Taugt ein Langgabler auch zum sportlichen Fahren? Ein Finne glaubt fest an seine Harley-Davidson Sportster.

Samuel aus Helsinki besitzt sieben Motorräder. Als wir ihn fragen, welche Hersteller, welche Typen, blickt er uns verständnislos an: »Ist das hier eine Fangfrage oder so was?« Beim Blick in die Garage kommen wir der Sache näher. Samuel ist Sportster-Fanatiker durch und durch. Für ihn kommt kein anderes Motorrad in Frage. Kein Japaner, kein Europäer und schon gar kein Big Twin. No way. 

Harley-Davidson Sportster  als Schwedenchopper

Im Alltag fuhr der intolerante Finne ursprünglich eine 1986er Sporty, die er zu einem kompakten Street Racer mit superkurzer Gabel umgebaut hatte. Doch auf der Fahrt nach Norrtälje hatte ihn die unkomfortable Sitzposition derart genervt, dass er, zurück in Helsinki, das Bike sofort auseinanderriss. Er wollte ein langes Bike bauen, inspiriert von den Schwedenchoppern der Achtzigerjahre. Ein Bike, das dennoch dynamisch zu fahren ist, so ein Mix aus Chopper und Cafe Racer.

Tank und Sitzbankhöcker fertigte der findige Finne in Eigenbau

Er fertigte schmale Gabelbrücken mit einem Extra-Rake von 5° an, verlängerte die Telegabel um 16 Zoll und montierte eine kleine Bikini-Verkleidung. Der Finne baute ein starres Rahmenheck für seine Kreation und fertigte Tank und Sitzbankhöcker in Eigenarbeit. Als Räder verwendete er originale Harley-Teile, die er jedoch unkonventionell umbastelte. Vorn entfernte er jede dritte Speiche, hinten schweißte er eine Morad-Felge mit 15 Zoll Durchmesser an das ursprüngliche 16-Zoll-Rad. Sicher wäre es einfacher gewesen, Customwheels aus dem Zubehör zu kaufen, aber Finnen gehen nun mal gerne den steinigeren Weg. 

Der 1200er Evo-Motor hat jetzt 80 Horse

Der 1200er-Motor konnte unverändert aus dem Street Racer übernommen werden. Samuel hatte ihn bereits vor einigen Jahren mit Screamin’ Eagle-Zylinderköpfen, High-Compression-Kolben, erleichterter Schwungmasse und Andrews-Nockenwellen aufgebaut. Als Testlauf wählte der Sportster-Mann den Bastard Bash der Quad Cam Bastards in den USA, einer Sportster-Community, bei der er Mitglied ist.

Weniger ist schneller: Samuel choppte jede dritte Speiche

4000 Kilometer und drei Wochen lang prügelte er seinen Chopper durch Illinois, Indiana, Ohio, Kentucky, Tennessee, North Carolina, Georgia und Florida. Höhepunkt und Bewährungsprobe war zweifellos der Ritt über die kurvige US 129, die den Spitznamen »Tail Of The Dragon« trägt. Zurück in Europa stand fest, dass sein Langgabler trotz Hardtail-Rahmen richtig schnell und ausreichend bequem geworden ist. Tägliche Fahrten, schnelle Runden und lange Touren sind gleichermaßen möglich. Und für ganz spezielle Zwecke besitzt Samuel schließlich noch sechs weitere Bikes. Sorry, Sportster. 

 

Charley Charles