Seine deutschen Wurzeln gepaart mit der Vorliebe für deutsche Technik ließen Brent Greenwood nur eine Möglichkeit – der Gearhead musste eine Beemer fahren. Und um die Sache rund zu machen, wird seine BMW R 60 von einem VW-Vierzylinder-Boxer angetrieben.

Brent Greenwood lässt nichts auf seinen Vater kommen: »Er war ein genialer Mechaniker, hatte Großvaters Milch- und Getreidefarm in Illinois mechanisiert und ich wuchs zwischen Traktoren und Maschinen auf. Da war immer was zu reparieren oder zu warten.

VW und BMW prägten den jungen Brent

1961 hatte Vater einen VW Sedan gekauft und gleich darauf eine Werkstatt für deutsche Autos auf der Farm aufgemacht.« Brent war geprägt, wurde zum Gearhead! Erst recht, als sein Vater von Butler & Smith, dem Importeur für deutsche Motorräder in New York, eine BMW-Vertretung – die »Greenwood BMW Sales & Service« – zugesprochen bekam.

Halbblut: Brent Greenwood erfüllte sich mit seiner Veedub-Beemer eine Vision, die nun auf den Landstraßen Kaliforniens bewegt wird. Das kalte Elefantentreffen werden beide nie sehen

Die Greenwoods hatten ja schließlich deutsche Wurzeln. Sie stammen von dem Auswanderer Wilhelm Grünwald aus Nieder-Klingen in Hessen ab. Wen wundert es, dass sich Brents Vorliebe für Technik, vor allem für die deutsche, immer mehr festigte: »Seitdem habe ich nichts anderes gefahren.« Friedel Münchs Idee, einen NSU-Automotor in einen Motorradrahmen zu verpflanzen, faszinierte ihn. Hatte er nicht auch schon von Leuten gehört, die VW-Motoren in BMW-Fahrwerke quetschten?

In der BMW R 60 steckte zuvor sogar ein 1600er Boxer

»Eigentlich gab es in meinem Tagesablauf keine Zeit für solche Projekte. Aber dann fand ich einen Rahmen in Kansas, in dem sogar schon ein 1600er VW-Boxer steckte. Es war ursprünglich ein Butterfield/Willis-Umbau aus den 60ern, alles etwas grob bearbeitet und zerlegt. Dazu gab es den dicken Karl-Heinrich-Fuhrmann-III-Tank – mit 34 Liter Fassungsvermögen – und eine Rauch-Vorderlampe.« Brent lagerte zunächst mal alles ein. Erst Jahre später, nachdem er bei United Airlines in Rente gegangen war und er sich im kalifornischen Santa Rosa niedergelassen hatte, wurde das Projekt schließlich gestartet.

In der »Rauch«-Lampe sind Drehzahl- und Geschwindigkeits- messer sowie diverse Anzeigelämpchen sauber angeordnet

Brent fand, dass der 1600er-Boxer für die Optik des Bikes einfach zu lang war, viel zu mächtig. Die kürzere und kleinere 1200-ccm-Version passte optisch besser. Warum nicht auch die ursprünglich hochgelegte Lichtmaschine, den dafür notwendigen Riementrieb und dessen massive Halterung entfernen? Stattdessen kam eine kurze, modernere Lima auf das vordere Kurbelwellenende. »Michael Crowther von Engine Dynamics L.L.C. in Petaluma hatte mich auf die Idee gebracht«, gibt Brent zu, der sich inzwischen wieder mehr mit Käfer-Tuning beschäftigte.

Okrasa-Köpfe für den VW-Boxer in der BMW R 60

Deswegen wurden auch die alten Okrasa-Köpfe (Oettinger Kraftfahrtechnische Spezial Anstalt) mit doppelten Einlasskanälen für den Motor besorgt. Ihr Design garantiert bessere Kühlung und gesteigerte Leistung. Daran passte Brent die Ansaugstutzen eines VW Typ 3 an und schweißte auch gleich Anschlüsse für Einspritzdüsen ein. Der Einspritzungs- und Zündungscomputer kam von SDS (Simple Digital Systems aus Kanada) und ist voll programmierbar. Die Einspritzpumpe fand sich im Bosch-Angebot, sie bringt etwas über zwei Bar Druck. 

»Das Bike zu fahren macht richtig Spaß, es läuft seidenweich und es zieht auch den Beiwagen mit Leichtigkeit«, legt Edelschrauber Greenwood seine Emotionen offen. Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass älter nicht unbedingt schlechter ist.

Ein PLX-Breitband-Sauerstoffsensor sitzt im Verbindungsrohr und ist zum einen für die Überwachung des Gemischs zuständig. Zum anderen ermöglicht es dem Computer, in einen »Closed Loop«-Modus zu arbeiten, wenn das gewünscht ist. Im »Closed Loop« passt sich das Regelsystem automatisch an veränderte Zustände und Betriebsbedingungen an, hält den Motor uneingeschränkt funktionsfähig. Sowohl der Computer als auch die kleine PLX-Einheit sind sauber im vorderen Bereich unter der Sitzbank versteckt. 

BMW R 60 – Veedub-Beemer

Als Getriebe wurde eine BMW R 60/2 Viergang-Einheit angeblockt. Es war im ersten und vierten Gang schon auf die niedrigeren VW-Drehzahlen angepasst. Die originale R 60/2 gab ihre 26 PS ja erst bei vergleichsweise hohen 5800 U/min ab. »Weil der restaurierte, mit den besseren Köpfen sowie einer Sportnockenwelle bestückte, getunte VW-Motor leicht in diese Drehzahlregionen vorstößt, wäre die Getriebeanpassung nicht nötig gewesen. Ich weiß nicht, was der Motor jetzt leistet. In der Serienversion des Vierzylinders, mit einem 28-mm-Vergaser für beide Seiten, waren es 36 PS.

Die vorderen Auspuffkrümmer sind serienmäßige /2 Rohre, die hinteren wurden aus vorgebogenen Rohrstücken zusammengesetzt und so verschweißt, dass die Auspuffgase auf der Höhe des Interferenzrohres nach hinten führend ineinander strömen

Verglichen mit dem BMW-Sportmodell R 69 S und seinen 42 PS liegt mein Umbau in der Leistung gut darüber«, schwärmt Brent heute von seinem Veedub-Beemer. Doch das war nicht immer so. »Als ich den SDS-Computer einstellen wollte, zeigte sich, dass die Kurbelwelle, auf der die drei Hall-Sensoren angebracht waren, zwei volle Umdrehungen ohne Unterbrechung brauchte, um einen korrekten Zündfunken zu liefern. Mit dem /2-Kickstart-Getriebe ging das nicht.

BMW R 60 mit VW-Boxer – Jede Menge Herausforderungen

Wir brauchten einen zweiten Kreislauf nur zum Starten – der in der alten Verteilerbasis Platz fand. Dieser Zündkreislauf wird beim Starten eingeschaltet und liefert Zündfunken zu einem fest eingestellten Zeitpunkt. Nach dem Abschalten übernimmt der SDS Computer nahtlos die Zündungsverstellung.« Weitere Herausforderungen stellten die Schwungscheibe und die hinteren Auspuffkrümmer dar. Als Schwungscheibe fungiert jetzt eine Kombination der VW-Kurbelwellen-Nabe, die in die der BMW eingeschrumpft und mit ihr verstiftet ist. So kann die BMW-Kupplung normal genutzt werden. Eine zusätzliche modifizierte Federdruckplatte hinter der Serienplatte bringt den zusätzlichen Anpressdruck, der nötig ist, das Drehmoment des Motors ans Getriebe abzugeben. 

Der mit den Oettinger Köpfen sowie einer Sportnockenwelle bestückte VW-Boxer dürfte so um die 50 PS leisten. Mehr jedenfalls, als eine R 69 S …

Sowohl der plumpe und hässliche Willis-Adapter-Ring als auch das VW-Kurbelgehäuse wurden an verschiedenen Stellen abgefräst und angepasst, damit die Profile von Kurbelgehäuse und Getriebe besser zueinander passen. Die vorderen Auspuffkrümmer sind serienmäßige /2 Rohre, die hinteren wurden aus vorgebogenen Rohrstücken zusammengesetzt und so verschweißt, dass die Auspuffgase auf der Höhe des Interferenzrohres nach hinten führend ineinander strömen. Angeschweißte Gewindestutzen an den Auslässen der VW Köpfe lassen eine Befestigung der Krümmer mit den originalen BMW Befestigungsmuttern zu, so dass die verrippten Ringe erhalten bleiben, die dem Motor ein klein wenig mehr den Look einer Serien-BMW verleihen.

Eine gehörige Portion Ellbogen-Schmalz fürs Feilen und Schmirgeln

Passend dazu steht mittlerweile ein 1953er Steib-S500-Luxus-Seitenwagen parat, der dieses Motorrad hervorragend ergänzt. Die ganze Arbeit erledigte Brent in seiner Werkstatt an einer South-Bend-Drehmaschine, mit einem Lincoln-TIG-Schweißgerät und einer gehörigen Portion Ellbogen-Schmalz fürs Feilen und Schmirgeln. Fräsarbeiten wurden mangels eigener Fräsmaschine außer Haus gegeben. »Es gab so viele kleine Details, die zu erledigen waren. Am Ende passte alles zusammen, besser als ich es mir vorstellen konnte.

 

Horst Heiler
Freier Mitarbeiter bei CUSTOMBIKE Magazin

Jahrgang 1957, ist nach eigenen Angaben ein vom Easy-Rider-Film angestoßener Choppaholic. Er bezeichnet sich als nichtkommerziellen Customizer und Restaurator, ist Mitbegründer eines Odtimer-Clubs sowie Freund und Fahrer großer NSU-Einzylindermotorräder, gerne auch gechoppter. Als Veranstalter zeichnete er verantwortlich für das »Special Bike Meetings« (1980er Jahre) und die Ausstellung »Custom and Classic Motoräder« in St. Leon-Rot (1990er Jahre). Darüber hinaus war er Aushängeschild des Treffens »Custom and Classic Fest«, zunächst in Kirrlach, seit 2004 in Huttenheim. Horst Heiler ist freier Mitarbeiter des Huber Verlags und war schon für die Redaktion der CUSTOMBIKE tätig, als das Magazin noch »BIKERS live!« hieß. Seine bevorzugten Fachgebiete sind Technik und die Custom-Historie. Zudem ist er Buchautor von »Custom-Harley selbst gebaut«, das bei Motorbuch Stuttgart erschienen ist, und vom Szene-Standardwerk »Save The Choppers!«, aufgelegt vom Huber Verlag Mannheim.