Zweifellos hat der japanische Stil unsere Szene mehr als nur beeinflusst. Eine Harley-Davidson Panhead setzt Akzente.

Zu den Dingen, von denen Fiete nahezu besessen ist, zählt ganz eindeutig der »japanische« Stil, Custombikes zu gestalten. Mit seinem Moon-Racer hat er bereits 2004 für Aufsehen gesorgt und in Folge diverse Harleys aufgebaut, die sich eng an das schlanke Old-School-Design der Söhne Nippons anlehnen. Jetzt war es also wieder an der Zeit, seine Vorstellungen von einem »Yokohama-Bobber« umzusetzen.

Harley-Davidson mit original Starrrahmen

Der Hamburger fand einen originalen Harley-Davidson-Starrrahmen, in den er einen 1600-ccm-S&S-Panhead-Motor einpflanzen wollte. »Dazu mussten die alten Rohre überall mit Knotenblechen verstärkt werden«, zeigt Fiete auf die Heckschleife. »Mein letzter Starrrahmen ist unter dem Drehmoment eines starken V2-Motors regelrecht auseinandergerissen.« Den rund 90 PS starken P-Series-Motor verband er per BDL-Belt mit einem Fünfganggetriebe von CCE.

Tarn-Tacho: Ausschließlich aus der Sicht des Piloten ist das kleine Rundinstrument zu sehen

Eine Sportster-Gabel mit Faltenbälgen einer Kawasaki W 650 nahm ein 21-Zoll-Vorderrad samt Scheibenbremse auf, für hinten fand er ein Gussrad einer 2003er Street Glide, das er mit einem Avon-Speedmaster der Größe 5.00-16 und einer ISR-Ritzelbremse bestückte. »Das Scheibenrad erinnert mich an die alten Muscle-Car-Felgen, vor allem nachdem ich es geglättet, lackiert und die Kanten poliert hatte.« Fiete verschweißte den schmalen Hochlenker mit der Gabelbrücke und integrierte gleich die Aufnahme für den kleinen motogadget-Tacho.

Mid Controls ganz japanlike

Rasten und Fußhebel sollten Midcontrols werden, ganz wie bei den Vorbildern aus Tokio und Hamamatsu. Also montierte er Dyna-Glide-Rasten und schmiedete seine eigenen, sportlich-gelochten Pedale. Den Blech-Benzintank, der in seiner Grundform an ein Sportster-Gefäß erinnert, dengelte ein Freund gertenschlank und mit glattem Unterboden speziell für dieses Projekt.

Kraftquelle: 90 PS leistet der S&S-P-Series-Motor – viel Holz für einen Hardtail-Rahmen

Auch den Horseshoe-Öltank mit ausreichend Raum für eine große Gelbatterie baute der schlossernde Kumpel. Ein wichtiges Gestaltungsmerkmal des hanseatisch-japanischen »Backyard Chop« ist der dosenförmige Auspuff im Military-Look, den Fiete exakt ins Hardtail-Heck des Rahmens einpasste. »Haben wir mit allen Sicken und Nieten selbst gebaut«, der Inhaber einer Malerfirma versteht offensichtlich sein Handwerk.

Mit Bedacht gewählte Details

Auch bei den Anbauteilen bewies Fiete ein gutes Händchen. Das Airhorn am S&S-Vergaser etwa wurde normalerweise für stehende Vergaser an Hot Rods entwickelt. »Du darfst es nicht nach vorne drehen, dann funktioniert es einwandfrei«, erinnert sich der 47-Jährige an erste Abstimmungsversuche.

Strich in der Landschaft: Schlank sollte sie werden, was dem Erbauer zweifellos gelungen ist

Als Zündspulen-Cover fand er einen Ventildeckel eines BMW-Boxers, die gelochte Sissybar ist ein schmucker Eigenbau, das Rücklicht stammt von einem Ford aus den dreißiger Jahren. »Wir haben es mit LEDs bestückt, nachdem immer die Birnen durchgerappelt sind. Das hält und ist extrem hell«. Die glimmernden Bonanzarad-Griffe sind original aus den siebziger Jahren und ein Reisemitbringsel aus den USA.

Harley-Davidson mit versteckter Elektrik

Metalflake-Lack stand bereits bei der ersten Planung fest, »und die Schrauben-Cover finde ich einfach flauschig«, der gut gelaunte Norddeutsche lacht. Eine ordentlich versteckte Elektrik musste schließlich auch noch sein. Fiete greift unten an den Motor: »Der Lenker ist ganz glatt und ohne einen Schalter. Der Anlasserknopf befindet sich zum Beispiel direkt am Starter.« Fiete winkt mich in seine Garage, die vollgepfropft ist mit Devotionalien aus der Hot-Rod-Szene. Rat Fink, Chevy-Rückleuchten, Bonneville-Bücher, Bratstyle-Poster. Irgendwie wie in einem Hinterhof am Rande von Osaka …

 

Dirk Mangartz