Martin wanderte für den Umbau seiner Harley Sportster direkt mal Jahrhunderte zurück. Willkommen im Mittelalter …

Schon im Mofa-Alter schaffte es Martin zu lokaler Berühmtheit, als ihn die Polizei verfolgte, weil er mit über 100 Sachen auf einer frisierten Kiste unterwegs war. Seinerzeit noch ohne die nötige Fahrerlaubnis. Mit 15 restaurierte der unerschrockene Jungspund die ersten Motorräder und hat seitdem zahlreiche Bikes besessen und gefahren.

Der Teufel und sein Henker

Auf die Idee zu diesem Projekt brachte ihn der Name eines Schiffes, das der Belgier entdeckte. Am Bug prangten die spanischen Wörter »El Verdugo«, was Martin neugierig machte. Zuhause erfuhr er durch Recherche im Internet, dass das schlicht »Der Henker« bedeutet. Bereits am Abend nach der Erkenntnis über den Bootsnamen entstanden erste Ideen zum Bike im Kopf des Schraubers. Sie raubten ihm sogar den Schlaf und die Details kamen fast von selbst.

Allerorten wird gemartert: Axt im Tankdeckel …

Es sollte ein vom Mittelalter beeinflusstes Eisenpferd auf Harley-Basis entstehen. Für die Ausführung des Plans bot sich eine gerade gekaufte Sportster an. Die hatte Martin für kleines Geld und mit wenigen Kilometern auf dem Tacho erstanden. Benutzt hat er allerdings nur den Motor. Der Rest wurde verscherbelt und finanzierte so den Aufbau. Einen für sein Projekt passenden starren Rahmen fand der Belgier bei den Holländern von L&L Choppers. Außerdem standen eine Springergabel und ein Satz Räder auf der Wunschliste. Klar hatte die Sporty Serienräder, die passten aber nunmal nicht zum angestrebten bulligen Bobberlook.

Das Bike eines Mittelalter-Fans

»Inspiration für die Optik holte ich mir durch Besuche der Burg Gravensteen, die früher den Grafen von Flandern gehört hat. An den Burgtoren befinden sich große rostige, pyramidenartige Nagelköpfe. Die haben mir so gut gefallen, dass ich diese Form auch am Bike benutzt habe«, erzählt Martin. Und noch viele weitere Details hat der Mittelalterfan verbaut. So verziert eine Axt, die in einem Holzklotz zu stecken scheint, den Tankdeckel. Der Tank selbst besitzt eine außen angebrachte Benzinanzeige und eine aufgeschweißte Mittelfinne. Ein Henkersbeil, diesmal in Originalgröße, ist seitlich an der Gabel befestigt. Die Metallparts am Stiel entstanden, so wie auch Griffe und Fußrasten, auf der eigenen Drehbank.

… Fingerquetsche am Chokehebel …

Besonders die Folterkammer der Burg, in der sich heutzutage ein Museum befindet, scheint es dem ansonsten friedliebenden Schrauber angetan zu haben. So finden wir zahlreiche Folterinstrumente und Waffen am Bike. Der Suicide Shifter in Schwertform wird ergänzt durch einen Streitkolben als Seitenständer, dem zum Fingerabtrennen benutzten Instrument an der Fußkupplung oder einem fallenähnlichen Fingerquetscher am Choke.

Harley Sportster mit Teufelsschwanz und Streitkolben

Bei der Zusammenstellung der Details seiner Harley Sportster hat sich Martin richtig Gedanken gemacht. So sitzt der Teufelsschwanz am Heckfender, weil der Scheinwerfer – eine Karbidleuchte aus den Anfangstagen des letzten Jahrhunderts – über der ein weiterer Streitkolben thront, von der Firma »Lucifer« stammt. Auch die Windungen im Auspuff haben ihren Sinn.

… und Extremitäten-Trennzange am Fußhebel

Martin verbindet damit die gebrochenen Hälse von Dieben. Die scharfkantigen Endkappen werden von Federn gehalten, mit denen der Erbauer Opfer auf der Streckbank darstellt. So könnten wir noch seitenweise weitere Symbole und ihre Bedeutung analysieren. Das Mittelalter-Thema hat Martin jedenfalls fleißig umgesetzt, nicht nur thematisch. »Ich fahre ja eigentlich auch noch eine modifizierte Road King«, erklärt uns der Erbauer, »aber seit die »El Verdugo« fertig ist, bin ich meist darauf unterwegs. Die Sportster fährt sich einfach geil.«

 

Velthuis/Müller