Diese Yamaha Virago 125 ist ein Erstlingswerk, wie man es besser kaum bauen kann, und hält dazu noch einen engen Budgetrahmen ein
Wer aus dem Motocross-Sport kommt, liebt es eigentlich dreckig. Fast erstaunlich, dass der erste ernsthafte Umbau des Österreichers Sebastian Schnell so verdammt sauber ist – und verdammt günstig, und verdammt schön. Dabei wollte der mittlerweile 31-Jährige seinerzeit eigentlich nur ein Bike bauen, um auf den Festivals, auf denen er für eine große Getränkefirma arbeitete, zwischen den Locations und Bühnen hin und her zu düsen.
Yamaha Virago 125 – Cooler als ein Tretroller
Klar hätte es dafür auch ein Tretroller getan, aber für einen, der, seit er 16 Jahre alt ist, Motorrad fährt, wäre das wohl doch zu profan gewesen. Und weil Sebastian Moto Cross fährt und Traditionen schätzt, war der Boardtrack-Stil die erste Wahl beim Aufbau seines Event-Moppeds. Übrige Teile hatte er von den Modellwechseln bei seinen Sportmaschinen schon genug rumliegen, »die Räder, die waren eigentlich als Erstes da«, erklärt er.
Da das Budget trotz vorhandenem Material und den geplanten Eigenleistungen klein war, schaute er sich nach einem passenden Antrieb um. »Der Virago-Motor war der einzige, der erstens in den Kostenrahmen passte und zweitens aufgrund seines Neigungswinkels einigermaßen für das Projekt taugte«, erzählt uns Sebastian, der den Motor schließlich für 250 Euro ersteigern konnte. Um den 125er strickte der Mann, der sich das Bauen selbst beigebracht hat, einen stilechten Starrrahmen mit einfachem Unterzug und fertigte eine außergewöhnliche Parallelogramm-Gabel, die an allen Drehpunkten kugelgelagert ist und den Lenkungsdämpfer eines Puch-Mofas beherbergt.
Tankwunder im Eigenbau
Und wer denkt, damit schon das Meisterstück an der »Golden Brown« gesehen zu haben, der irrt. Herzstück des Trackers ist nämlich der selbstgefertigte Tank, der nur im hinteren Teil Benzin beherbergt. Im vorderen dagegen versteckt sich alles, was für ein modernes Motorrad wichtig ist, aber eine saubere Linie nur unnötig stört: Batterie, Zündschloss, CDI, Zündspulen und Relais ducken sich in einen Stahlblechquader, der in einer Gfk-Schale, die die äußere Tankhülle bildet, eingebaut ist. Und damit auch sonst nix baumelt und nervt, sind alle Kabel durch den Rahmen gezogen – meisterhaft!
Wer so viel selbst machen kann, spart natürlich unheimlich Kohle. Die meisten Anbauteile wie zum Beispiel den Brooks-Fahrradsattel, den Cross-Lenker, den Sebastian umgedreht montierte oder den Kart-Vergaser hatte er sowieso in seiner Werkstatt rumliegen. Und weil die Yamaha nicht tüv-konform fährt, brauchte er weder Armaturen, noch Spiegel, Lampen oder Lenker. So ging das meiste Geld für Spachtelmasse, Lack und Kleinteile drauf. Und hätte er den Auspuff nicht mit Hitzeschutzband – in diesem Fall zweckentfremdetes Griffband für Tennisschläger – umwickelt, hätte er die 1000-Euro-Marke als Obergrenze ziemlich exakt eingehalten.
Eine Virago, die heraussticht
So liegt der Brocken minimal drüber … worüber wir angesichts eines famosen Erstlingswerkes nur müde lächeln. Die Premiere seines Bikes feierte Sebastian seinerzeit auf der CUSTOMBIKE-Messe. Seine kleine Virago stach aus der Masse der BigTwins und Boliden wohltuend heraus und der Pokal für den »Rookie of the Year« ging verdient nach Niederösterreich.
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.
Schade das die Hinterradbremse keine Aufmerksamkeit gefunden hat.
Einfach mal genial. Wenn man Zeit und Lust hat ist einfach alles möglich.