Langsam wird es Herbst, aber Frau Reuter testet munter weiter. Heute im Programm: Drehmomentschlüssel und eine neue Pumpe
Zwei Dinge haben mich in der letzten Zeit extrem genervt. Zum einen war mir mein Reifenaufpumper kaputtgegangen. So nenne ich das Teil, das an meinem Kompressor dran ist, womit ich die Reifen der ganzen Familie, soweit sie denn ein Autoventil haben, aufpumpe. Dabei handelte es sich um eine billige Pumpe, die einem Kompressor-Set von Güde beilag. Ich schrieb einst darüber. Jedenfalls ist dieses Ding plötzlich kaputt gewesen, genauer gesagt die Druckanzeige. Ohne die kann man bekanntlich nicht mehr ablesen, ob der Reifendruck nun stimmt oder nicht. Sicherlich kann man so einen Druckmesser im Zubehörladen nachkaufen, aber mir fällt gerade nicht ein, wo ich mit der Suche beginnen sollte. Also hab ich letztens, als ich bei Schoppe war, um die allgemeine Arbeitsmoral der Angestellten zu kontrollieren, mal nachgefragt, ob die so ’n Reifenaufpumpmichel haben. Und siehe da: Sie hatten.
Frau Reuter pumpt besser
Diesmal sollte es etwas qualitativ Hochwertigeres sein, und der hier vorgestellte Apparat tut wenigstens so, als sei er von guter Qualität. Jedenfalls wird er von der Firma Riegler vertrieben. Den einst so stolzen Aufdruck »Made in Germany« sucht man vergebens, aber die Verarbeitung des Gerätes ist durchweg zufriedenstellend. Offiziell heißt dieses Gerät zum Aufpumpen von Reifen und zur Kontrolle des Reifendrucks »Handreifenfüllmesser«. Das hier vorgestellte Teil macht einen deutlich besseren Gesamteindruck als meine mittlerweile geschrottete Billigvariante. Die Zeiten haben sich geändert – früher waren Zifferblätter noch geschraubt, die Gehäuse des Messgerätes waren mindestens aus Blech und das Schutzgummi war echtes Gummi, das mehrere Jahrzehnte halten konnte. Ein Langzeittest erwartet euch hier nicht, weil ich das Mistding ja erst seit drei Wochen habe.
Solider Anschlussnippel
Am schlimmsten finde ich – auch an Tankstellen und deren Luftspendern – diese bekackten Anschlussnippel, die am Ventil fest gemacht werden müssen. Die sollten im Idealfall DICHT halten. Das ist auch bei unserem Handreifenfüllmesser nicht zu hundert Prozent gegeben. Ich muss jedes mal den Nippel so ausrichten, dass er dichthält und keine Luft aus dem Reifen lässt. Irgendwann hängt er gut am Ventil und das Aufpumpen des Reifens geht problemlos vonstatten. Gott sei Dank kann man bei am Fahrzeug verbauten Rädern mit einer Hand die Pumpe betätigen und mit der anderen Hand den Nippel am Ventil fixieren. Heute Morgen hatte ich aber ein ausgebautes Rad mit Kettenblatt und Bremsscheibe am Wickel, das eierte ganz schön auf der Werkbank rum, als ich den Nippel in Position halten wollte. Dennoch: Der Anschlussnippel mach einen soliden Eindruck und wird ein paar Jahre halten. Das Schlauchende zum Handgriff ist mit einem O-Ring am Gewindeende versehen. Die Verschraubung ist auch ohne Einsatz von Teflonband perfekt dicht.
Die Messskala ist für meine Verhältnisse etwas überzogen. Sie geht bis zwölf Bar. So viel Druck hab ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Schöner wäre ein Bereich bis etwa sechs Bar, dann könnte man mit einem Adapter sogar Rennradräder aufblasen. Und die Skala ließe sich besser auf dem Zifferblatt verteilen, was der Ablesbarkeit zugute käme. Fürs Motorrad brauche ich nie mehr als 2,5 Bar. Wenn ich mit dem Autoreifen am Hinterrad unterwegs bin, sind es sogar nur 0,9 Bar, damit es mir nicht die Eingeweide zerreißt. Macht alles nichts, das Gerät funktioniert einwandfrei und wird mich erst mal ein paar Jahre über Wasser halten.
Wer im Fachhandel kauft, darf auch meckern
Und weil ich im Fachgeschäft eingekauft habe, kann ich den Prügel im Falle eines Defektes ja jederzeit auf den Tresen packen und mit unflätigsten Vokabeln um Ersatz bitten. Diese Pumpe kostet im Fachhandel stolze 52,47 Euro. Kein Witz. Wer den richtigen Reifendruck auf der Pelle haben will, bezahlt das gern. Wer die Baumarktversion für fünfzehn Euro kauft, weiß ja, worauf er sich einlässt. Der Handreifenfüllmesser von Riegler hat die Artikelnummer 39.103. Bei Riegler gäbe es auch einen Druckanzeiger mit Metallgehäuse, hab ich gerade gesehen. Schaut also ruhig mal bei Riegler vorbei. Was die da alles haben … unglaublich.
Frau Reuter in den Wechseljahren
Die zweite Sache, die mir auf die Eier gegangen ist, war meine plötzliche Pingeligkeit. Auf einmal komme ich auf die Idee, alle Schrauben an meiner SR genau nach vorgeschriebenem Drehmomentwert anzuziehen. Sind das die Wechseljahre? Die letzten vierzig Jahre hab ich das immer frei nach Schnauze gemacht. Aber nun, wo ich sehe, was für ein Uhrwerk so ein Yamaha-Motor ist, will ich mir auch Mühe geben und alles richtig machen.
Ich habe bereits einen sehr tollen Drehmomentschlüssel von Hazet, den nutze ich für die Schrauben und Muttern ab M8. Nun finde ich in dem Japsen-Motor aber auch reichlich M6 vor – auch die Gehäuseschrauben sind durchgehend M6. Also hab ich dem Schoppe, als ich die Reifenpumpenmessgerätschaft gekauft habe, gleich einen klitzekleinen Drehmomentschlüssel für die kleinen M5- und M6-Schraubengrößen aus dem Arsch geleiert. Weil ich ein vorsichtiger Mensch bin, habe ich mich mit dem recht günstigen Proxxon-MicroClick-Drehmomentschlüssel begnügt. Der kostet nur ein Drittel von dem, was für das Pendant von Hazet aufgerufen wird. Der Schlüssel ist tatsächlich auf eine Toleranz von vier Prozent geprüft, was für uns Garagenschrauber mehr als ausreichend ist. Wenn man mal von der schon seit Jahren dumm auffallenden Farbe (Olivgrün und Durchfallbeige) bei Proxxon-Artikeln absieht, bekommt man ein einwandfrei arbeitendes Instrument für sein Geld – rund fünfzig Euro werden dafür aufgerufen.
Zwei Jahre Garantie
Zum Einstellen zieht man einfach das geriffelte Ende nach hinten, erst dann lässt sich der Griff verdrehen. Auf der weiter vorn liegenden Skala kann man wunderbar das eingestellte Drehmoment ablesen, natürlich nur grob, von drei bis fünfzehn Newtonmeter. Die Feinskala ist direkt auf den Griff gedruckt, und zwar nicht einfach aufs Plastik drauf, sondern vertieft, sodass die Zahlen nicht im Laufe der Jahre abgegriffelt werden. Der 1/4 Zoll-Vierkant nimmt natürlich alle Nüsse aus unseren Viertelzoll-Knarrenkästen auf. Die beiliegende Bitaufnahme ist für Torx- und Innensechskant-Bits gedacht. Das Ganze ist untergebracht in einem ebenso hässlichen wie nahezu unzerstörbaren Plastik-Case, eine mehr als umfangreiche Bedienungsanleitung liegt bei. Proxxon gewährt zwei Jahre Garantie – auch bei professioneller beziehungsweise gewerblicher Nutzung.
Das zarte Knack
Der Drehmomentschlüssel ist und bleibt letzten Endes ein Präzisionsinstrument und ist weder zum Rein- noch zum Abschrauben gedacht. Diesen Job überlässt man lieber seinem Ratschenschlüssel. Lediglich die letzten ein bis zwei Umdrehungen werden mit dem Drehmomentschlüssel gemacht, bis es zart »Knack« macht. Fertig. Schrauben ist auch mit SO einem Schlüssel reine Gefühlssache. Darum sind wir Pissnelken ja in Wirklichkeit so unglaublich sensibel. Wenn ihr für die meisten Fälle gerüstet sein wollt, nehmt ihr den MicroClick 60 dazu, der reicht von 12 bis 60 Nm und hat einen 3/8 Zoll Antrieb. Kostet knapp über 50 Euro.
Beide Schlüssel zusammen liegen immer noch unter dem Preis eines einzelnen Hazet-Drehmomentschlüssels. Wenn ihr also Geld scheißen könnt, ist die Sache klar: Hazet. Was Besseres könnt ihr eurer Maschine nicht antun. Wenn ihr sparsam haushalten wollt, nehmt Proxxon. Mein allererster Knarrenkasten ist ebenfalls von Proxxon. Den benutzt mein Sohn heute noch. Und das will was heißen …
So, ihr Lieben, ich muss raus und Blätter fegen, sonst steigt mir die echte Frau Reuter aufs Dach.
Es grüßt Tante Martin
Frau Reuter
Martin Reuter ist unter seinem Pseudonym »Frau Reuter« inzwischen zweitdienstältester Mitarbeiter der CUSTOMBIKE. Der freischaffende Künstler rezensiert mit spitzer Feder und scharfem Wort Produkte, die seiner Meinung nach etwas Aufmerksamkeit bedürfen. Im wahren Leben ist er als Illustrator, Fotograf und Textautor tätig und spielt ganz nebenbei Bass und Orgel in der zweitschlechtesten Band der Welt. Kulinarisch betrachtet kocht er scharf und trinkt schnell. Als echtes Nordlicht badet er selbstverständlich nur in Salzwasser. Seine Vorlieben sind V8-Motoren und Frauen, die Privatfernsehen verschmähen. Stilecht bewegt er eine 76er Harley, restauriert eine Yamaha SR 500 und bewegt sich politisch korrekt die meiste Zeit mit dem Fahrrad fort.