Aus einer Ducati Monster 1100 S entsteht ein Retro-Designerbike. Der Stil verrät uns: Die Kiste kommt aus Köln
In wenigen Tagen packe ich die Flat Red 2 in eine stabile Kiste und verschicke sie zu ihrem Besitzer nach Saudi-Arabien«. Das, was uns Motorrad-Designer Jens vom Brauck so nebenbei erzählt hatte, machte uns völlig unruhig. Schließlich wollten wir das Einzelstück noch einmal sehen, bevor es endgültig im Nahen Osten verschwindet.
Ausgewogene Proportionen
Also machten wir uns auf nach Köln, die Heimat des Designers. Da also stand sie vor uns. Flach, winzig, mit ausgewogenen Proportionen. Mit ihrem perfekten Finish und einem an die Ducati 916 erinnernden Tank ginge das puristische und schnörkellose Gerät fast als Serienmotorrad durch – nur kommt es einfach sehr viel cooler rüber.
Doch was hat es mit Saudi-Arabien auf sich, wollten wir wissen? »Im Rahmen eines Ducati-Design-Wettberwerbs hatte ich die Flat Red auf Basis der damals aktuellen 900 SS gebaut«, erzählt Jens die komplette Geschichte. »Am Ende wählte die Jury das flache Motorrad zum Sieger.«
Flat Red mit moderner Technik
Vor einigen Jahren meldete sich dann ein Scheich aus dem arabischen Königreich bei Jens. Er wollte eine Flat Red mit moderner Technik. »Ich sollte eine Monster 1100 S im gleichen Design aufbauen wie das Bike von 2003. Als absolutes Einzelstück.« Also kaufte der Kölner eine neue Monster Evo und begann mit dem aufwändigen Umbauprozess.
Zunächst kürzte er das Öhlins-Federbein und steckte die Gabel tiefer in die Brücken, um die Duc näher an den Boden zu bringen. Dann orderte er edle Schmiederäder von OZ: »Als das Paket ankam und ich es in die Werkstatt getragen habe, dachte ich erst einmal: Scheiße, da ist nur ein Rad drin. Die Dinger sind wirklich verdammt leicht.«
Ducati Monster mit knappem Rahmenheck
Jens baute ein neues, viel knapperes Rahmenheck und setzte einen winzigen Solosattel darüber. »Das Sitzpolster des Solosattels habe ich scharf geshaped, damit man die Konturen besser wahrnimmt«, verrät der Designer einen seiner Tricks.
Anstelle der Einarmschwinge setzte er eine gestrahlte Aluschwinge einer kleinen Monster ins Heck der 1100er. Darin versenkte er eine kompakte Licium-Ionen-Batterie. Er schweißte den Kotflügel sowie das Gehäuse für den Ölkühler aus Aluminium und laminierte den mitschwingenden Heckfender sowie die Lampenmaske aus leichtem Carbon.
Flacher Tank für flache Linie
Vielleicht wichtigstes Merkmal der Flat Red 2 ist der flache Neun-Liter-Tank, unter dessen Cover sich auch Airbox, Benzinpumpe und vieles mehr verbergen. »Mit Abstand die meiste Arbeit hat es gemacht, die Airbox umzubauen, die darum gruppierte Elektronik zu verstecken und Alutank und das Carbon-Cover anzufertigen«, zeigt mir Jens den voluminösen Serientank.
Doch auch der Umgang mit so manchem Detail dürfte jede Menge Zeit in Anspruch genommen haben. Etwa die Bremsflüssigkeitsbehälter, die der Freidenker kaum sichtbar von unten in die Gabelbrücke versenkt hat. Dem luftgekühlten 1078-ccm-V2 gönnte Jens eine selbstgebaute High-Pipe-Auspuffanlage aus Edelstahl und stimmte das Desmo-Triebwerk mit einem Termignoni-Racing-Steuergerät darauf ab.
Ducati Monster mit unwiederstehlichem Sound
»Das Ding geht wie der Teufel«, schwärmt Jens über den 100-PS-Zweizylinder, »der Sound aus dem Ansaugtrichter geht direkt in die Gehörgänge, und in Saudi-Arabien soll es sogar tolle Kurvenstrecken geben.« Ich schlucke. Die Spedition ist bereits beauftragt, die Palette steht bereit. Vermutlich werden wir dieses faszinierende Unikat so schnell nicht wieder sehen. Wirklich schade.
Info | jvb-moto.com