In Kursen zum Thema Blechbearbeitung können auch Hobbyschrauber lernen, wie man zu Beispiel seinen eigenen Heckfender anfertigt
»Warum nehmen Customizer eigentlich immer Schutzblechrohlinge oder Zubehörtanks und bauen diese dann um, anstatt gleich eigene Teile zu bauen«, fragen mich die Männer vom Hamburger Ausbildungsnetzwerk yourmove. »Irgendwie sieht dann nämlich alles gleich aus.« Sie erinnern daran, dass verlängerte Serientanks zwar länger aussehen, aber keinen Liter mehr Benzin bunkern können.

»Volumen vergeudet. Und dabei ist es gar nicht so schwierig, komplett eigene Teile zu bauen.« Stimmt eigentlich, und deshalb hat CUSTOMBIKE hat an einem »Grundlagenkurs Blechbearbeitung« teilgenommen, der sich an Oldtimer- und Motorrad-Bastler richtet und hat dort aus einer simplen Blechtafel einen kompletten Heckfender hergestellt.
Werkbank statt Schulbank
Elf Lernwillige haben sich in den Werkstattzentren des ZDH eingefunden, darunter Lehrlinge, Selbstständige, Rentner und eben ein Redakteur. Zunächst erklärt uns KFZ-Meister und Kursleiter Heiko Kögl den Umgang mit verschiedenen Maschinen. Er erörtert etwa Fragen, wie weit sich Blech treiben lässt, wie man Blech absetzt, um es nachher sauber verschweißen zu können oder wie man mit einem Handformer stauchen, strecken oder stanzen kann.

Immer wieder garniert Heiko den Lernstoff mit praktischen Anekdoten aus dem Alltag: »Die Blechschere darf keine Luft haben, sonst gibt es wohlmöglich schwere Hieb- und Stichverletzungen«, »die meisten Fehler passieren, wenn man nicht richtig sehen kann. Blech ist da hoch sensibel« oder »lieber das Blech zwei Minuten länger mit dem Karosseriehammer massieren als 500 Euro mehr für den Lacker zahlen müssen.«
Bleche zu Fendern
Jetzt aber ran ans Blech. Aus einer 0,7 Millimeter starken Tafel soll nun ein gleichmäßig gerundeter Heckfender entstehen. Bereits zu Hause habe ich eine Zeichnung angefertigt, die nun die Maße für das Schutzblech vorgibt. Mit einem Filzschreiber zeichnen wir den mittleren Bereich auf der zugeschnittenen Platte an. Auf einem mit Quarzsand gefüllten Sack schlagen wir nun von einer Seite beginnend beharrlich mit einem Holzhammer auf dem mittleren Streifen.

Möglichst gleichmäßig überziehen wir das Blech mit Schlägen, dabei biegt es sich bereits ein wenig in eine gerundete Form. Den Abschluss bildet eine Reihe von Schlägen an der angezeichneten Kante. Mit diesem bananenförmigen Blech begebe ich mich zum „English Wheel“, einem beeindruckenden Werkzeug zum Glätten der Oberfläche. Um die Dellen der Oberfläche einzuebnen, führe ich das Blech immer und immer wieder zwischen den beiden Rädern hin und her.
Blechbearbeitung mit dem Eckold
Der wellige Randbereich erhält zunächst keine Behandlung am Rad. Denn dieser muss mit dem »Eckold-Gerät«, einem Handumformer gestaucht werden. Bei beiden Außenseiten setze ich eine Falte neben die andere, um die gewünschte Form zu erhalten. Je mehr Falten ich setze, um so enger wird der Radius. Auch diese Dellen glätte ich am englischen Rad.

»Das Blech ändert dabei ständig seine Form.« Beim Stauchen wird der Radius zügig kleiner, beim Glätten wieder ein wenig größer. Weiter geht es in die nächste Runde. Jetzt knabbere ich mit dem »Eckold« nur noch an den äußeren Rändern und glätte die Falten wieder weg. Ich wiederhole diese Vorgänge, stets innen beginnend, bis der Fender nach ständigem Anpassen gleichförmig dellenfrei ist und vor allem exakt die Rundung auf meiner Zeichnung erreicht hat.
Umlegen und Umprügeln
Die seitlichen Ränder möchte ich umlegen. Dazu führen wir das Blech mehrmals durch die Sickenmaschine und erhalten so eine Art Sollbiegestelle. Mit dem Karosseriehammer aus Kunststoff prügle ich die Kante um. An der linken Seite übrigens nicht ganz, damit später das Kabel vom Rücklicht in dem entstandenen Schacht geführt werden kann. Der hintere Abschluss erhält seine Form und wird ebenfalls umgelegt.

Am Ende des Lehrgangs ist ein individueller Fender entstanden, der mich sichtlich stolz macht. Hobby-Schrauber ohne den hier verfügbaren Maschinenpark haben es daheim natürlich deutlich schwerer. »Mit dem Hammer allein ist das Umformen sehr aufwändig«, weiß Heiko. Für alle, die öfter mal ans Blech wollen oder gar gewerblich damit arbeiten wollen, bietet Dinosaurier-Werkzeuge „English Wheel“-Bausätze oder auch Heimwerker-Stauch- und Streckgeräte für unter 600,- Euro an.
Do it Yourself
Wer nur einen einzigen Fender oder Tank benötigt, der kann ein entsprechendes Seminar buchen und einen handgemachtes Teil mit nach Hause nehmen. Die »Do it yourself-Ehre« gibt es gratis dazu.
Info | hwk-bls.de | fahrzeugakademie.de | oldtimer-lernwerkstatt.de
»Ans Blech herantasten!« Heiko Kögl, KFZ-Ausbilder an der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade, leitet Karosseriebau-Wochenendlehrgänge. CUSTOMBIKE hat den Softail-Fahrer und Blechvirtuosen befragt
CB: Die Handwerkskammer bietet Einsteiger- und Weiterbildungskurse für den Karosseriebereich an. Wie kam es zu der Entscheidung, diese Lehrgänge zu veranstalten?
Heiko: Seit nicht mehr zu KFZ-Mechanikern ausgebildet wird, sondern zu Mechatronikern, werden traditionelle Karosseriebau-Techniken nicht mehr vermittelt. Daher bieten wir seit einigen Jahren diese freiwillige Zusatzausbildung an. Ich bin der Meinung, dass das komplexe Wissen nicht verlorengehen darf. Wir haben dann festgestellt, dass sich auch Oldtimer-Restaurateure und vor allem Bike Builder für Blecharbeiten interessieren.
Was lernt man bei den Lehrgängen?
Die Teilnehmer tasten sich an das Material Blech heran, lernen den Umgang mit Kugelhammer, Handumformer, Absetzmaschine oder Kantbank. Sie treiben Bleche und sehen, wie weit man gehen kann.

Gibt es spezielle Motorrad-Themen?
Alle Techniken lassen sich selbstverständlich auf Motorräder anwenden. Außerdem pflegen wir eine enge Zusammenarbeit mit yourmove in Hamburg. Dort kann man weitere Seminare zum Umbauen von Motorrädern belegen, etwa Einführung ins Sattlerhandwerk oder Grundlagen bzw. Aufbaukurs Rollenstrecken, bei dem ein Fender bzw. ein Motorradtank erstellt wird.
Blechbearbeitung im Kursformat
Gibt es auch andere Standorte als Hamburg und Stade?
Nicht viele Ausbildungsnetzwerke oder Handwerkskammern bieten diesen Service. Aber etwa bei der Fahrzeugakademie in Schweinfurt hat man bereits in den Neunzigern damit angefangen, und bei der Oldtimer Lernwerkstatt in Werbach kann man unter Anleitung Teile fürs eigene Fahrzeug anfertigen
