Simon ist eine Ausnahme, schon in jungen Jahren hegt er eine Vorlibe für britische Einzylinder-Oldtimer, eine BSA C11 kommt da gerade recht

Es ist irgendwann im Frühling, da packt Simon Zaugg aus der Nähe von Bern der Wunsch nach einem eigenen Motorrad. Fernab vom Mainstream und auf gar keinen Fall Hightech soll es sein, seine Vorliebe für britische Einzylinder ist da nicht von Nachteil. Und als ihm kurz darauf eine BSA C11 in die Hände fällt, ist die Sache sowieso klar.

Mutig: Ohne große Vorkenntnisse an die BSA

Simon ist zu dem Zeitpunkt absoluter Neuling, was das Schrauben angeht, »Ich musste mich erst an die Sache rantasten, große Vorkenntnisse hatte ich nicht«, erzählt der Schweizer. Im Probelokal seiner Band, zwischen Bartresen und Gitarrenverstärkern richtet er eine kleine Werkstatt ein, spartanisch ausgestattet und in ihren Möglichkeiten schwer begrenzt. Trotzdem ist hier der perfekte Ort, die Umgebung vertraut.

Prägend: Die Umbauzeit an seinem ersten eigenen Custombike wird der 26-jährige Simon wohl nie mehr vergessen

Und so steht noch vor dem ersten Schraubenschlag der Name des Bikes fest: »Soulseller«, nach dem allgegenwärtigen Rock‘n’Roll des gleichnamigen Hellacopters-Song. Wie auch bei der Namensgebung basieren viele Ideen des eigentlichen Umbaus auf Spontaneinfällen. Motor, Rahmen, Räder und Bremsen beließ Simon weitestgehend im Originalzustand, konzentrierte sich lieber auf die Optik des Gesamtbikes.

Schmaler Tank für die Ideallinie

Dafür wird zum Beispiel der Ventildeckel glasperlgestrahlt und sitzt nun in mattem Grau auf dem Motor. Um die gewünschte zierliche Linie einzuhalten, weicht der bullige original-Benzinkessel einem Condor-Tank, den Simon auf die Konturen der BSA anpasst. Aus Blech haut er eine Sitzpfanne zurecht, die nur minimal gepolstert und mit grobem Leder überzogen wird. Der Öltank entsteht aus Eisenrohr. Das wird kurz im Industrieofen aufgeheizt und dann in die endgültige Form gedrückt.

Laut und unangenehm wird es bei der BSA erst ab 90 km/h, wenn die mechanischen Geräusche der Ventilsteuerung sowie die der einfachen Primärkette überhandnehmen. Davor aber blubbert der Einzylinder im Stakkato sauber vor sich hin. Und der knackige Auspuffton vermittelt beinahe sogar das Feeling des dickbrüstigeren Bruders Gold Star

Anschlüsse werden angeschweißt und der Öltank anschließend unterhalb des Sattels montiert. Die Lackarbeiten an Sprit- und Öltank übernimmt nach Positionierung der Teile Kollege Daniel, ebenso wie die Logos auf den jeweiligen Verschlüssen. Der Lenker ist ein Scheunenfund, auf passende Griffe verzichtet Simon und wickelt die Lenkerenden lediglich mit rotem Tape ein.

Kurzschluss und Kabelbrand

»Um die Verkabelung habe ich mich lange gedrückt, aber irgendwann musste es ja sein«, schmunzelt Simon. Die ersten Versuche endeten mit einem prompten Kurzschluss und anschließendem Kabelbrand, »Elektrotechnik und ich haben wahrlich keinen Draht zueinander«. Anhand eines holländisch beschrifteten Originalschemas und selbstgezeichneten Schaltplänen wird das Kapitel Elektrik aber doch irgendwann abgeschlossen.

»Thomas Edison hätte sich wohl im Grabe umgedreht«, ist sich Simon sicher. Die Zündspule findet ihren Platz mittels Eigenbau-Halterung am vorderen Rahmenrohr. Eventuell will der Schweizer da nochmal beigehen. »Weiße Kabel hätten dem Ganzen vermutlich eine etwas schärfere Optik gegeben«, gibt er zu bedenken.

Glücksmoment, die BSA springt an

Sobald das Bike komplett zusammengesetzt ist, steht der größte Augenblick an: Starten. Die Kiste springt ohne großes Tamtam nach wenigen Kicks an. Die erste Fahrt endet allerdings drei Dörfer weiter, das Benzin tropft auf die Straße und einige Schrauben sind auch verschwunden. Also in den Transporter und nochmal auf die Werkbank, »aber das sind Anfängerprobleme, die kann ich verschmerzen«, ist Simon sicher.

Jetzt läuft seine BSA astrein, die Zeit seines ersten Umbaus will der Schweizer nicht mehr missen. »Und Bedanken muss ich mich auch. Meine Freunde Oli, Michal und Daniel sind dieses Wagnis mit mir eingegangen und haben mir mit wertvoller Hilfe beigestanden.« Abfahrt!

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.