Angeblich soll Ende 2022 eine neue 9T-Generation kommen. Es ist ja auch auch schon acht Jahre her, dass BMW begann, cool zu werden und sich für die Customszene zu öffnen. Und der fesche Roadster hatte einen ganz erheblichen Anteil an diesem Imagewandel.
Es war damals eine ziemliche Ansage, als BMW Japan vier der besten Customizer des Landes bat, ihre persönliche Version der R nineT zu bauen. Während sich japanische Hersteller gerne Bikebuilder in den USA oder Europa suchen, um ihre Factory-Customprojekte voranzutreiben, tanzte BMW aus der Reihe und streckte die Fühler in das Land aus, in dem schon immer tonangebende Motorräder gebaut wurden.
BMW R nineT – Nächste Evolutionsstufe
Mit den Firmen 46Works, Hide Motorcycles, Bratstyle und Cherry’s Company wurden direkt die bekanntesten Custom-Manufakturen des Landes ausgewählt, der R nineT völlig neue Aspekte zu entlocken. Und last not least legte BMW Wert darauf zu betonen, dass es für das Projekt außer einer Zeitvorgabe – innerhalb von sechs Monaten mussten die Bikes fertig sein – keinerlei Regeln gab. Die vier Bikebuilder, Shiro Nakajima, Hideya Togashi, Go Takamine und Kaichiro Kurosu waren völlig frei, die Bikes exakt so zu gestalten, wie sie sich das Modell in seiner nächsten Evolutionsstufe vorstellen würden.
Zwar lag bei der Präsentation der vier fertigen Bikes auf den BMW Days Japan naturgemäß eine gewisse Sensation in der Luft, aber als sie dort das erste Mal enthüllt wurden, wich die Vorfreude auf gute Moppeds einer absoluten Begeisterung über sensationelle Bikes. Jeder Bikebuilder hatte dem Boxer seinen ureigenen Stempel aufgedrückt, ohne die Sportlichkeit der Basis zu verraten. Bratstyle etwa erhob die nineT zum federleichten Cafe Tracker mit dürrem Frontend und Geländereifen. Und spritzte bei der Präsentation gleich mal ordentlich Dreck.
BMW R nineT – Die Fahrfreude ist geblieben
Oder Shiro von 46Works, der seinem Boxer eine Tank-Sitzteil-Heckkombi zur Seite stellte und einen Bilderbuch-Clubman-Racer gebaut hat. Oder schaut euch den »Highway Fighter« von Cherry’s Company an, schwarz und böse. Eine völlig neue Form von Streetfighter, mit versteckten LEDs hinten und vorne und vielen technischen Attributen, aber trotzdem mit den geschwungenen Formen, die das japanische Customizing so harmonisch machen. Und erst Hideya von Hide Motorcycles, der den Trend zu Halbschalen-Verkleidungen voll auslebt. Leidenschaft, Design, Fahrfreude – so beschreibt BMW das eigene Bike. Die Fahrfreude ist geblieben, in allem anderen haben diese Customizer nochmal eine ordentliche Schippe draufgepackt.
Shiro Nakajima
Bevor Shiro Nakajima professionell Motorräder baute, war er Redakteur diverser Autozeitschriften und Musiker. Ab 2001 designte er in seinem Shop »Ritmo-Sereno« Cafe Racer, auch auf BMW-Basis. Heute betreibt er sein Design-Studio »46Works« in Yatsugatake und formt Motorräder, Möbel und klassische Autoteile.
Hideya Togashi
Hideya Togashi gewann 2006 und 2007 jeweils den »Best of Show«-Titel der Yokohama Custom Show. Die Motorräder seiner Firma Hide Motorcycles, die er 2003 gründete, überzeugen durch einfache, fließende Linien. Aktuell entwickelt er neben den eigenen Custombikes Designs auf Basis der aktuellen Harley-Davidson Sportster-Modelle.
Go Takamine
»Be first, be cool«, nur einer der Sprüche, mit denen Go Takamine die Richtung seiner Firma Bratstyle beschreibt. Egal auf welcher Basis, allen Brats ist eine absolute Street-Performance gleich. Aktuell konzentriert sich Takamine außerdem auf Crossmoppeds, baut zum Beispiel MX-Bikes aus Yamahas SR. Seit 1998 ist Takamine im Geschäft, ist mittlerweile von Tokio nach Kalifornien übergesiedelt.
Kaichiro Kurosu
Kaichiro Kurosu ist der wohl derzeit beste Customizer Japans, zwei Jahre in Folge verließ er die Yokohama-Show als bester Bikebuilder. Seine Spezialität sind Bodywork-Arbeiten an seinen Motorrädern, schwungvolle Verkleidungen, detailverliebtes Kurvendesign. Dabei baut er in seiner »Cherry’s Company« sowohl Sportbikes als auch Chopper in seinem Stil.
BMW R nineT – What’s next?
Nun soll also die zweite 9T-Generation im Anmarsch sein. Wohl etwas leichter, sicherlich mit optimiertem Fahrwerk, natürlich aircooled und bestimmt nicht günstiger. Genaues weiß man noch nicht, aber wenn es mit dem E-Wahn in diesem Tempo weitergeht, dürfte die kommende auch schon die letzte Generation sein. Generation I bleibt der Verdienst, den Boxer wieder ins Lustzentrum der Puristen und Schrauber gebracht und BMW so ein gutes Stück cooler gemacht zu haben.
Info | bmw-motorrad.de
Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.