Marcels Harley-Davidson Sportster ist ursprünglich »nur« als Musterträger für seine Teilefertigung vorgesehen. Doch dann findet er Gefallen am amerikanischen Eisen
»Eigentlich war ich nur auf der Suche nach einem Rahmen mit Motor, um meine selbstentwickelten Customparts anzupassen, doch dann hat mir die Sporty so gut gefallen, dass ich nicht anders konnte, als sie umzubauen«, so Marcel über die Entstehungsgeschichte seines Bikes. Es ist fast vier Jahre her, da entdeckt er die 1000er Ironhead in einem Nachbarort. Es ist eine 84er Harley-Davidson Sportster – eine der letzten, die vom Band lief, bevor die Company den Ironhead-Motor durch den Evo ersetzte.
Harley-Davidson Sportster zum fairen Basispreis
Dafür hat sie aber schon den moderneren Evo-Rahmen. Gut 3.000 Euro blättert Marcel für das Bike hin – Gabel, Felgen, Reifen und TÜV gibt es vom Verkäufer obendrauf. Zwar ist die Zündung »am Arsch«, wie Marcel es ausdrückt, doch immerhin ist die Elektrik neu. Ein Ducktail-Fender schmückt das Heck, eine breite, gefräste Gabelbrücke das Frontend und ein dicker Mustang-Tank sorgte für einen Hauch von Big-Twin-Optik. »Unterm Strich war sie sauber aufgebaut, wenn auch nicht nach meinem Geschmack. Dafür hatte der Vorbesitzer einen feinen S&S-Super-E-Vergaser verbaut.«
Zu diesem Zeitpunkt ist der Umbauvirus in Marcel bereits entfacht, infiziert den Geist und übernimmt letztlich die Kontrolle. Das ursprüngliche Vorhaben wird gekippt, die Dinge nehmen ihren Lauf und entwickeln eine Eigendynamik, die schwer zu beherrschen ist. So schießt er sich für kleines Geld im Internet Riser von Müller Motorcycles und ein paar Stoßdämpfer unbekannter Herkunft. Eher zufällig kommt er an eine schmälere Gabelbrücke, die er allerdings erst ein Jahr später abholt, als er eine Party im gleichen Ort besucht.
Weg mit dem Fett
Während das Projekt läuft, kristallisiert sich auch heraus, welche Stilrichtung er mit der Sportster verfolgen möchte. Da die kleine Amerikanerin von Natur aus recht schmal baut, möchte Marcel sie in einen schlanken Chopper verwandeln. Also weg mit dem fetten Mustang-Tank, der breiten Gabel und dem hohen Lenker. Ihm schwebt schon lange ein Aluminiumtank vor. Blank, rein, ohne Lackierung.
Da er mit seiner kleinen Firma Mindwar-Cycles ohnehin viel mit Alu arbeitet, hat er auch eine klare Vorstellung, wie der Tank am Ende aussehen soll. Doch noch während er am passenden Spritbehälter arbeitet, verkauft er mal ebenso zwischendrin vier Entwürfe desselben, die nun andere Bikes zieren. Letztlich beschließt er fürs eigene Projekt, den Tank mit Finnen zu versehen und ihn zu gießen. Doch zuerst muss er sich eine passende Vorlage bauen. Dafür reicht ihm ein Tank aus dem eigenen Fundus, den er verschmälert und umbaut.
Der Tank wird in zwei Schritten gegossen
Dann folgt die Anprobe am Bike. Marcel will die Linie definieren, die das Benzinfässchen bekommen soll. Danach fertigt er die Finnen aus Holz, nimmt die Radien ab, spachtelt und schleift wie ein Weltmeister in sich immer wiederholenden Prozessen, bis am Ende die endgültige Gussform feststeht. Den Guss muss er aufteilen, da sein Ofen zu klein für die Größe des Tanks ist. Trotz der Teilgüsse erreicht er eine Wandstärke von fünf Millimetern, die die notwendige Stabilität garantieren soll.
»So gesehen war der Alu-Guss tatsächlich der leichtere Teil. Das ewige Spachteln und Anpassen bis zur finalen Form dagegen war eine Höllenarbeit«, erinnert sich Marcel an die Schleif-Tortur. Doch die Mühe ist es wert. Der Tank zieht sofort die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Zwar hat der Spritbehälter nur magere fünf Liter Kapazität, was gerade einmal für knappe 80 Kilometer reicht, doch Marcel ist das egal. Er nimmt die Tankstopps gerne in Kauf.
Harley-Davidson Sportster – trotz schmalem Lenker gut fahrbar
Einen ähnlichen hohen Aufwand betreibt er beim Öltank, dessen Finnen bis ins Innere reichen und somit für einen zusätzlich kühlenden Effekt des fossilen Schmierstoffs sorgen. Leichtere Übungen sind der Heckumbau sowie das neue Frontend samt dem extrem schmalen Lenker. Bedenken bezüglich der Fahrbarkeit wischt Marcel beiseite: »Klar fährt sie sich wackeliger als mit breitem Lenker, doch in Verbindung mit dem 21-Zoll-Vorderrad taugt das ganz gut.«
Der Rest ist für den Techniker einfache Routinearbeit. Darüber hinaus dient die Sportster dann doch noch als Träger für die selbstproduzierten Teile. Luftfilter, Auspuff und Ritzelabdeckung sind allesamt Produkte aus der eigenen Manufaktur. Auf die Bauzeit angesprochen zuckt Marcel aber doch ein wenig zusammen: »Vom Erwerb bis zur Fertigstellung waren es dann doch gut drei Jahre. Wenn ich nur die reine Bauzeit rechne, allerdings weniger als sechs Monate, Pausen inklusive.«
Die Erinnerungen bleiben
Wobei bemerkt sei, dass die Einladung zu einer Bikeshow am Ende wie ein Beschleuniger wirkte und den Abschluss des Projekts befeuerte. Leider wurde es mit der eigenen Teilemanufaktur am Ende doch nichts, Marcel schloss Mindwar-Cycles und ist heute wieder normaler Angestellter. Macht nix, die Erinnerungen an die alten Zeiten bleiben.
Schönes Moped Sportster Old School umbauten sehe ich gerne!!
Gruß Michael
P