Einheit, Monotonie, Langeweile – »steh ich nicht drauf«, sagt Wilbert und baut exzentrische Chopper wie diese Yamaha XS 750.

»Bobber oder Cafe Racer, eigentlich macht heute jeder dasselbe. Die Leute bestellen ihre Teile in den immer gleichen Onlineshops und kopieren sich letztlich nur gegenseitig. Mag für die okay sein, ich will das anders.« Wilbert kommt aus dem Süden Hollands, seine Bikes nennt er Chopper, auch wenn sie eigentlich nicht in gängige Schubladen passen. Er hat eine Vorliebe für kastige Formen, gerade bei Tanks gefällt ihm die klassische Sargform – und die wiederum ist choppertypisch, deshalb vielleicht. Eine XS hatte er schon mal gebaut, freilich eine der eher gängigen 650er.

In Europa gab es die Yamaha XS 750 nur drei Jahre

Für diesen Aufbau nahm er den eher ungewöhnlichen Dreizylinder der XS 750 als Basis. In Europa gab es das Modell Ende der 70er nur für drei Jahre, den Motor konstruierte Yamaha seinerzeit angeblich in Zusammenarbeit mit Porsche als modernen dohc-Dreizylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen und zweifach umgelenktem Kardanantrieb.

Die XS-750-Motoren sind eher selten zu bekommen, da Yamaha den Dreizylinder nur wenige Jahre gebaut hat

Eigentlich wollte Wilbert lieber eine Ural als Basis, fand aber nichts nach seinem Geschmack. Ein Nachbar wollte sich nach zwanzig Jahren von seiner Yamaha trennen, Wilbert schlug zu und versprach dem Vorbesitzer, seinem Wunsch zu entsprechen, die Yamaha von Grund auf zu restaurieren – wir verbuchen das unter Notlüge.

Vom Rahmen der Yamaha XS 750 blieb nicht viel übrig

Dem Motor half der Holländer mit einer neuen Batterie und einem großen Schluck frischem Benzin auf die Sprünge. Nach einer schnellen Runde ums Dorf wurde das Bike aber trotzdem in seine Einzelteile zerlegt. Der Rahmen kam direkt auf den Schweißtisch und die Schleifscheibe durfte zahlreiche Runden drehen. Den Originalrahmen fand Wilbert sowieso ziemlich hässlich, so blieb von ihm am Ende nicht wirklich viel übrig. »Aber einige Rohre waren schon nötig, bis ich einen Starrrahmen draus gezimmert hatte, wie ich ihn wollte«, erzählt er.

Wilberts Motor holt sich durch kleine Luftfilter den benötigten Sauerstoff für die Vebrennung

Leicht war diese Aufgabe nicht, denn der quer eingebaute Dreizylinder mit seinem Wellenantrieb ist schon ein Klotz. Der Oberzug musste bis zur Achse ordentlich ausgerichtet werden, zumal Tank und Sitzbank eine fließende Linie ohne Unterbrechung bilden sollten. Eigentlich hatte Wilbert geplant, die Gabel lediglich zu recken, da die Digger der frühen Jahre in der Regel sowieso Teleskopgabeln hatten. Als er aber alles zusammengesteckt hatte, entschied er sich gegen den Plan, »da musste was Schöneres her.«

Der Entwurf einer Girder-Gabel war ein Leichtes für den Selbstschrauber

Durch seinen Beruf als CAD-Zeichner war der Entwurf einer Girder-Gabel ein Leichtes für den Selbstschrauber. »Die Gabel wurde komplett von mir CAD-gezeichnet und anschließend per Laserschnitt in die Realität gebracht«, erklärt Wilbert. Für den Bau des eckigen Tankes hätte er locker denselben Weg gehen können, entschied sich aber für Handarbeit. Die Formen schnitt er zunächst aus Pappe zu und übertrug dies dann auf den Stahl. Auch Kotflügel und Lenker baute er so. Kniffliger war da die Konstruktion der Auspuffanlage.

Riesenaufwand für den Auspuff: »Keine Version sah wirklich gut aus, immer wieder musste ich neu schweißen.« Doch die Ansage der Tochter bringt den Durchbruch

Die Drei-in-drei-Anlage besteht aus zahlreichen Elementen, die Endtöpfe sollten übereinander laufen, um optisch zu verstärken, dass es sich um einen Dreizylinder handelt. »Aber keine Version sah gut aus, immer wieder musste ich neu schweißen«, erzählt Wilbert. Als er wieder einmal unzufrieden vor seinem Auspuff-Puzzle saß, kam seine Tochter herein. »Mach doch so und so«, sagte sie lapidar. Das brachte den Durchbruch und den endgültigen Verlauf der Rohre.

»Ich wollte provozieren und ein bisschen gegen heilige Regeln verstoßen«

Die Sitzbank ist eine Arbeit von Marcel Miller, dem wohl bekanntesten niederländischen Polsterer. Wilbert hatte ihm ein Bild vom Rohbau des Bikes geschickt, verbunden mit der Frage, ob Marcel eine Idee dafür hätte. Er hatte eine, schickte nach drei Wochen ein Foto vom Sitz, nur mit Schaumstoff überzogen. Wilbert gab sein Go, drei Stunden später war die Sitzbank fertig.

»Bare metal« – Der selbstgebaute Sargtank blieb lacktechnisch unangetastet, was dem chopper in Verbindung mit der Lila Lackierung sehr gut steht

Blieb noch der Weg mitsamt Rahmen, Gabel und ein paar Kleinteilen zum Pulverbeschichter. »Schwarz kann jeder, mach lila«, kam die Ansage. »Als ich die fertigen Teile vor mir liegen hatte, hatte ich schon Angst, denn verdammt, das war wirklich lila«, lacht der Schrauber, der sich aber mittlerweile mit dem Zusammenspiel der Farbe und dem puren Metall an Tank und Fender pudelwohl fühlt. Sicher nicht jedermanns Geschmack, finden wir. Aber Wilbert erklärt: »Ich wollte provozieren und ein bisschen gegen heilige Regeln verstoßen.« Von vorn bis hinten gelungen.

 

Floris Velthuis