Heute testet unsere Frau Reuter: Eine Lederjacke und eine Trockenbohrkrone fürs hobbymäßige Auspuff-Tuning
So ist das mit Testberichten, wenn sie ehrlich sind: Der Test einer Sommerjacke erscheint im Winter. Geht ja nicht anders. Schließlich wird die Jacke ja im Sommer getestet. Doch alles der Reihe nach. Erst mal guten Tag. Mir ist das diesen Sommer ganz schön auf die Nüsse gegangen, immer meine fette Lederjacke oder die ölige Wachsjacke zu tragen. Bei freundlicher Witterung waren mir zumindest auf Kurzstrecken beide zu warm. Und wer mich, Frau Reuter, kennt – und das sind ja die meisten von euch – weiß, dass ich mich unverzüglich auf die Suche mache, um ein solches Problem zu beheben. Ist aber gar nicht so einfach.
Frau Reuter nahm noch einen Schluck Sechsämter und schnappte sich das Telefon
Diesmal war es mein Freund Krautwurst, der bei einem Mettbrötchen und einer abgelaufenen Flasche Sechsämtertropfen aus dem Nesthäkchen – pardon – Nähkästchen plauderte und mich praktisch mit der mettverschmierten Nase auf den Katalog von W&W stieß: Die ham da ‘ne braune Jacke auf Schdoff, die müffte ganf gut wein, iff vonn Wennwen. So sprach er mit vollem Mund und ich verstand. ‘Ne Jacke aus Stoff von Vanson. Ich nahm also noch einen beherzten Schluck Sechsämter, schüttelte mich wohlig und schnappte mir das Telefon. Herr W&W, vertreten durch Mitarbeiter Paul, hat seine Hausaufgaben gemacht. Wenige Minuten später wusste ich, dass genau diese Jacke DAS ist, was ich lange suchte. So versprach er es.
Probetragen und üble Kritiken
Keine Woche später trudelt die Jacke bei mir ein. »Vanson Trophy« heißt das gute Stück. Erstes Probetragen am Samstagmorgen, mit langen Unterhosen und Hüttenschuhen. Mein Sohn: Die sieht ja schwul aus. Meine Frau: Wo willst du denn hin? In die Disco? Mit der Hose? Am Vormittag? Das erste Fazit fällt ernüchternd aus: Die Jacke sieht viel zu schick aus. Der hellbeige Stoff ist jungfernhaft zart geflaumt, es fehlen nur noch die Bügelfalten. Ich gebe zu, ich bin verunsichert. Ich lass die Jacke erst mal liegen.

Am Montagmorgen der Anruf bei W&W, ob ich die Testjacke mal etwas einsauen darf. Paul: Du kannst mit der Jacke machen, was du willst, aber ich will sehen, wie sie danach aussieht. Na, dann man los, denke ich mir. Beim Chopper muss der Ölfilter gewechselt werden, das ist jedes Mal ‘ne riesige Sauerei. Ich trage die Jacke also zwei Wochen lang in der Werkstatt, bevor ich damit in die Öffentlichkeit gehe. In dieser Zeit hat sie sämtliche Motoren- und Körperflüssigkeiten gesehen, die denkbar sind. Inklusive Kaltgetränkespuren und Bodensedimenten. Und ich sage euch: Die Behandlung hat sich gelohnt! Durch das fleißige Tragen hat sie prima Tragefalten bekommen, der Stoff ist an vielen Stellen geglättet. Das leicht geölte Material – es handelt sich um 14 Unzen Baumwolle – soll sogar bedingt regendicht sein. Das Wort »bedingt« macht mich etwas unruhig, aber erste Ausfahrten bei warmem Nieselregen lassen mich entspannen: Das geht.
Wachsjacke für Wurstkörper
Für schlimmere Platzregen hole ich mein altes Flüssigwachs von Belstaff aus dem Schrank, mit dem man eigentlich die Wachsjacken nachimprägniert. Die Vanson Tophy nimmt das dankbar an. Beinahe zu dankbar, der Stoff wird deutlich dunkler, was sich nach einigen Tagen jedoch wieder gibt. So kann ich sämtliche Nähte schön abdichten und die wichtigsten Stellen, auf die während der Fahrt der Regen prasseln könnte, mit Wachs einpinseln. Nach weiteren zwei Wochen ist es geschehen: Die Jacke ist perfekt. Sie sieht aus, als wären wir gemeinsam über die Golanhöhen gekrochen. Sie hat sich meinem Wurstkörper angepasst und riecht, als hätte sie einer Elefantenherde als Gemeinschaftswindel gedient. Durch die Falten und den speckigen Stoff beeindruckt, kann sich auch meine Frau zu einer wohlwollenden Bemerkung hinreißen lassen: »Nicht schlecht. Du bist und bleibst eine alte Sau.« Und mit so viel Lob im Huckepack rufe ich bei Paul von W&W an und sage ihm, dass ich die Jacke jetzt ganz doll lieb hab und sie nicht wieder hergeben mag. Pauls Antwort lasse ich hier mal unerwähnt, aber wir sind nun fast Freunde.

Die wichtigsten Details der Jacke sollen hier nicht unerwähnt bleiben: Diese leicht gefütterte Jacke ist also aus recht festem Wachs-Baumwollstoff gefertigt. Vanson lässt sich da nicht lumpen: Alle Erfahrung aus dem Lederjackenbau ist natürlich auch in die Trophy geflossen. Hier werden nur erstklassige Reißverschlüsse verwendet, alle Nähte sind anständig ausgeführt. Die Innentasche ist für eine ausgewachsene Bierdose etwas zu klein, erfüllt aber alle anderen Zwecke sehr gut. Für ein, zwei frittierte Goldhamster als Zwischenmahlzeit genügt es allemal. Die beiden Außentaschen sind angenehm tief, die Reißverschlüsse werden nach UNTEN hin geschlossen, so dass sie nicht versehentlich aufrutschen können.
Frau Reuter und die zweite Haut
Jede Jacke hat eine Seriennummer und einen ledernen Schlüsselanhänger mit derselben Nummer, für die man sich natürlich im echten Leben nix kaufen kann. Die Jacke verwandelt sich in kurzer Zeit zu einer zweiten Haut. Der Mangel an warmer Fütterung macht sie durchaus alltagstauglich, weil man sie auch auf Hochzeiten, Beschneidungszeremonien und Banküberfällen tragen kann, ohne sich zu Tode zu schwitzen. Es ist lediglich leichter Futterstoff verwendet worden, damit das Wachszeugs nicht direkt mit den Klamotten darunter in Kontakt kommt. Schultern und Arme sind dezent abgepolstert. Die Jacke ist schön winddicht und flattert nicht bei zügiger Fahrweise.

Ich bin sie bis in den Oktober hinein gefahren, nun ist langsam wieder die Lederjoppe angesagt. Ältere Herren, die unter unterkühlten Schultern neigen, werden sie sogar beim Geschlechtsverkehr tragen. Mein persönliches Fazit: Die Vanson Trophy ist schlicht die beste Sommerjacke, die mir je untergekommen ist. Ausreichend groß gewählt, lässt sich eine Fleecejacke unterziehen – dann ist das gute Stück sogar für drei Jahreszeiten tauglich. Ihr seht mich zu recht höchst euphoriert oder wie das heißt. Nicht ganz unwichtig: Der Preis ist mit 429 Euro wahrlich kein Schnäppchen, aber die Jacke ist es wert, ich schwöre es!
Die Trockenbohrkrone – Alleine der Name verspricht Spaß
Ebenfalls eine große Freude war die Trockenbohrkrone. Alleine der Name verspricht Spaß. Folgendes Problem: In meinen Auspufftüten befindet sich ein Katalysator, den ich gar nicht brauche. Eine Unart der Motorradhersteller, sowas zu verbauen. Damit nicht genug: In meinem Fall verwendet der Hersteller auch noch Metallkatalysatoren, die man – im Gegensatz zu Keramik-Kats nicht mal so eben herausprökeln kann. Diese Blechdinger sind echt zäh und widerspenstig. Ich weiß: Das Entfernen des Kats lässt die Betriebserlaubnis erlöschen, aber ich fahre das Fahrzeug ja nur im Garten. So wie die meisten von euch. Mein Katalysator saß in 13 cm Tiefe in den hintersten Katakomben der Auspufftüte. Sozusagen im Mastdarm des Abgastraktes. Ich schreibe bewusst »saß«, denn nun ist er weg.

Zu verdanken habe ich das dieser herrlichen, schön langen Trockenbohrkrone, die eigentlich für Mauerwerk gedacht ist. Da ich Mauern genauso scheiße finde wie Kats, hab ich mir gedacht, dass das Ding auch in meinem Auspuff funktionieren könnte. Es funktioniert! Mit einer guten Handbohrmaschine, einem Bier und zwei Zigarettenpausen komme ich dem Kat an den Kragen. Ausreichend geschmiert fräst sich die Bohrkrone erbarmungslos in den Kat, bis die Bahn frei ist für weitere verbotene Manipulationen. Das ganze Gefräse hat echt bestimmt 30 Minuten gedauert. Weil ich zum einen nix in den Muscheln habe und zum anderen meine Bohrmaschine bei dem Geacker ziemlich heiß geworden ist. Ich musste also kleine Zwangspausen einlegen.
Teuer, aber gut
Falls ihr ebenfalls gerne im Garten spazieren fahrt und ein Kat euch die Suppe versalzt, braucht ihr also eine Bohrkrone und eine Bohrkronenaufnahme. Beide hier abgebildeten Teile sind von Starrett. Die Bohrkrone gibt es in unterschiedlichen Größen. Wir bewegen uns mit ihr knallhart in Richtung »Sektion von Schalldämpferanlagen«. Die Krone kostet zwar ein paar Euro mehr, allerdings ist es auch die einzige Möglichkeit, so ein mistiges Blechteil mit Würde aus der Tüte zu entfernen.

Vielleicht sollten wir eine Genossenschaft gründen und solche Dinge einfach nach Bedarf rumreichen. Allerdings würde dann unser Bruttosozialprodukt sinken. Um das auszugleichen, müssten wir wieder Geld für andere Dinge ausgeben. Zum Beispiel für Sechsämtertropfen oder Eierlikör oder Kieler Sprotten. Apropos Eierlikör: Mein Eisenwarenhändler Herr Schoppe hat jetzt seinen Sohn ins Geschäft geschmuggelt. Als Fachverkäufer getarnt. Da kommen also noch ein paar brandheiße Geschichten auf uns zu. Aber erst mal muss er die Eierlikörtaufe bestehen, davon berichte ich dann das nächste Mal. Das wird ein Fest für Frau Reuter, ich sach es euch! Beide Produkte sind von Starret und im gut sortierten Fachhandel zu erwerben. Schoppe Junior z. B. hat’s in Papis Sortiment. Telefon: 0431-8 8802-0. Der wird sich freuen, wenn ihr ihn anruft. Denkt daran, vorher eure Tüten auszumessen, damit ihr wisst, welche Länge und welchen Durchmesser das Teil haben muss. In Zukunft werden diese Dinger und die unsäglichen Einspritzanlagen unseren Schrauberalltag bereichern, ich fürchte es jetzt schon.
Es grüßt, eure Frau Reuter!


Frau Reuter
Martin Reuter ist unter seinem Pseudonym »Frau Reuter« inzwischen zweitdienstältester Mitarbeiter der CUSTOMBIKE. Der freischaffende Künstler rezensiert mit spitzer Feder und scharfem Wort Produkte, die seiner Meinung nach etwas Aufmerksamkeit bedürfen. Im wahren Leben ist er als Illustrator, Fotograf und Textautor tätig und spielt ganz nebenbei Bass und Orgel in der zweitschlechtesten Band der Welt. Kulinarisch betrachtet kocht er scharf und trinkt schnell. Als echtes Nordlicht badet er selbstverständlich nur in Salzwasser. Seine Vorlieben sind V8-Motoren und Frauen, die Privatfernsehen verschmähen. Stilecht bewegt er eine 76er Harley, restauriert eine Yamaha SR 500 und bewegt sich politisch korrekt die meiste Zeit mit dem Fahrrad fort.