Es ist nicht auszuhalten. Mein Freund Hippie hat schon wieder ’ne neue Freundin. Liesbert. Eigentlich heißt sie Liesbeth, aber Köppke und ich nennen sie Liesbert und sie lässt uns gewähren.
Es war nämlich so, dass Hippie Liesbert auf einer Party kennengelernt hat. Kennengelernt ist die falsche Ausdrucksweise, er hat erstmal eine gescheuert gekriegt. Er hatte schon einige Biere intus und war von ihrem nicht zu übersehenden Hintern dermaßen beeindruckt, dass ihm nichts besseres einfiel, als zu ihr zu gehen, sich brav vorzustellen und ihr mitzuteilen, das sie ja wohl den Arsch des Abends hätte. Daraufhin hat er sich eine eingefangen.
Liesbert und die Maurerwatsche
So ’ne richtige Maurerwatsche hat sie ihm verpasst. Köppke hatte das mitgekriegt und sprang schon in Position, weil er auf eine Saalschlacht hoffte, aber als er sah, dass lediglich ein Mädel unseren Hippie züchtigt, ist er wieder in sich zusammengesunken. Hippie hat sich jedenfalls im Laufe des Abends bei Liesbeth entschuldigt und kurze Zeit später sind sie verschwunden und wurden erst am nächsten Tag wieder gesehen, als sie mit Kuchen bei uns in der Werkstatt eintrudelten. »Wir sind jetzt ein Paar«, fein. Und seit der Geschichte mit der Maurerwatsche heißt Liesbeth eben Liesbert. Drei Tage später ist sie bei Burkhart inner Kneipe auf ihren Lackpömps vom Sperrmüll umgeknickt, hat sich am fetten Türvorhang festgekrallt, um nicht zu stürzen, und hat den gesamten Vorhang abgerissen. Dann hat sie sich bei Burkhart beschwert, was das denn für ein beschissener Vorhang sei, ein professioneller Türvorhang müsse doch wohl ein besoffenes Mädel tragen können. Seitdem hat sie unseren vollen Respekt und steht noch über Frau Kleinfeld auf der nach oben offenen Rangliste für erstklassige Frauen.
Salamander aus dem Ofen
Wo Licht ist, ist auch Schatten. Liesbert ist ganz reizend und auch sehr geschickt in handwerklichen Dingen. Allerdings ist sie akademisch im Bereich der Biologie zuhause, und es ist eines ihrer Steckenpferde, kleine Kriechtiere aus FIMO zu basteln. Die sehen dann auch richtig gut aus und die verschenkt sie dann und alle sind beeindruckt. All das ist ja kein Problem. Nun will sie aber auch gerne hier bei Hippie irgendwelche Molche kneten. Und ihr Vorschlag war, die fertigen Viecher vielleicht bei Frau Kleinfeld nebenan im Ofen zu härten. Aber Frau Kleinfeld hat dankend abgelehnt, sie will keinen Plastikkram im Ofen haben, da kommen nur Kuchen oder Fleisch rein, sagt sie.

Hippie und Köppke haben in ihrer Gemeinschaftsküche keinen Ofen, nur zwei Herdplatten. »Dann können wir doch mal im Elektromarkt gucken und so’n kleinen Oma-Ofen kaufen. Die sind billig und da kann man alles mit machen – überbacken und grillen und auch mein FIMO härten und so …« Okay. Wir sind dann also los und haben uns entschieden, einen klitzekleinen Ofen zu kaufen. Natürlich Made in Germany, natürlich recht sparsam und hübsch anzuschauen. Gibt es sowas überhaupt? Ja. Und es ist ein begeistertes JA, denn wir sind alle sehr glücklich mit der Produktwahl.
Zehn Minuten zur Betriebstemperatur
Nun mag man sich fragen, wieso ich Trottel in einer Motorradzeitung über einen Mini-Backofen schreibe. Das hat zwei Gründe: A) Ich hab nichts anderes zu tun. B) So ein Ofen ist selbst für uns Schrauber die Offenbarung. Da kann man nämlich astrein Motorenteile drin erhitzen und zum Beispiel fürs Einpressen von Lagern und Kolbenbolzen vorbereiten. Dieser herrliche Ofen von Rommelsbacher hört auf den -Namen Minibackofen BG 1055/E und kostet lächerliche 129 Euro beim Hersteller. Das Ding hat in zehn Minuten seine Betriebstemperatur erreicht, die bei maximal 230 Grad liegt. Bereits bei 70 Grad erweist er sich als nützlicher Helfer, wenn Reparaturen mit Flüssigmetall oder 2K-Kleber »warm gehalten« werden sollen.
Meterbrot dank Rommelsbacher
Der letzte Kolben hat fünfzehn Minuten bei 230 Grad drin gelegen, den Kolbenbolzen hatten wir ins Gefrierfach gepackt. Den Kolben konnte man natürlich nur mit nem Schweißerhandschuh anfassen, aber der Bolzen ging astrein zu montieren. Wichtig natürlich: Ein Kolbenbolzensicherungsring sollte bereits montiert sein, sonst flutscht der Bolzen am anderen Ende wieder raus. Alles schon vorgekommen, mitten auf der Rennstrecke. Ganz nebenbei wissen wir dank Liesbert jetzt auch, wie man mal eben leckere Vollkornbrötchen backt. Und wenn wir bei Bier und Obstler die Nacht einläuten, hauen wir ab und zu Meterbrotstücke mit Olivenöl und Knoblauch in den Ofen und fühlen uns wie die Großen. Außerdem hat Liesbert mir einen Salamander geknetet und geschenkt. Insofern hat das Licht den Schatten verjagt. Wenn Hippie und Liesbert jetzt noch heiraten und hier wohnen bleiben, sehe ich einem heiteren Lebensabend entgegen, an dem der Mini-Backofen von Rommelsbacher nicht ganz unschuldig ist.
Öl wie 1986
Klar, in diesen harten Zeiten, wo der Strom auf wundersame Weise plötzlich erschreckend teuer ist und der Ölpreis, obwohl die Gallone Öl heute im Einkauf genauso teuer ist wie 1986, weiterhin in unermessliche Höhen steigt, sollte man sparen. Darum haben wir uns auch für diesen kleinen Ofen mit nur 18 Litern Backraum entschieden. Der Ofen leistet maximal 1050 Watt, das genügt für all unsere Anwendungen.
Ein echter Freudenspender
Man kann wählen zwischen Ober- und Unterhitze oder beides zusammen, jeweils wahlweise unterstützt durch Umluft. Dank der Umluft werden sowohl Bauteile als auch Backwaren nicht penetrant von den Grillstäben malträtiert, sondern es herrscht eine relativ gleichmäßige Hitze im Garraum. Der Kasten ist 44 x 33 x 29 cm groß (BxHxT). Er wird ordentlich warm – auch außen! Man sollte sich also während des Backens nicht aufstützen und auch nichts auf dem Ofen abstellen. Dafür ist das Gerät nach dem Abschalten auch sehr schnell (5 Minuten) wieder abgekühlt. Die Scheibe ist – ebenso wie die Gummidichtung an der Tür – schnell abnehmbar, die Dichtung ist preiswert auszuwechseln. Die Beleuchtung ist ebenfalls handelsüblich und leicht zu tauschen. Wie man so etwas für unter 100 Euro auf den Markt bringen kann, ist mir schleierhaft. Ein echter Freudenspender in unserer Werkstatt, die nun abwechselnd nach heißem Motoröl oder Zimtsternen riecht. Der Rommelsbacher BG 1055/E. Wenn man ihn erst mal hat, braucht man ihn dauernd. Zumindest, wenn Liesbert in der Nähe ist.
Scheppriges von Scheppach
Sehr viel weniger erfreulich ist meine Bekanntschaft mit dem Band- und Tellerschleifer BTS900 von Scheppach verlaufen. Ich wollte sowas schon immer mal haben. Und es ist auch nützlich, egal, ob man Metall oder Holz bearbeitet. Ein kontinuierlich laufendes Schleifband hat seine Reize und gewaltigen Nutzen in allen Lebenslagen. Im Nachhinein ist dieses Gerät aber eher eine Enttäuschung, denn es ist dermaßen flätig verarbeitet, dass man es kaum ertragen kann. Dass die Bandrollen aus Plastik sind, setzt dem ganzen die Krone auf. Das schwere Gehäuse wird millionenfach irgendwo in Hinterindien hergestellt und selbst von seriösen Vertrieblern in Deutschland genutzt, allerdings mit unterschiedlichen Komponenten. Scheppach hat hier das billigste vom Billigen verwendet. Dieses Gerät kennt keinen rechten Winkel. Den muss man der Kiste praktisch aufzwingen. Der kleine Schiebetisch ist aus instabilem Aluprofil, von Kunststoffenden in Form gehalten. Die Absaugvorrichtung ist ein Witz, auch hier muss man bastlerisch tätig werden. Ich gebe zu: Ich benutze das Mistding fast täglich, aber ich würde es NIE wieder kaufen. Dann lieber ein ganz
ähnliches Gerät von Dictum, das zwar neunzig Euro teurer ist, aber dafür anständig verarbeitet ist und einen Gusstisch hat. Das Scheppach-Teil kostet 129 Euro, Dictum verlangt 219 Euro. Außerdem kann man bei dem Pendant von Dictum noch eine Polierscheibe anbringen (die man jedoch separat kaufen muss).

Wie schon eingangs erwähnt: Diese Art Maschine ist mordspraktisch, die schepprige Ausführung von Scheppach jedoch nicht empfehlenswert. Ich habe reichlich Videos dazu auf Youtube gesehen, die meisten waren begeistert von dem Misthaufen. Ich weiß nicht, was die geraucht haben oder ob sie das Teil zum Testen von Scheppach in den Arsch geschoben bekamen. Jedenfalls wird da Schrott angepriesen. Meine Empfehlung statt dessen: DICTUM Band- und Tellerschleifer BTS 100/150. Findet ihr auf der Homepage von Dictum, die überhaupt massig astreines Werkzeug haben. Der Service von denen ist ebenfalls vorbildlich. Guter Laden, gute Sachen.
Flüssiger Sondermüll
Noch was Schlimmes: Mein Schwager kam letztens mit einer Palette Bier vorbei. Ehrenschwager! Für meinen Sohn. Die jungen Leute haben doch kein Geld heutzutage. Gut gemeint, aber das gut gemeinte ist oft genug der Feind des Guten. Denn bei dem Bier handelt es sich um finnisches Lapin Kulta, das schmeckt wie Rentierpisse und ist definitiv nicht genießbar. Mein Sohn, der nicht aufs Maul gefallen ist, fragte auch nach dem ersten Schluck, ob man das so ins Klo kippen könne oder ob das schon als Sondermüll zu bezeichnen ist.

Ich behaupte, selbst über unseren Verdauungstrakt ausgeschiedenes Lapin Kulta ist Sondermüll. Man kann dieses in Dänemark gebraute Zeug nicht trinken. Es ist das Grauen in Flüssigform. Es ist Bier in seiner schrecklichsten Ausführung. Ich muss fast kotzen, während ich diese Zeilen schreibe. Dagegen ist selbst ein schnödes Astra die Inkarnation der kulinarischen Perfektion. Mehr sag ich dazu nicht.
Her mit dem Hackebeil
Nun noch was Feines: das Handbeil von Gränsvors. Ich hab mir dieses Beil im Rausch bestellt. Weil es mit einer Länge von nur 240 mm noch gut ins Motorradgepäck passt und selbst unterwegs im Rucksack Platz findet. Machen wir uns nichts vor: Ein Beil muss immer dabei sein. Damit kann man Holz fürs Lagerfeuer zurechthacken. Aber mit diesem ultrascharfen Beilchen kann man sogar Fleisch schneiden, einen erlegten Hasen zerlegen oder was auch immer. Es ist ein Universalwerkzeug. Das Teil ist dermaßen knuffig und schön anzuschauen, dass es eine wahre Freude ist. Leider – und dass ist mir schlussendlich schmerzlich aufgefallen, ist es zum eigentlichen Holzhacken oder zum Spalten von Kaminholz nicht zu gebrauchen, dazu ist der Griff zu kurz und das Gewicht mit 450 Gramm zu niedrig. Vielmehr steigt bei diesen von wenig Erfolg gekrönten Versuchen die Gefahr, sich wichtige Körperteile abzutrennen. Auch finde ich, dass der Axtstiel etwas … na ja … naturbelassen wirkt. Ich brauchte eine gepflegte Stunde, daraus einen zivilisierten Holzstiel zu zaubern. Auf meinen Fotos seht ihr noch den Originalzustand.

So ein Beil kostet 129 Euro. Da muss eine alte Frau Kleinfeld lange für stricken. Aber es handelt sich um wirklich erstklassige Schmiedekunst, die uns die Schweden hier anbieten. Es ist lediglich der Umgang, der gelernt werden muss, und der Einsatzbereich, den man für sich selbst herausfinden sollte. Nachdem ich das Holzspalten ausgeschlossen habe, betrachte ich es als Schweizer Messer fürs Grobe. Dieses Beil ist ein perfektes Geschenk an Menschen, die man mag und denen man alles zutraut. Man kann damit hämmern, platt machen, tranchieren, töten, Nabelschnüre durchtrennen, entrinden, Holzschnipsel abtrennen, entasten und noch viel mehr. Aber eben nicht Holz hacken.
Viel Geld für Holz
Die stille Freude an diesem »Immer dabei Beil« hat mich bewogen, mein altes 20-Mark-Baumarkt-Beil mal in die Werkstatt zu holen. Inspiriert durch das Gränsvors werde ich daraus nun mein ultimatives Anzündholz-Hackbeil basteln. Die Flex läuft schon warm, das Schaftöl für den Stiel liegt bereit. Das Gränsvors-Beil gibt es ebenfalls bei Dictum, ist dort aber gerade nicht lieferbar. Wahrscheinlich kommen die Stiele aus der Ukraine. Bei Globetrotter ist es für 140 Euro zu haben. Viel Geld für ein Stück Holz mit einer Klinge dran, das geb ich gerne zu. Aber Schmiedearbeit ist was wert, vor allem, wenn sie aus einer der besten Axtschmieden der Welt kommt. So ein Beil begleitet einen das ganze Leben. Für die Reise in der Natur eigentlich unverzichtbar. Und darum, bei aller leisen Kritik, eine Empfehlung für alle, die schon alles haben. Allen anderen sei ein Baumarktbeil empfohlen, bei dem man den Stiel kürzen und die Klinge in Form bringen kann.

Ganz nebenbei: Es gibt auch andere schwedische Axtschmieden, die etwas preiswerter sind und ganz entzückende Hackebeilchen herstellen. Das Internet hilft hier weiter. Ich hab nun mein Gränsvors lieb gewonnen und kann darum nur davon berichten. Eigentlich sollte es gleich überbackene Baguettes mit Ziegenkäse bei Hippie und Köppke geben, aber Liesbert macht gerade Frösche und hat darum den Ofen in Beschlag. Begnügen wir uns also mit Obstler und Pilsner Urquell und ein paar Buletten von Frau Kleinfeld. Kann es ein, dass das Leben manchmal schön ist?
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