Kaichiro Kurosu baut seit mittlerweile über 20 Jahren Motorräder inmitten von Tokio. Mit dieser Harley-Davidson Shovelhead begann einst sein Aufstieg

Sich in der japanischen Szene zu behaupten ist ein schwieriges Unterfangen. All die grandiosen Customizer, die gleichzeitig Künstler sind und von denen jeder seinen unverwechselbaren Stil hat, machen es jedem von ihnen schwer, eine Ausnahmestellung zu erlangen. Große Namen wie Hot Dock, Ken’s Factory, Bratstyle, Asterisk, Sundance, Stoop Motorcycles, Bud Lotus oder Hide lassen uns mit der Zunge schnalzen und jedes Regelwerk vergessen.

Harley-Davidson Shovelhead ohne Regeln

Denn klaren Regeln, denen folgt japanisches Customizing nicht wirklich. Es ist vielmehr ein Gespür für die perfekte Form, die die Customs aus Tokio, Nagoya oder Osaka so besonders macht. Kaichiro Kurosu hat sich mit seiner Cherry’s Company etabliert, vielmehr noch ist ihm der ganz große Wurf gelungen. Mehrmals konnte er den »Best of Show« auf der wichtigsten Bikeshow des Landes und einer der bekanntesten weltweit – der Mooneyes-Show in Yokohama –  einheimsen, ein dickes Ausrufezeichen.

Die edle Ceriani-Grand-Prix-Gabel steckt in hauseigenen Brücken und wird an ihrem oberen Ende von einer Eigenbau-Maske verhüllt

»Lefty Bond« hieß einer der Winner aus Kurosus Werkstatt mitten im Herzen von Tokio. Drei Angestellte hat Kaichiro, Wartung und Service an Harleys gehört genauso zum Geschäft wie das Umbauen. Von wild bis mild, aber immer von Grund auf werden alle Arbeiten inklusive derer am Motor im eigenen Haus erledigt. So auch bei der Harley-Davidson Shovelhead.

Alle Maschinen sind absolut fahrtauglich

Ein Augenmerk liegt dabei standardmäßig auf der Fahrtauglichkeit der zu bauenden Maschine, »Run, Turn and Stop«-Bikes nennt Kaichiro seine Motorräder aus diesem Grund gerne. Dass sie außerdem ästhetischen Ansprüchen genügen, quasi makellos sind, ist für den ehemaligen Kunststudenten eine Selbstverständlichkeit. Für seine »Lefty Bond« entscheidet sich Kurosu für einen Shovel als Basismotor, baut ihn aber von Grund auf neu zusammen.

Auch die Lederarbeiten entstehen in Handarbeit bei Cherry´s Company. Neben dem eigentlichen Sattel sorgen ein Tankcover und ein Höcker für ausreichend Halt auf dem Big Twin

Maßgeschneiderte Ventildeckel, S&S Dualvergaser, die Barnett-Racekupplung und das neue Fünfganggetriebe, das im original Vierganggehäuse arbeitet, sind feine, aufwendige Details. Vorne verzögert die Duplex-Trommel einer BSA, im mächtigen Scheibenrad am Heck arbeitet ein moderner Brembo-Anker. Der Rahmen mit dem starren Heck ist ein kompletter Neubau speziell für die Shovel, behält aber den Rake des Originals bei.

Edle Ceriani-Gabel für die Harley-Davidson Shovelhead

Japantypisch stellt Kurosu die Ceriani-Gabel sehr flach an den Rahmen, erreicht so eine große Portion Gooseneck-Gefühl. Fender und Aluminium-Öltank, Fußrasten, Instrumente und vieles mehr sind außerdem Einzelanfertigungen von Kurosus Team. Der Chef legt dabei Wert auf die Verwendung alter Maschinen und Techniken – so wird zum Beispiel die kleine Cockpitverkleidung in Handarbeit aus Aluminium gedengelt, das englische Rad ist im Dauereinsatz.

Die Faszination liegt im Detail: Sämtliche Halterungen wurden extra für dieses Bike gebaut

Der Sattel ist selbstverständlich handgenäht, genauso wie die unzähligen Kleinteile und Befestigungen extra für »Lefty Bond« gebastelt werden oder Details, wie der mehrfach verwendete Sicherheitsdraht, der die wesentlichen Schrauben am Bike festhält.

Am Ende steht ein polarisierendes Meisterwerk

Fehlt noch eine perfekte Lackierung, die ebenfalls bei Cherry’s Company in tiefdunklem Nadelstreifen-Design aufgetragen wurde. Der bekannte Künstler Tetsu darf lediglich für ein paar Pinstripes an die Shovel. Am Ende steht ein Meisterwerk, durchaus polarisierend, aber gewürdigt von all den großen Customizern auf der Yokohama-Show und geadelt mit dem Titel des Besten der Besten.

 

Weber/Funk