Wenn ein Tätowierer und ein Customizer gemeinsam eine Harley-Davidson Shovelhead bauen, kann das Ergebnis schon mal wild werden
Wir hätten zu gerne Mäuschen gespielt, als Beppo und Thorsten diese Harley ausgeheckt haben. Da ist auf der einen Seite Peter, genannt Beppo, Tätowierer aus Bonn mit den – wie er selbst sagt – kranken Ideen. Auf der anderen Seite Thorsten, Boss von Deathfield Choppers aus Meckenheim, der schon die ein oder andere ziemlich wilde Karre auf die Straße gebracht hat. Und wild, ja, das ist diese Shovel definitiv.
Harley-Davidson Shovelhead – American Lifestyle für den Japan-Fan
Eigentlich war Beppo eingefleischter Fahrer von japanischen Bikes und Harleys gegenüber argwöhnisch. Getraut hat er sich am Ende dann doch in die für ihn neue Materie, als er vor drei Jahren bei seinem Kunden Thorsten ein Basisbike entdeckt, das passen sollte. Die Wiederbelebung der Harley war beschlossene Sache – und Thorsten zuweilen etwas genervt von Beppo. »Ich bin halt immer aktiv, hab immer neue Ideen«, sagt der. «Was haste denn jetzt wieder?«, war Thorstens Standardsatz, wenn neue Pläne seines Tätowierers auf ihn einprasselten.

Dabei klingt zunächst alles ziemlich einfach. »Ich will ein Motorrad, das möglichst wenig nach Motorrad aussieht«, ist Beppos erste Ansage. Thorsten versichert, dass man den Motor schon braucht, aber vieles andere durchaus weglassen kann. Mit dem Strippen von Bikes kennt er sich aus, alles Unnötige fliegt weg. Der Shovelhead bekommt eine Aufwertung mit neuen Kolben, Zündung und Gehäuse. Der neue Tank kommt von Wannabe Choppers, ebenso wie das Rücklicht. Auch andere deutsche Handwerksbetriebe leisten einen Beitrag, Künstlerin Katharina von der Eiche bekommt den Auftrag, den Sattel zu fertigen und zu punzieren.
Die Springergabel ist für die Harley-Davidson Shovelhead ein Muss
Die Springergabel ist ein Muss, sie kommt von W&W aus Würzburg, obendrüber thront der Biltwell-Lenker mit sauberen Armaturen von Kustom Tech und gibt ein bisschen Bonanzarad-Feeling, »durchaus gewollt«, wie Beppo sagt. Unter der Gabel dreht ein 23-Zoll-Vorderrad. Kenner werden wissen, dass das mit Crossreifen gepaart gar nicht mal so ungewöhnlich ist. Hondas XL 500 trug Ende der 70er Jahre 23 Zoll serienmäßig, als alle anderen nur 21 Zoll aufzuweisen hatten.

Freilich hat Thorsten ein paar Probleme, einen passenden Grobstollen-Reifen zu finden, Ware aus China ist hier die Lösung. Beim klassischen 18-Zoll-Hinterrad ist das einfacher, Heidenau hat passende Pneus im Programm. Außerdem spendiert Thorsten im Heck eine kleine Ritzelbremse, optisch schick, Bremswirkung na ja. Auch die Vorderbremse überzeugt Beppo, den Heizer, nicht. Nach unserem Fotoshooting wird umgerüstet, der Sicherheit zuliebe.
Auspuffrohre unterm Sitz
Sicherheitsrelevant ist eine Aupuffanlage zum Glück nicht und so toben sich Beppo und Thorsten hier richtig aus. Die Idee, die Rohre unter dem Sitz und eng an den Fender gepresst nach oben zu legen, kommt von Beppo. Thorsten hat Spaß an der krassen Idee und setzt sie gern um. Probleme bereiten die Tröten im Fahrbetrieb nicht. »Es ist ein bisschen warm am Rücken, manchmal gar nicht so verkehrt«, grinst Beppo.

Zugelassen ist seine Harley übrigens und »alles soll eingetragen sein, da bin ich Spießer«, sagt Beppo. Ob das Bike eine mögliche Polizeikontrolle überstehen würde, ist trotzdem Kaffeesatzleserei. »Ein bisschen Risiko haste immer«, sagt Beppo. Und darauf kann man es gerade bei Herzensangelegenheiten ja durchaus mal ankommen lassen.
Info | dfc-choppers.de | crossmyheart.de
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.