Frau Reuter ist am Start, am ersten jeden Monats ist großer Testtag in Kiel. Heute im Programm: Wurststangen und Lötkolben
Es klingelt sturm. Der Doktor von nebenan steht völlig aufgelöst in der Tür: »Ich brauch deine Hilfe … sie is mir runterfallen … guck ma … und nun fehlt da ’ne Ecke und ich find die nich wieder. Hab schon alles abgesucht …« Er hält mir etwas vor die Nase, was aussieht wie eine Computermaus aus dem Ersten Weltkrieg. Es ist eine Mikroskopleuchte, erfahre ich. Der Doktor war mit seinem Sohn in den Feuchtwiesen und hat Wasserproben geholt und nun wollten sie sich die Suppe unter dem Mikroskop ansehen. Und dann macht es plumps und alles ist vorbei. Das ist natürlich Mist, vor allem, wenn das ausgebrochene Stück weg ist. Ich jedoch, der Oberschlaumeier, weiß natürlich Rat. Darum nennt man mich ja auch die Madame Curie der Bastler.
Frau Reuter und die Wurststange
Ich hab seit Jahren so einen Metal-Stick im Anbruch, damit kann man astrein genau solche Schäden beseitigen. Ich hatte mal ein fettes Loch im Alu-Primärkasten, das ich anstandslos damit flicken konnte. Hält bis heute. Das Zeug liegt seit über zehn Jahren hier rum und ich schwöre: Es funktioniert immer noch! Ein ganz frisches Röllchen von diesem Material hab ich mal für euch geknipst, das ist von J-B Weld und chemisch/physikalisch identisch.

Es handelt sich dabei um ein Kunstharz-Metallpulvergemisch in Stangenform, wobei der Härter sich im inneren der »Wurststange« befindet. Man schneidet sich also immer ein Stück ab, knetet es gut durch, damit Härter und Paste sich verbinden, und verarbeitet es dann. Es ist mir ein Rätsel, warum Härter und Knetmasse sich nicht im »Wurstzustand« schon verbinden und aushärten, aber ich mach mir da weiter keinen Kopf. Fakt ist: Das Zeug ist toll!
Für jede Werkzeugtasche
Die kleine Rolle von J-B passt in jede Werkzeugtasche. Mit dem Material kann man wirklich alles flicken, sogar Löcher im Tank. Das hält, haben wir alles schon ausprobiert. Natürlich ist das keine Langzeitlösung, aber es kann einen ganzen Urlaub retten. Die Lampe vom Doktor hab ich abends beim Bier geflickt. Nach einer Stunde kann man das Zeugs schon mit Taschenmesser und Schmirgelleinen zart bearbeiten, am nächsten Tag ist es knallhart durchgetrocknet und verhält sich wie mittelweiches Alu, lässt sich also super verarbeiten.

Der Doktor war am Ende sehr glücklich und hat mich in seine Gebete eingeschlossen, was heutzutage ganz nützlich sein kann. Lackieren muss er die Lampe nun selbst, aber das kann ja jeder. Einmal »pffft« mit schwarzem Autolack und fertig. Der Kram heißt SteelStik, ist von J-B Weld und kostet rund 12 Euro. Es wird behauptet, das Material würde hart wie Stahl werden, wenn es ausgehärtet ist, aber das stimmt definitiv NICHT. Gott sei Dank, finde ich, denn dann ließe es sich deutlich schwieriger bearbeiten. Ich kann ohne dieses Produkt nicht leben, eine ausgezeichnete Erfindung. Hätte von mir sein können …
Töfte Tüllen
Während ich diese Zeilen schreibe, schreitet ja der Frühling in Riesenschritten heran. Zeit, sich um die Elektrik am Motorrad zu kümmern. Die soll nämlich neu! Eines der kleinen Nebenprobleme sind die Kabeldurchführungen am Scheinwerfer. Die sind im Laufe der Jahrzehnte mürbe geworden oder fehlen ganz. Wo bekommt man sowas her? Ich weiß es nun: bei Conrad Electronic. Die Dinger heißen ganz offiziell »Durchführungstüllen« und es gibt sie von HellermannTyton in erstklassiger Qualität.

Weil ich oft und viel mit Lampen und elektrischen Gehäusen zu tun habe, musste ich mir unbedingt einen kleinen Set-Kasten bestellen, in dem eine begrenzte Auswahl enthalten ist. Für meine Hausfrauenansprüche genau das Richtige. Die Kiste kostet rund 30 Euro und wird wohl für den Rest meines Lebens reichen. Die ebenfalls enthaltenen KABELtüllen sind für die meisten von uns völlig uninteressant – schaut also lieber auf die Website von Conrad und sucht selbst die für euch wichtigen Größen raus. Das Material ist wirklich fantastisch und weit besser als die japanischen Serientüllen in modernen Motorrädern.
Man kann sich bei Conrad auf der Produktseite eine PDF-Datei von HellermannTyton runterladen, die eine Tabelle mit allen verfügbaren Größen enthält. Besser geht es nicht! Einzeln liegen die Tüllen bei etwa 15 Cent. Kleiner Preis, klasse Produkt.
Frau Reuter lötet lässig
Und wenn wir schon bei der Elektrik sind, können wir auch gleich übers Löten plaudern. Was wirklich nervt, sind verkeimte Kabel, weil man die nämlich so scheiße verlöten kann. Die wollen einfach kein Lötzinn annehmen. Gerade bei den Amis sehen 20-30 Jahre alte Kabel schlimm aus. Die gammeln scheinbar unter der Isolierung. Bei BMW hab ich das auch schon gesehen – nur zur Ehrenrettung der Harleys. Was macht man, wenn man so einen fauligen Pflunken vor sich hat? Man reinigt ihn.

Oben erwähnte Firma Conrad empfahl mir Lötfett von Stannol und Löthonig, ein bewährtes Hausmittel für den Heimlöter. Ich selbst hab immer normales Flussmittel für Weichlot benutzt – die Dose hab ich seit 40 Jahren. Das Zeug ist zwar ordentlich aggressiv, aber alles, was ich damit verlötet hab, hält immer noch. Im Vergleich können, das sei hier nur kurz gesagt, weder das Lötfett, was übrigens vom Hersteller NICHT für elektrische Geschichten empfohlen wird, noch der schwule Löthonig gegen mein altes Flussmittel anstinken. Flussmittel für Weichlot rules! Gibt’s im Fachhandel, nehmt das, das die Handwerker immer kaufen.

Das Lötzinn von Stannol hingegen, Typ HF 34, ist astrein, das kann ich wärmstens empfehlen. Die Rolle kostet um die 15 Euro. Mittlerweile sind die modernen Lote halogenfrei, also weniger gesundheitsschädlich als noch vor 30 Jahren, und sie entwickeln deutlich weniger Qualm beim Löten. Da lohnt es sich, das alte Lötzinn in die Tonne zu treten und zu ersetzen.

So, und nun lass ich mich vom goldenen Herbst beflügeln und werde der Nachbarin meinen neuen Lötkolben zeigen. Das wird eine Freude!

Frau Reuter
Martin Reuter ist unter seinem Pseudonym »Frau Reuter« inzwischen zweitdienstältester Mitarbeiter der CUSTOMBIKE. Der freischaffende Künstler rezensiert mit spitzer Feder und scharfem Wort Produkte, die seiner Meinung nach etwas Aufmerksamkeit bedürfen. Im wahren Leben ist er als Illustrator, Fotograf und Textautor tätig und spielt ganz nebenbei Bass und Orgel in der zweitschlechtesten Band der Welt. Kulinarisch betrachtet kocht er scharf und trinkt schnell. Als echtes Nordlicht badet er selbstverständlich nur in Salzwasser. Seine Vorlieben sind V8-Motoren und Frauen, die Privatfernsehen verschmähen. Stilecht bewegt er eine 76er Harley, restauriert eine Yamaha SR 500 und bewegt sich politisch korrekt die meiste Zeit mit dem Fahrrad fort.