Wie aus einem Retro-Serienbike wie der Harley-Davidson Cross Bones eine moderne Interpretation gelingt … oder: Den Weg mal anders rum gehen
»Der Kunde war schwer angetan von einem aufwändigen Lowrider im Muscle-Look, den wir kurz zuvor für einen seiner Freunde aufgebaut hatten«, berichtet Andy nicht ohne Stolz. »Aber natürlich wollte er keine 1:1-Kopie.« Stattdessen schwebte ihm ein Crossover vor, alles in allem etwas dezenter, aber mit Springer-Frontend und Old-School-Design-Zitaten – eine Kombination, wie sie dieses Jahr zunehmend im Trend liegt. Zugleich wünschte er sich ein gut fahrbares Motorrad, keine Trailer-Queen. Und obendrein sollten natürlich die Kosten halbwegs im Rahmen bleiben.

Keine leichte Aufgabe: Das sind ja schon mehr als drei Wünsche auf einmal. Doch »geht nicht« gibt’s nicht. Der Kölner Harley-Vertragshändler wählte als Basis eine Cross Bones und legte das Bike zunächst im Lenkkopfbereich »optisch« tiefer: Ein flacherer V-Team Lenker statt des Apehangers, dazu den Scheinwerfer gut 30 cm tiefer und damit vor statt über den Lenkkopf gesetzt, und das Motorrad kommt bereits wesentlich kompakter rüber.
Wenn Retro zu New Age wird
Der Fat Bob-Tank mit der wuchtigen, schwarzen Konsole, die die Cross Bones ab Werk spazieren fährt, mussten einer deutlich modernisierten Tanksektion weichen: Über dem Harley-eigenen »Heavy Breather« Luftfilter im Dragster-Look wölbt sich ein geschwungener, länglicher Spritbunker aus dem Hause Thunderbike mit bündig eingelassenem Flugzeug-Tankverschluss, die Geschwindigkeit liest der Fahrer an einem Minitacho an der Gabelbrücke ab. Elegante PM-Spiegel nehmen gekonnt den Schwung der Tanksilhouette auf, und auch die Trittbretter des Originals mussten einer filigranen Fußrastenanlage aus der gleichen Quelle weichen. Ein Übriges tun zahlreiche Details, die für einen wirklich cleanen Look absolut entscheidend sind. Stellvertretend seien etwa die dezenten, von H-D Köln blitzsauber verkabelten Kellermänner angeführt, die hinten dank mehrfarbiger LEDs zugleich die Funktionen von Brems- und Rücklicht übernehmen.

Und wo wir schon mal beim »Modernisieren« sind: Der neue Eigner wünschte sich zeitgemäße Niederquerschnittsreifen auf angesagten TTS Big Spoke Rädern statt der rustikalen Cross Bones Ballonreifen im Vorkriegs-Look. Ein »Drive Side«-Bremssystem in einer Ricks Schwinge samt seitlichem Edelstahl-Kennzeichenhalter sorgen für einen unverbauten Blick auf das Hinterrad. Vergleichsweise zurückhaltende Reifendimensionen von 120/70-21 vorn und 260/40-18 hinten bürgen für ein durchaus Westerwald-taugliches Handling.
Harley-Davidson Cross Bones – auch technisch modernisiert
Der minimalistische Heckfender, ebenso wie das vordere Pendant bei Harley Köln eigens von Hand aus Stahl getrieben, ist starr am Rahmen befestigt – so kann er in der allergrößten Not kurzerhand mit einer Mitfahrgelegenheit bestückt werden. Für die perfekte Synthese aus coolem Look im Stand und adäquatem Federungskomfort während der Fahrt sorgt eine »Airtail«-Luftfederung von Progressive Suspension, die sich in Höhe und Federbasis über einen bordeigenen Mini-Kompressor separat einstellen lässt.

Den Old-School-Look der vormaligen Cross Bones dagegen unterstreichen schwarz beschichtete Motordeckel sowie ein in Mattschwarz gehaltener, getapeter Vance & Hines Krümmer mit verstellbarem Kess-Tech Endtopf. Für angemessen Durchzug schließlich sorgt ein auf 1.690 cm³ aufgestockter TwinCam in Verbindung mit einer passend abgestimmten Einspritzanlage.