Hätte Tom Simpson vorher gewusst, auf was er sich mit seiner Buell da einlässt, hätte er ablehnend mit dem Kopf geschüttelt. Doch irgendwann war es dafür zu spät.
Tom betreibt seinen Custom-Shop in Chichester im Süden Englands. Der Mann ist gelernter Schmied, jede Art von Metallbearbeitung ist also eine leichte Übung für ihn. Vor knapp sechs Jahren arbeitete er an der Replik eines Ducati-TT2-Racers, als ebenjener Kunde, für den er die TT2 baute, auftauchte und fragte, was man wohl mit den übrig gebliebenen Teilen seines Spendermotorrads, einer Ducati Pantah, anfangen könnte.
Eine schräge Idee
Dabei hatte der Ducatisti von vornherein die schräge Idee, keinen Ducati-Motor in den obsoleten Ducati-Rahmen einzupassen. Nach endlosen Diskussionen, was passen könnte und was nicht, passierte Tom dann ein kleiner Fauxpas. In irgendeinem Zusammenhang benutzte er das Wort Buell.

Auf diesen Markennamen sprang der Kunde an wie ein Schwarm Fliegen auf einen Kuhfladen und kurze Zeit später bekam Tom einen Anruf, in dessen Verlauf der Besitzer des Pantah-Rahmens ihm mitteilte, dass er soeben eine Buell M2 Cyclone gekauft habe, und die sei auch schon auf dem Weg zu Tom nach Chichester.
Buell – RAHMEN MIT DUCATI-FLAIR
Wie sich eine knappe Woche später herausstellte, war diese M2 ein ziemlich ungepflegter Eimer, allerdings stellte sich der Motor als topfit und wenig gefahren heraus. »Das war der Beginn einer sehr sehr langen, beschwerlichen Reise, die sich aber letztendlich doch vollends gelohnt hat«, erinnert sich der Customizer.

Tom zerlegte die Buell und montierte deren Motor auf eine Rahmenlehre. Sofort war klar: Es gab geometrisch keine Möglichkeit, den 45-Grad-Buell-Motor in einen Rahmen zu quetschen, der für einen 90-Grad-Ducati-L-Twin ausgelegt war. Ein neuer Rahmen musste her, und zwar einer, den Tom selbst anfertigen musste. Nach dem Öffnen eines größeren Zeitfensters nahm er die Herausforderung schließlich an.
Fahrwerk im EIgenbau
Anfangs gab es für das Projekt nicht mehr als den Motor, ein Pärchen Pantah-Räder, einige Bremsscheiben, die er für die TT2 gekauft hatte und die nicht passten, die Bremszangen einer Ducati 916 und die Gabelbeine der M2 Cyclone. Was für Tom hieß, dass er fast alles übrige selbst herstellen musste. »Am Ende habe ich den kompletten Rahmen, die Schwinge, den Seitenständer samt Halter, den Benzintank, den Öltank, das Entlüftungssystem, den Elektrik-Kasten, die Scheinwerferhalter, den kompletten Edelstahlauspuff, den Frontfender, die Sitzbasis und alle Teile, die diese miteinander verbinden, von Grund auf selbst gebaut.«

Der Rahmen wurde ein Hybrid, der zwar mit optischen Anleihen an den Pantah-Rahmen daherkommt, aber die identische Geometrie des Buell-Rahmens besitzt. Lediglich der Radstand ist bei Toms neuem Chassis 25 Millimeter länger als bei der Cyclone.
ITALO-AMERICAN
Das Frontend ist eine gelungene italienisch-amerikanische Melange: Wie schon erwähnt, stammen die Gabelbeine von der Buell M2, die kräftigen Gabelbrücken dagegen verrichteten vorher in einer Ducati 996 ihren Dienst. Dazu kommen noch unzählige zusätzliche selbstgefertigte Kleinigkeiten wie das Fach unterm Benzintank, in dem jetzt die originale Buell-ECU untergebracht ist, ein rahmenfester Halter für ein Bremsscheibenschloss, der Mudguard unterm Sitz, die Rücklichteinheit, das Luftfiltergehäuse, der Kettenschutz und die geniale Ritzelabdeckung.

Ein echtes Highlight sind auch die hübschen verrippten Seitenblenden auf Öltank und Elektrikkasten. Die hat Tom, nachdem er sich vorher eine Matritze aus Holz angefertigt hatte, im Sandgussverfahren aus Aluminium gegossen.
Zu guter Letzt durfte auch der Kunde noch was anmerken.
Buell in Blau
Tom hatte für den Lack eher ein Rot im Kopf, der künftige Besitzer bestand dann aber auf einem Blau. Also kam »Guardsman Blue« zum Zuge, genau jenes Blau, das die legendäre vierrädrige Ikone Shelby Daytona Mitte der 60er-Jahre trug. Großartig, wie übrigens das gesamte Bike, dessen optische und technische Brillianz sich komischerweise erst auf den zweiten genaueren Blick offenbart.










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