K ist der neue Lieblingsbuchstabe der BMW-Schrauber. Und CafeMoto ist der Name, den man sich dazu merken sollte.

Zwei Sachen sind ziemlich wichtig in diesem Job. Eine flinke Gashand und ein flinker Stift. Sollte man das mal vergessen haben, reicht ein Treffen mit Georg Godde als ­kurzer Reminder. Wenn der Zwei-Meter-Mann anfängt zu erzählen, sollten Geist und Kugel­schreiber besser hellwach sein. Nach vielen Staukilometern durchs Ruhrgebiet ist das nicht der Fall. Also weg mit dem Notiz­block, Diktiergerät an. Nur so wird man der vielen Worte Herr.

CafeMoto – Mitten im Revier

Wir sind mitten im Revier: Gelsen­kirchen. Auf einem unscheinbaren Hinterhof residiert Cafemoto in den ehemaligen Räumen der Godde’schen Familienmetzgerei. Wo früher die Schweinehälften hingen, drängen sich jetzt Motorräder dicht an dicht. Meistens BMW, meistens luftgekühlt, meistens Boxer, selten original. Cafemoto, das sind der extrovertierte Georg Godde und der ruhige Holger ­Maninger. Oder auch »der Spinner und der Mann mit den goldenen Händen«, wie Georg sagt. Kennengelernt haben sie sich 1994 während ihres Studiums in ­Essen. Seitdem gehen die beiden beruflich ge­meinsame Wege. »Techniker, ja klar« mag der ­geneigte Leser jetzt ­denken. Und liegt falsch.

Für all die Skeptiker da draußen: So kann eine K auch aussehen. Die Cafemoto 002 in ihrer ganzen reduzierten Pracht. Vor allem am neuen Heckrahmen wurde massiv rationalisiert

Die Jungs sind Industriedesigner, und das soll nicht das Letzte sein, was sie besonders macht im Schrauberbusiness. Denn das Schrauben ist zwar genüssliches ­Hobby, aber kein Broterwerb. Die Preisvorstellungen potenzieller Kunden ­seien eh selten wirtschaftlich, da könne man sein Geld deutlich entspannter verdienen, sagt ­Georg. Zum Beispiel mit der Erstellung von ­Firmen-Webseiten, Cor­porate Design oder Apps. Wenn sie wirklich mal eines der – übrigens ­immer fahrbereiten – Custombikes verkaufen ­wollen, dann muss schon der richtige Käufer kommen.

Genaue Vorstellungen

Auftragsarbeiten? Schwierig, sie lassen sich ungern reinreden. Ein Luxus, den die beiden offensichtlich genießen.Denn sie haben genaue Vorstellungen davon, wie ein ­Motorrad – insbesondere eine Cafe­moto – aussehen soll. Und vor allem wie nicht. Die beiden schäumen fast, wenn es um das ein oder andere BMW-Design geht. Die 9T: »Unfertig mit einem Heck wie aus dem Baumarkt.« Die S 1000 R: »Zusammengeklaut in Japan und Italien, ohne deren Schönheit im Detail.« Die Autos: »Erst immer mehr Sicken und Linien, dann immer weniger Sicken und Linien. Und dann wieder von vorn.» Kein Vergleich zu den unaufgeregten ­Linien der Zweiventilboxer. Oder zum ­heiligen Gral des Motorraddesigns, der ­Ducati 916, die auch schon im Cafemoto-Fuhrpark residierte.

Auftragsarbeiten? Da winken die Cafemoto-Jungs bislang meist ab. Sie lassen sich ungern reinreden beim Bauen

Überhaupt Italien und Design: untrennbar. Also verbringen Georg und Holger schon im Studium viel Zeit südlich der Alpen. Zahlreiche Designwettbewerbe vom Fiat-Konzern machen es möglich. Immer wieder nehmen sie erfolgreich teil, machen Entwürfe für Kleinwagen, erdenken als Diplomarbeit eine Limousine der Zukunft und trinken den damaligen Fiat-Designchef unter den Tisch. Bene, es geht für ein Jahr nach Arese ins »Advanced Design« von ­Alfa Romeo. Das Jobangebot für danach lässt nicht lange auf sich warten. Kann es besser werden? »Ja«, sagt Georg prompt. »Hierarchie ist nicht so mein Ding«, schiebt er leicht ruhrpöttelnd hinterher.

Die K-BMWs von CafeMoto

Gut so, denn sonst hätten wir heute nur einen langweiligen Bürotag. Nun sind wir aber hier. Und zwar wegen der K-Serie von BMW. Die »interessant« gezeichneten K-BMWs und die italophilen Designprofis, die Ewigkeiten von den bis ins Letzte durchgestalteten Verkleidungshaltern der Ducati 916 schwärmen können. Was ist da los?

Stabile Seitenlage: Stilbildendes Element der K-Reihe ist der liegend montierte Vierer. Innovativ und schön schrullig

»Die Proportionen der K sind eine ­Herausforderung für Umbauer«, entgegnet Godde. Das liegt vor allem an der ansteigenden Tanklinie, die dann aber in einen waagrechten Heckrahmen übergeht. Aus Gründen der Sittlichkeit unterschlagen wir Goddes genaue Wortwahl. Außerdem sind das richtig gute Motorräder, wie er sagt: »Laufkultur, Getriebe, Haltbarkeit und vor allem Verarbeitungsqualität sind auch nach 85 000 Kilo­metern und vielen Jahrzehnten noch mehr als nur konkurrenzfähig. Da muss nicht viel gemacht werden.«

Das Design im Blick

Beim Design aber schon. Praktischerweise steht ein ­fertig cafemotorisiertes Exemplar bereit. Die K 100 – wie sollte es anders sein – wurde umfangreich ihres Kleides beraubt und nur spärlich mit einem LSL-Scheinwerfer und einer Eigenbausitzbank wieder angezogen. Dann noch ein eigener, viel kürzerer Heckrahmen – natürlich in passender Flucht zur Tank­linie. Macht 25 Kilo weniger und damit einen Haken mehr auf der Checkliste für eine echte Cafemoto. »Mehr konnte ich nicht runterreißen, wenn man weiter Gewicht sparen will, wird es teuer. Besser selber abnehmen.«­

Alte und neue Welt glücklich vereint: Sowohl am PC als auch am Schraubstock sind Georg und Holger voll am Ball. Und schön aussehen tut es überall, selbst auf dem Bildschirm, auf dem sich der Designentwurf für eine BMW-G310-»nur in schön-Edition« findet

Georg Godde, immer für eine schlagfertige Weisheit gut. Checkpunkt Nummer zwei: mehr Fahrdynamik. Dafür gibt es ein YSS-Federbein am Heck, straffere Gabel­federn samt passendem Öl an der Front und einen flachen Super­bike-Lenker. Der Remus-Krümmer samt preiswert geschossenem Dämpfer einer KTM Super Duke sorgt für kratziges Timbre und einige PS, wie Georg glaubhaft … na ja, glaubt. Fehlt noch Punkt Nummer drei für ­eine echte Cafemoto: schnörkelloses Design, das die Basis nicht übertüncht, in diesem Fall viel Schwarz und reichlich Raum für den Reihenvierer in stabiler Seitenlage plus ein polierter Tank mit dezentem Farbkontrast. Fertig war die Cafemoto 002, damals einer der ersten K-Umbauten überhaupt; ein knackiger Roadster inklusive Soziaplätzchen und ebenso knackigem Heck, das seitdem gerne mal kopiert worden ist.

Stabiler Flying Brick

Fährt der Roadster auch knackig? Eine Frage der ­Perspektive. Wer jemals Original-K gefahren ist, wähnt sich von Meter eins an auf dem Siegertreppchen. Alle ­anderen können sich umso mehr daran erfreuen, dass in den letzten dreißig Jahren fahrdynamisch ganz schön was passiert ist. 18-Zoll-Vorderreifen und immer noch ausreichend Gewicht müssen halt schon mit Einsatz in die Kurve massiert werden. Der »Flying Brick« fühlt sich steif um die Mittelachse an, Entschuldigung: stabil.

Abteilung Sport: Die bisher engagierteste K befindet sich derzeit noch in der Mache und wird ein scharf gemachter Cafe Racer

Dazu gibt es eine gute Portion Antriebsreaktion aus Richtung Kardan. Vom liegenden Vierzylinder hingegen gibt es nur eine Reaktion, und die ist immer gleich: sanft drückender Vortrieb. Völlig lastwechsel- und vibrationsfrei, cremig und unabhängig von Gang und Drehzahl. Beeindruckend, erst recht bei 85 000 Kilometer Laufleistung. Wäre nicht der rotzige Sound, könnte man glatt einen E-Motor vermuten. Der Griff zur betagten ­Bremse sollte vorausschauend und mit Einsatz erfolgen. Spaß macht es trotzdem. Und der Aufmerksamkeit seiner Mitmenschen kann man sich allerorten sicher sein.

BMW K mit 110 PS

Ein bisschen mehr Power wäre trotzdem schön. Kein Problem, da gibt es noch die Cafemoto 003 auf K-1100-RS-Basis. Knappe 110 PS bei 238 Kilogramm. Nein? Na gut, dann vielleicht etwas mehr Vorderradbezug? Georg führt in die nahegelegene Scheune, wo das neueste Projekt Formen annimmt. Ein ordentlich angespitzter ­Cafe Racer auf K-100-Basis. Viele Worte, viele Motor­räder. Sympathisch, diese Cafemoto-Jungs.   

Info | Cafemoto

 

René Correra