»Fuck the standard, standard sucks«, Beers Harley-Davidson Sportster-Chopper bildet keine Ausnahme dieser Maxime

Beer ist eine feste Größe in der niederländischen Chopperszene. Er ist einer der Gründer des Rogues MC, dessen Mitglieder ausnahmslos Chopper fahren – und natürlich bauen. Unzählige Projekte hat er schon begleitet oder selbst realisiert.

Mechaniker & Designer

Auch den Jungs von L&L-Choppers stand er zur Seite, arbeitete bei den Rahmen-Konstrukteuren als Mechaniker und Designer. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er einen ihrer Rahmen für ein eigenes Projekt nutzen würde. Und ganz vielleicht ist die Warhippy sein bestes Motorrad.

Der Traum von Freiheit: Den Tankdeckel der L&L-Harley ziert verchromtes Gefieder

Für das Foto-Shooting fahren wir in ein kleines Dorf in den Norden Hollands. Beer und seine Frau Els haben sich für den Anlass im Seventies-Style gekleidet und empfangen uns herzlich. Im Haus riecht es nach scharfem Hackfleisch, im Hintergrund läuft eine Platte von Jefferson Airplane.

Harley-Davidson und ein Hauch Frisco

Es ist echt furchtbares Wetter, aber Beer hängt mit seinen Gedanken in San Francisco. »Seit ich siebzehn bin, liebe ich die amerikanische Chopper-Kultur und habe mich mit den typisch amerikanischen 70er-Choppern beschäftigt.« Beer zeigt das Bild einer XS 650 mit langer Gabel: »Das war mein erster Chopper-Versuch. Sah ziemlich unrund aus, obwohl alle Teile passten. Wir hatten damals das Fachwissen einfach noch nicht, unsere Baukünste waren mangelhaft. Später interessierten mich eh mehr die Schwedenchopper und der psychedelische Amistyle kam aus der Mode.«

Liebe zum Detail: Auch ein moderner CV-Vergaser lässt fein aufbrezeln

Doch in den letzten Jahren erlebten die Seventies auch in Holland ihre Renaissaince – Zeit, das lange angedachte Warhippy-Projekt zu realisieren. Dass Beers Frau Els auch Bock auf einen Chopper hatte – als Zweisitzer mit Platz für Gepäck – machte die Entscheidung nur einfacher. Untypisch legte sich Beer schon früh auf die Teile fest, die er verbauen wollte.

Rahmen auf Maß

Der starre Rahmen mit dem unglaublichen 38 Grad Rake und gebogenen Unterrohren ist eine Maßarbeit von L&L. Auf dem Oberzug sind Vorrichtungen aufgeschweißt, an denen der Peanut-Tank einfach angeflanscht werden konnte. So ist Beer nie festgelegt und könnte den Tank mit wenig Aufwand wechseln. Der 1200er-Motor wurde neu aufgebaut.

»Die Lackierung? Hart an der Grenze, aber gerade noch verträglich«, grinst Grizzly

Kumpel Flathead-Nick rundete die Zylinder für den antiken Look ab und montierte Ventildeckel im Panhead-Style. Auch der Auspuff läuft im Pan-Design. »Es war gar nicht so einfach, die Rohre so zu verlegen, der Platz war recht knapp. Zumal auf Höhe des Hinterrades noch Platz für Packtaschen sein sollte.

Harley-Davidson mit meterhoher Sitzbank

Daher sind die Auslässe recht niedrig montiert«, erklärt Beer, der zugunsten der Wartungsfreundlichkeit nicht stur oldschool dachte. So wird zum Beispiel das Hinterrad ganz modern per Riemen angetrieben und vernünftige Bremsscheiben werden sich im Notfall bissfest genug zeigen. Die »King & Queen«-Sitzbank scheint dagegen wie aus einem David Mann-Poster entsprungen. Meterhoch, superschmal, reicht für mindestens zwei und schmiegt sich wunderbar an die aus einem Stück gedengelte Sissybar.

Wie aus einer fernen Zeit: Grizzly und Els passen irgendwie ziemlich gut zu ihrem Harley-Chopper

Peacezeichen on top, ist klar. Aber ganz kriegshippiegerecht ist das Zeichen seitenverkehrt montiert. Auffällig auch der kleine Kriegshammer, der hinter der Sitzbank blinzelt: »Ein Geschenk vom Präsidenten der Hells Angels aus Antwerpen. Der Griff des Hammers ist vom Künstler Willem van Vliet graviert worden.«, erklärt Els.

Die Farbe eines Saftpäckchens

So fügt sich eines zum anderen, zu jedem Teil wissen unsere Protagonisten eine Geschichte zu erzählen. »Aber ist nicht das genau der Charme eines selbstgebauten Choppers?«, fragt Beer. Der natürlich auch der Meinung ist, dass die Farbe dem Bike den finalen Stempel aufdrücken muss. Schwierig war die Wahl des richtigen Lackes, bis Els irgendwann ein pinkfarbenes Saftpäckchen in der Hand hatte.

Stilecht: Lenkanschläge über Gliederketten

Damit war es klar, kombiniert mit Violett müsste das gut passen. »Hart an der Grenze, aber noch verträglich«, wie Grizzly sagt. Lackierer Royal Jack schaffte den Spagat zwischen Kunst und Kitsch perfekt und schaffte ein wunderbar psychedelisches Outfit mit ein paar markigen Worten auf dem Tank.

Viele Kilometer sollen es werden

Beer und Els sind hochzufrieden mit dem fertigen Werk. »Neu sah es wirklich toll aus und es wird sogar noch besser wirken, wenn es etwas abgeranzt ist, mit ein paar Kampfnarben hier und da. Aber zuerst will ich zu ein paar Bikeshows damit und erst danach werden wir einen beachtlichen Kilometerstand auf den Zähler fahren.«

 

Floris Velthuis