Frau Reuter testet auch an heißen Sommertagen – diesmal Pannenspray, Montierhilfe und Neues aus dem Ein-Euro-Shop

Mit Köppke stimmt was nich«, sagt Hippie keuchend. Er war gerade in meine Garage gestürzt und blickte besorgt drein, sofern man das durch seine verfilzte Matte erkennen konnte. »Der sitzt auf seiner Bank, hat Mettwurstscheiben auf den Augen und bewegt sich nicht.« Wir sprinten vier Häuser weiter. Tatsächlich, da sitzt der bekloppte Köppke im Schatten. Er stöhnt , als er unser Getrappel hört. »Lasst mich in Ruhe sterben, ihr Vollpfosten … ich hab Kopf und Augen und all so schlimme Sachen.« Na ja, als wir ihn dann wieder etwas aufgerichtet haben , erzählt er uns die Geschichte vom Vorabend, wo er mit der welken Elke um die Wette gesoffen hat und sie hat wohl gewonnen und wollte ihn abschleppen und Burkard hat ihn aus ihren Fängen gerettet und überhaupt. Ich erspar euch die Details. 

Freu Reuter und die Mettwurst in Melonenform

Die oben erwähnten Mettwurstscheiben sind allerdings einen genauen Blick wert, denn in Wirklichkeit handelt es sich hierbei um eine Kühlbrille in Form von zwei Melonenscheiben aus gelgefülltem Kunststoff. Köppke hatte die mal in weiser Voraussicht im Ein-Euro-Laden gekauft. Einmal Melone und einmal Kiwi. Stück ein Euro. Mal ganz im Ernst: Das ist nach einer schlimmen Nacht wirklich praktisch, immerhin hat man dann nicht diese zersoffenen Matschaugen, an denen man jeden Quartalssäufer zehn Meter gegen den Wind erkennt.

Kiwi gefällig? Nach größeren Festivitäten und zunächst harmlosen Trinkspielen hat sich die Kühlbrille bestens bewährt

Für Köppke also genau das Richtige. Für mich, die Frau Reuter, die am Wochenende eine heitere Seefahrt mit Fischbrötchen und Aquavit plant, sicherlich auch. Die Dinger werden einfach im Gefrierfach gelagert und bei Bedarf auf die Augen gelegt. Falls euch das zu kalt ist, könnt ihr ein nasses Taschentuch dazwischenpacken, dann gefrieren die Augenlider nicht so leicht. Gibts überall, mehr als einen Euro würd ich aber dafür auch nicht ausgeben.

Frau Reuter und das beste Pannenspray

Nicht viel teurer ist das Pannenspray, das sich mein Sohn für seine Dänemark-Fahrt gekauft hat. Ich fahre NIEMALS auf eine längere Tour, ohne so ein Spray einzupacken. Weil ich nämlich meine Reifen nicht am Straßenrand flicken kann. Mein Freund Mufti ist mit einem solcherart geflickten Reifen aus Litauen nach Kiel zurückgefahren. Immer brav mit 70 Sachen, aber heilen Fußes und bei bester Laune. Damals hatten diese Sprays noch ein Metallgewinde am Ventilstutzen, nun ist das Ding aus Kunststoff und muss entsprechend aufmerksam aufgeschraubt werden. In jedem Fall gilt: Das Rad sollte frei drehbar sein, wenn das Spray eingefüllt wird.

Niemals ohne auf die lange Reise: Pannenspray schützt vor Urlaubsfrust

Nach dem Abschrauben des Stutzens lässt man das Rad eine Weile schön rotieren, damit die Flickflüssigkeit sich gut im Reifen verteilen kann. Nur zur Not könnt ihr den Kram bei belastetem Rad anwenden. Und dann solltet ihr sofort einige leise Runden drehen, ebenfalls zur Verteilung der Flüssigkeit. Dieses Zeug ist jeden Pfennig wert. Wenn euch der Reifen in der hintersten Tundra kaputt geht, würdet ihr gerne 100 Euro für diese Dose ausgeben, ich schwör´s!

Montierhebel

Ganz nah am Thema sind wir mit diesen Montierhebeln von Gedore, die sich schon in meiner Aussteuertruhe befanden, als ich noch eine bettnässende Teppichratte war. Bis zu einer bestimmten Reifengröße kann man ja eigenhändig den Schlauch von der Felge zwängen. Da damals ein 4“-Reifen das Maß aller Dinge war, gehörten diese Hebel also zum Alltag wie Salz und Pfeffer. Die 50er-Krachkiste von meinem Sohn gibt diesen Montierhebeln also wieder ein Betätigungsfeld, und tatsächlich haben wir letzte Woche beide Reifen von der verkackten Motobecane gewechselt.

Reifen selbst aufziehen? Mit den richtigen Montierhebeln durchaus möglich

Dank dieser Hebel ganz stressfrei. Fachleute behaupten, man brauche nur zwei Hebel, ich benötige erfahrungsgemäß DREI und freue mich, dass der dritte im Bunde etwas kleiner ist, nämlich ein 8“-Hebel. Der ist schön handlich und steht am Ende der erfolgreichen Montage als stiller Held da. Diese Eisen aus der »Gedore Serie 38« kosten 15 Euro, der kleine 8-Zöller liegt bei 11 Euro. Sowas kauft man einmal im Leben und nimmt es am Ende mit ins Grab oder vererbt es weiter.

Frau Reuter mit Stethoskop und Brillenlupe

So. Und zum Schluss hab ich wieder was Heiteres anzubieten: Da wäre zunächst mal das Mechaniker-Stethoskop von Louis für schlappe 10 Euro. Damit kann man nicht nur bei Milchkühen das Herannahen der Geburt kontrollieren, sondern auch seinen Motor abhorchen. Louis schreibt zu diesem Artikel ganz optimistisch, dass man damit Motorschäden auf akustischem Wege früh erkennen kann, was aber so einfach nicht ist. Wenn man nämlich das Teil mal an eine gut eingestellte, astrein laufende Ducati hält, tippt man sofort auf einen kapitalen Motorschaden. Die Geräusche von all den Wellen und Zahnrädern sind für einen Laien oder Gelegenheitsbastler schlicht erschütternd. Hier will Hören gelernt sein! Wollt ihr also an eurer XT 500 ein wenig nach Fehlern lauschen, probiert es erst mal an einer, die wirklich gut in Schuss ist. Erst dann habt ihr den Hauch einer Chance, etwaige untypische Geräusche bei einer ausgelutschten Kiste herauszufiltern. Klar: Bei Hydrostößeln ist es prima, die hört jeder Idiot und mit dem Stethoskop lässt sich astrein der Bösewicht lokalisieren. Aber andererseits: Wer wechselt nur eine Hydraulik? Ich mach dann immer alle vier neu und bin auf der sicheren Seite.

Das Lokalisieren kranker Motorgeräusche ist auch mit einem Stethoskop schwierig. Aber hey, es eignet sich perfekt für Doktorspiele …

Wie dem auch sei: Für das Geld kann man mit dem Stethoskop jede Menge Spaß haben. Es ist leicht zerlegbar und praktisch nicht kaputt zu kriegen. Auf alle Fälle bietet es sich als Partygeschenk für angehende Veterinäre an. Und da wir schon mal beim Erforschen von kleinen Dingen sind: Diese Lupenbrille aus russischer Fertigung brauche ich mittlerweile immer öfter. Ob zum Überprüfen eines Gewindes oder beim Absuchen nach Haarrissen – diese Brillenlupen sind toll. Bei ebay gibt es so was ab drei bis vier Euro, man kann bis zu 400 Euro für eine Qualitätsversion ausgeben. Der alte Russe hier hat mal 10 Mark auf dem Flohmarkt gekostet und rettet mich regelmäßig aus der grauen Welt der Blindheit. Hätte die welke Elke das Ding aufgehabt, wäre sie niemals auf die Idee gekommen, Köppke abzuschleppen. Bei dem Gedanke geh ich jetzt erst mal ’ne Runde kotzen, mit Verlaub.

Es grüßt mit sommerlicher Heiterkeit, Eure Frau Reuter

Frau Reuter
Frau Reuter bei CUSTOMBIKE

Martin Reuter ist unter seinem Pseudonym »Frau Reuter« inzwischen zweitdienstältester Mitarbeiter der CUSTOMBIKE. Der freischaffende Künstler rezensiert mit spitzer Feder und scharfem Wort Produkte, die seiner Meinung nach etwas Aufmerksamkeit bedürfen. Im wahren Leben ist er als Illustrator, Fotograf und Textautor tätig und spielt ganz nebenbei Bass und Orgel in der zweitschlechtesten Band der Welt. Kulinarisch betrachtet kocht er scharf und trinkt schnell. Als echtes Nordlicht badet er selbstverständlich nur in Salzwasser. Seine Vorlieben sind V8-Motoren und Frauen, die Privatfernsehen verschmähen. Stilecht bewegt er eine 76er Harley, restauriert eine Yamaha SR 500 und bewegt sich politisch korrekt die meiste Zeit mit dem Fahrrad fort.