Diese Harley-Davidson XLCH ist einmalig – der original erhaltenen Harley-Chopper gehörte einst der verstorbenen Stunt-Legende Evel Knievel

Manchmal ist es wie verhext. Echte Klassiker der Motorrad-Geschichte aufzuspüren, ist kein einfacher Job. Da suchen wir im Süden Japans nach einem beinahe vergessenen Filmbike von Peter Fonda, knipsen in Toulouse die Styling-Studien von Boxer Bikes oder spüren im tiefsten Minnesota eine einzigartige Sammlung von Ed Roth-Showfahrzeugen auf. Und dann steht da plötzlich ein originaler Chopper der 2007 verstorbenen Stunt-Legende Evel Knievel mitten in Deutschland rum. Genauer gesagt in Lübeck.

Gold Plated, natürlich mit echtem Blattgold

»The Gold Plated Bike« nannte Knievel seinen privaten Chopper, der vom Motor einer 1970er Harley-Davidson Sportster XLCH mit 900 ccm angetrieben wird und mit dem der berühmte Daredevil 1976 beim Bicentennial, der Parade zur 200 Jahr-Feier der USA, teilgenommen hat. Und tatsächlich ist der radikal aufgebaute Chopper »gold plated«, denn Blattgold findet sich an Schrauben, Federn und Lampen überall am gesamten Bike.

Evel Knievel mit seinem XLCH-Chopper und einem Stutz Blackhawk. Das Foto stammt aus der Biografie Evel Ways – A Daring Approach to Life

Wie es sich für einen handfesten Chopper jener Ära gehört, verfügt das Bike über eine 1,17 Meter lange Springergabel aus Vierkant-Stahl, eine Stufensitzbank mit Sissybar und Invader Mag Wheels. Garniert wird alles von zwei rechteckigen (und vergoldeten) Cibie-Autoscheinwerfern, einem nur 47 Zentimeter schmalen Buckhorn-Lenker und einem Rücklicht, das aus dem Schiffszubehör stammt und ebenfalls blattvergoldet ist. Die Rohre des Starrrahmens haben die Erbauer mit rechteckigen GfK-Verkleidungen ummantelt, Kolorcraft aus Syracuse hat seinerzeit die Metalflakelackierung übernommen.

Evel Knievel auf dem Tank

Auf dem Tank prangt ein Airbrush von Lackierer Chas Dino aus New York, das ein Portrait von Evel Knievel zeigt. Aber das beste ist: Alles an diesem Bike entspricht dem Zustand, in dem es sich bereits im Aufbaujahr 1975 befand. Selbst die 2,75-18- und 5.00-16-Bereifung ist noch original und entsprechend steinalt.

Boots-Rücklicht, gebrushtes Selbstportrait und offen atmender S&S-Vergaser: So stellte sich Knievel also einen echten Chopper vor

Was nicht weiter tragisch ist, denn gefahren wird das Knievel-Bike nicht mehr. Ohne vordere Bremse, mit abenteuerlichen Fahrwerksdaten und dem lediglich mit einer Schraube befestigten Lenker hätte es auch keine Chance, legal am deutschen Straßenverkehr teilzunehmen. Und mal ehrlich: Wer würde ein solch kultiges Relikt schon umbauen wollen?

Der Harley-Chopper im Wohnzimmer

Robin jedenfalls hatte den 2,60 Meter langen Chopper im Wohnzimmer seines Hauses stehen. Der 39jährige IT-Freiberufler hatte bereits mit fünf Jahren ein Evel Knievel-Aufziehmotorrad von seiner Tante aus den USA geschenkt bekommen. Irgendwann entdeckte er den originalen Knievel-Chopper bei einem Motorradsammler in Westfalen. Dieser war mit dem Bike durch Ausstellungen in Schweizer Einkaufszentren getingelt und benötigte den Platz in der Garage.

Als Arbeitsgerät bevorzugte er ebenfalls Harley-Davidson Sportster – die Rennmaschine XR 750

Doch auch Robin benötigte den Raum in seinem Wohnzimmer bald wieder zum Wohnen. Der Knievel-Chopper wurde weiterverkauft. Trotzdem krass, manchmal finden sich die besten Dinge direkt vor der eigenen Haustüre.

 

Dirk Mangartz