Bassi und seine Harley-Davidson Ironhead XLH sind ein eingespieltes Team. Dabei musste der Kerl erst zu seinem Glück gezwungen werden

Wenn man sich einen Virus einfängt, ist das so eine Sache. Mal verschwindet er nach drei Tagen wieder, mal bleibt er zwei Wochen, und manchmal wird eine chronische Erkrankung auf Lebenszeit draus. Bassi aus dem bayerischen Traunstein hat seine Selbstdiagnose schon gestellt: »Harley forever!« Dabei war er damals mit 22 Jahren eigentlich nicht der typische Harley-Fahrer, selbst für eine Sportster braucht es eigentlich ein paar Lenze mehr auf dem Buckel.

Der Zwang zu altem Zeug

Dazu kommt seine Supermoto-Vergangenheit und die ersten Moppedjahre, die er auf einer umgebauten Buell unterwegs war. Bei all diesen Vorzeichen eigentlich ein langer Weg zum sauberen Bike alten Stils, aber der wiederum liegt nun mal in der Familie. »Ich wurde quasi von meinem Vater in das alte Zeug reingezwungen, der steht da total drauf«, erklärt uns der Traunsteiner.

Kernig oder schlaff: Der alte 1000 ccm-Sportster-Motor ist ein rauher Geselle

Als er sich entscheidet, von der Buell und der Sportlichkeit zur alten öltropfenden XLH zu wechseln, erntet er deshalb zunächst Gelächter. Aber er zieht das Ding durch. Als er seine Ironhead kauft, hat die bereits ein Stück Geschichte hinter sich.

Harley-Davidson Ironhead aus Texas

Aufgebaut wurde das Bike in den USA, genauer gesagt von einem Kampfpiloten in Texas. Der hatte schon ein starres Heck angeschweißt, machte diese stilsichere Leistung allerdings durch ein gelbes Farbkleid wieder zunichte. Das verschwand erst nach dem Import ins deutsche Hamburg Ende der 90er, wo das Bike zunächst nur mit einer roten Nummer bewegt wurde.

Die Trommelbremse im Heck dagegen gibt sich mild wie lauwarmer Kamillentee

Erst auf 2009 ist die Erstzulassung datiert. Ein Jahr später entdeckt der Bayer Bassi die norddeutsche Perle und schlägt zu. Zu diesem Zeitpunkt ist die Eisenkopf halb zerlegt, der Vorbesitzer verkauft sie noch vor Ende der Restaurierung. Immerhin ist der Rahmen da bereits schwarz gepulvert und andere Teile vernünftig sandgestrahlt.

Starrrahmen ein Muss

Zwei Grundsätze von Bassi erfüllt die Sporty außerdem: »Starrrahmen und Kettenantrieb sind ein Muss«, erklärt er. Den dritten Wunsch muss er trotzdem in die Tonne treten. »Ich hätte gerne einen Kickstarter gehabt, aber das war einfach nicht möglich. Der Umbau des Getriebes kollidierte mit der geplanten Führung des selbstgebauten Auspuffs. Und das Bike ist schon recht tief, noch flacher ging einfach nicht«, erzählt der Selbstschrauber.

Bassi ist seine Sporty bisher kaum gefahren, weil sie erst im Herbst letzten Jahres fertig wurde. Diese Saison wird er erleben, wie der langhubige 45°-Vau-Zwo, der immerhin über 6.000 U/min dreht, ihm alle anderthalb Kilometer die Füße von den Rasten schütteln wird. Dazu die mechanische Geräuschkulisse des antiquierten Stoßstangenmotors, das zittrige Bild im Rückspiegel, der sanfte Biss der Trommelbremse – Bassi wird es lieben

Dafür legt er Wert auf andere Feinheiten. Er fertigt zahlreiche Teile aus Edelstahl und Messing per Hand. Klar, denn Bassis Eltern betreiben einen Handel mit Edelstahlteilen für Großküchen. Und so entstehen auch Parts für die Sportster aus den glänzenden Materialien. Luftfilter, das komplette Ölsystem mit klassischen Messing-Schrauben, Halterungen und Fußrasten sind solche Parts. Für einen jungen Burschen schon ’ne richtig große Nummer.

Harley-Davidson Ironhead – nun lacht keiner mehr

Nach dem Roll Out seines Babies lacht übrigens keiner der Kumpels mehr, im Gegenteil, wie Bassi schmunzelnd erzählt: »Mein Bruder will sich nun auch ’ne Harley kaufen.«

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.