Um eine Interpretation der englischen 20er-Jahre-Douglas-Boxer zu realisieren, pflanzte ein Finne einen DAF 850-Automotor zwischen zwei Räder
Wer heute ein Motorrad zum Custombike umbaut, der orientiert sich normalerweise an den 60er- oder 70er-Jahren. »Klar, habe ich auch gemacht«, ruft Anssi aus Jyväskylä in Finnland. »Bei meinem neuesten Bike habe ich mich aber ganz eindeutig von den Roaring-Twenties inspirieren lassen.«
Immer wieder Douglas
Beim Blättern in seinen unzähligen Büchern über klassische Motorräder blieb er immer wieder bei den Geräten der englischen Marke Douglas hängen, war fasziniert von deren flachem Erscheinungsbild und dem Längseinbau des Zweizylinder-Boxermotors. Weil so ein seltenes Vorkriegs-Boxer-Bike nicht mal eben zu bekommen war und Anssi außerdem eine neue Aufgabe zum Schrauben suchte, dachte er sich eine freie Interpretation des Themas aus.

»Ein Freund verwendete einen luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotor aus einem holländischen DAF-Auto für sein Ultralight-Flugzeug«, erinnert sich der Finne an die Planungsphase. »Das Ding mit dem Variomatik-Getriebe, der Liebling aller Nonnen und Fahranfänger. Aber genau das Richtige für mein Projekt.« Hatte der erste DAF-Motor für das Daffodil noch 600 ccm, im DAF 33 dann 750 ccm, so kam das ultimative Boxer-Triebwerk aus Limburg mit 850 ccm ab 1966 im DAF 44 zum Einsatz.
DAF 850 Big Block
Anssi besorgte sich also die Big-Block-Version des Motors von 1968. Dazu ein Dreiganggetriebe von Sturmey-Archer aus den 20er-Jahren, zwei Speichenräder, eine BSA-Trommelbremse fürs Hinterrad und einen E-Starter, den er zum Starten kurz anflanschen muss. »Ich hätte auch ein Kickerpedal konstruieren können, aber so ist es einfach viel bequemer«, Anssi lacht verschmitzt. Ein 60 Jahre alter Bootsmagnet sollte als Zündanlage dienen.

Nahezu alle weiteren Teile fertigte der Schrauber selbst von Hand an. Gabel, Auspuff, Lenker – kein Problem für einen Garagenschrauber von altem Schrot und Korn. Der eigenhändig gebaute Rohrrahmen sollte sich an das Fahrgestell des Douglas Model DT anlehnen, einem Dirt-Track-Racer aus den späten 20ern. »Dirt Track ist nämlich kein rein amerikanisches Phänomen«, referiert der belesene Finne, »die ersten Rennen in England fanden bereits 1927 in Camberley, ein paar Meilen von London entfernt, statt. Und die Douglas mit ihrem tiefen Schwerpunkt waren von Anfang an sehr erfolgreich.«
100 Jahre später
Knapp 100 Jahre später bitten wir Anssi, das Bike für uns zu starten. »Fahrfotos könnt ihr vergessen«, winkt er ab, hat er heute doch schon so manches Bier vernichtet, »aber hören sollt ihr sie mal.« Er setzt den Anlasser an und lässt das Monster mit dumpfem Ton erwachen. Warum eigentlich hat DAF keine Motorräder gebaut?



Geschraubter Schrott.
Unfassbar. Was für Selbstdarsteller.
Brrrrhhh