mal ein Bike. Selber sprühen tun sie nicht: »Echtes Flaken ist wahnsinnig aufwendig«, erklärt uns Jochem. »Das überlassen wir Spezialisten wie Royal Jack, der auch dieses Bike geflaked hat.«

Damals auf der KKF

Es ist im Oktober 2012, als der damalige Veranstalter der Kustom Kulture die Idee hat, ein Bike auf seiner Show zu verlosen. Die Vorgabe ist ein alltagstaugliches Custombike, das aber auch über Show-Qualitäten verfügt. Die Flake Kings nehmen den Auftrag an. Und entscheiden sich beim Antrieb für eine 77er-Ironhead.

Der Motor erfuhr eine komplette Überholung, bevor er seinen neuen Arbeitsplatz einnehmen durfte

»Kurz, tief und schnell sollte die Karre werden – und lila«, erzählt Gijs. Das Bike wird komplett zerlegt, alle Teile gereinigt, inspiziert und teilweise gestrahlt. Der Motor wird von Spezialist Ronnie Breuer komplett überholt, damit später alles läuft. »Das Bike war schließlich eine Art Visitenkarte für uns«, erklärt Gijs die Sorgfalt.

Vier Männer, vier Meinungen

Viele Diskussionen gehören dazu, »Vier Männer, vier Meinungen – da brauchst du Kompromisse und jede Menge Bier«, lacht Jochem. Den original Rahmen statten die Jungs mit kürzeren Federbeinen aus und montieren eine aktuellere Sporty-Gabel, sowie klassische Borrani-Alufelgen mit 19 Zoll vorne und 18 hinten. Der Lenker ist ein Z-Setup, der Peanut-Tank Pflichtprogramm.

Schnell, flach, leicht und ein komplett überholter Motor – das garantiert lässig-altschuligen Spaß. Ob Kicker und Trommelbremsen aber ein Mädchending sind, stellen wir schon in Frage

Batteriefach, Armaturen, Bremspedal und Sitzplatte entstehen in der eigenen Werkstatt. Den Lederbezug für den Sattel fertigt Buddy Marcel Miller. Auch die Auspuffanlage ist ein Eigengewächs und erhält durch eine weiße Keramikbeschichtung ihr einmaliges Aussehen.

Ein Abend- und Wochenend-Projekt

Die Trommelbremse einer BSA im Vorderrad kratzt zwar gewaltig an der geforderten Alltagsqualität, »aber sieht doch einfach scheiß geil aus«, grinst Gaston. Da Chromteile teuer sind und das Budget eng, polieren die Kings außerdem massig Aluteile selbst. Sie alle haben echte Jobs und Familien, die »Flakester« wird an Abenden und Wochenenden gebaut. Die Zeit rast, erst wenige Tage vor der KKF wird das Bike vollendet. Und springt jedesmal an diesem Wochenende auf den ersten Kick an, rennt wie die Sau und sieht dazu noch gut aus. Aufgabe erfüllt.

Was allerdings Marina aus dem Saarland mit der Kiste anstellte, wissen wir nicht. Zwar flossen die Freudentränen, als ihr Los das Motorrad gewann, aber ob die Frau, die erst seit ein paar Monaten den Führerschein hatte, mit Ankick-Action und altem V2 glücklich wird, war fraglich. Die ersten Interessenten standen jedenfalls standen direkt auf der Matte und gaben ihre Angebote für einen Kauf der »Flakester« ab.

Info | Flake Kings

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.