Wie ein schwerer Unfall die Sicht auf die Dinge verändert und am Ende gar ein Motorrad wiederbelebt, dazu können David Freston und seine Harley-Davidson Knucklehead eine Geschichte erzählen.
Eigentlich ist dieses Bike ein alter Hut. David Freston, besser bekannt als Chopperdave, hatte es bereits vor mehr als zehn Jahren in seiner ersten Version gebaut. Damals waren Knucklehead-Motoren zwar schon genauso schön wie heute, aber bei weitem nicht so gehyped und teuer. Und da David kein reicher Mann ist, sondern ein geerdeter Bikebuilder, der seine Brötchen mit einem Hauptjob in einem Harleyladen verdient, konnte er sich das Ding seinerzeit gerade so leisten und es im Rahmen eines Custom-Wettbewerbs für das amerikanische Horse-Magazin umbauen.
Harley-Davidson Knucklehead: Loud & Fast ist das Motto
Der Motor war in einem guten Zustand, trotzdem entspricht ein originaler V2 nicht ganz Davids Philosophie eines Custombikes. Er hatte schon immer ein Faible für gemachte Motoren und Rennsport-Settings, »Loud & Fast – nicht umsonst mein Motto«, erzählt er. Und so spendierte er auch dem Knuckle ein paar schöne Gimmicks wie die überarbeiteten Rockerboxen und die Nockenwelle, vernickelte und gekürzte Kipphebel. Allein für den Neubau des Stößelblocks gingen 30 Arbeitsstunden drauf, der befreundete Customizer Jeff Decker hat ihn designt.
Um einen periodisch korrekten 50er-Jahre-Racer zu bauen, entschied sich David außerdem für die Verwendung eines englischen Norton-Getriebes. Dazu ein paar Modifikationen in optischer Hinsicht und die grün-blaue Lackierung, fertig war ein cooler Hocker. »Es war schon damals ein absolut einfach zu fahrendes Motorrad«, sagt David, »sehr leicht, viel Bodenfreiheit, supereinfach im Handling.« David verlor den Biker-Build-Off, aber es war ihm ziemlich egal, »ich hatte es ja vorrangig für mich gebaut.« Ihren Namen bekam die Knuckle aber trotzdem aufgrund des verlorenen Kampfes: »The Lovely Loser – ein bisschen so wie ich«, schmunzelt Dave. Ein Jahr nach dem Aufbau wollte er das Bike verkaufen, bot es überall im Netz an. Keiner wollte es haben. Und so stand die Harley lange in der Werkstattecke, bis diese Sache passierte, die David fast das Leben gekostet hätte.
Nach dem Unfall zum Eisrennen
Eine Frau in einem Auto, die David auf seinem Motorrad die Vorfahrt nahm, sorgte dafür, dass der Lovely Loser seine Reunion feierte. Ein kurzer Moment, der David für mehrere Wochen ins Krankenhaus beförderte, ihn fast sein Bein kostete. Schwierige Brüche an Scheinbein und Wade, ein paar Monate mit OPs, Schmerzen und Krücken. »Es war eine harte Zeit, durch die ich mich dank meiner Frau und meiner Stiefkinder durchkämpfte«, erzählt uns David, »und mehr denn je wollte ich danach wieder Motorrad fahren. Auch die Rennen, die ich so liebte.« David hatte sich dafür ein Ziel auserkoren, die Eisrennen im Februar in Milwaukee. Und weil es so schön zur Story passte, entschied er sich, dafür den Loser in der Werkstattecke wiederzubeleben.
Dann folgte die Bestandsaufnahme,.»Kupplungskorb und Ritzel sollten englisch bleiben, daher verbaute ich ein kleineres Kettenrad, damit ich die Achsübersetzung wieder in den Urzustand bringen konnte. Da das aber wiederum nicht mit der hinteren Trommel, die ich gewählt hatte, passt, habe ich diese auf die rechte Seite des Motorrades verlegt.« Für das Kettenrad auf der linken Seite fertigte Dave einen Adapter, der auf dem Rad über der inneren Sternabdeckung verschraubt ist und »viel besser hält, als ihr vermutet«, erzählt uns der Bikebuilder, »ich habe nämlich genug von Unfällen, ganz sicher.« Vorn verzichtet er chopperlike auf eine Bremse, die beim Racen für ihn sowieso nur unnötiger Ballast wäre.
Harley-Davidson Knucklehead: Chopperdave is back
Den Tank einer Panhead schmälert David, bringt in ihm auch den Öltank unter. Auch hier keine Probleme, viel Benzin brauchst du für den Einsatz im Rennen nicht. Kumpel Arie van Schyndel fertigt einen passenden Lenker, die weit oben liegenden Rennrasten stammen aus Davids eigener kleiner Teilemanufaktur, ebenso wie Riser und Rücklicht. Die Lackierung lässt er auffrischen, die Farben bleiben dieselben wie zehn Jahr zuvor. »Der Rebuild dieser Harley-Davidson Knucklehead war eine Art Therapie nach einer schweren Zeit. Manchmal ist es doch sinnvoll, sich von guten Dingen nicht zu trennen.« Chopperdave is back.
Info | chopperdaves.com
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.