»Ein Bobber wie ein Bobber aus meiner Sicht aussehen sollte«, Gers Yamaha XS 650 ist so ehrlich, wie ein Motorrad nur sein kann.

Yamaha XS im Starrrahmen? Ja, das geht, vor allem, wenn man eine holländische Zulassung hat. Klar, auch hierzulande ist sowas möglich, aber bei den Nachbarn doch noch um einiges leichter. Und obwohl er in Deutschland lebt, nutzt Ger den Zulassungsfaktor seiner alten Heimat gern. Würden wir ja nicht anders machen. Es war an der Zeit, dass der Schrauber mal wieder was für sich selbst baut, die XS wird als Basis auserkoren.

Yamaha XS 650 im Starrrahmen

Oder anders, eigentlich wird ein Rahmen bestimmt, der später den Yamaha-Zweizylinder aufnehmen soll. Weil Ger ein Bobber vorschwebt, muss das Fahrwerk fast zwingend starr sein. Rahmen mitsamt Papieren kauft er immer mal für diverse Projekte, einer dieser Rahmen soll es also sein. Vorn ist der original, hinten ist das Heckteil von TC Bros aus den USA angeschweißt. Im Gesamten ist das spätere Bike ein paar Zentimeter länger als das Original  – und etwas tiefer.

»Fährt sich wie ein Mofa«, sagt Ger Voetman und gibt Gas. Dank holländischer Zulassung läuft der Starrrahmen auch auf deutschen Straßen stressfrei

In den USA nennen sie derlei Umbauten gern »Drop Seat« und treiben das gern mal auf die Spitze, funktionieren tut der roughe Look freilich auch hierzulande und nicht ganz so tief wie in den Staaten. Bevor Ger sich allerdings um das Finish kümmern kann, steht die Arbeit am Motor an. Der wird komplett auseinandergenommen und neu aufgebaut. Das Reduzieren auf Wesentliches praktiziert er auch hier. So verbaut er eine Boyer-Zündung, »weil die nur eine Zündspule hat, die du dann schön verstecken kannst«, erklärt er. Dazu kommen Performance-Luftfilter und Keihin-Vergaser. Die Krümmeranlage baut er selbst, Megaton-Endtöpfe röhren wie gewünscht. 

Eine Kombination aus Originalem, Gekauftem und Einzelanfertigungen

Bevor Rahmen und Motor zusammenfinden, ist freilich noch ein bisschen was zu tun, alles komplett pulverbeschichten zum Beispiel, dazu die richtige Auswahl an Teilen treffen. Ger kombiniert dabei Originales wie die Gabel mit Gekauftem wie Sportster-Tank, Felgen und Instrumenten. Und mit Einzelanfertigungen wie der Sitzbank, die sein Freund Berend für ihn gestaltet und mit dem G&M-Logo von Gers Werkstatt versieht. Decke und Ledergürtel an der Front kommen von Dutch Leatherworks, sein guter Freund Achim übernimmt die Lackierung. »Der wohnt gerade ein paar Häuser weiter, das ist schon praktisch.« 

Man kann über Stile streiten, bis die Sonne untergeht. Aber in Gers Vorstellung muss ein Bobber genau so aussehen wie seine Yamaha XS. Rahmen und Papiere für solche eigenen Projekte kauft er immer mal wieder – Grundlagen schaffen

Beim finalen Zusammenbau ist Ger dann vor allem eines wichtig. »Ich wollte alles offenhalten, man muss überall durchgucken können.« So bleibt das Rahmendreieck weitestgehend frei, den Batteriekasten baut der Schrauber neu, verkleinert ihn dabei auf ein Minimum, macht die komplette Elektrik neu, baut ein eigenes Ölfiltersystem, verwendet ein kleines seitliches Rücklicht. Das winzige Kennzeichen passt ins Bild, gibt’s leider hier nicht, ein Vorteil, wenn man Holländer ist. Insgesamt ein Jahr schraubt Ger an seiner XS, immer, wenn Zeit ist, immer mit Musik in seiner Garage.

Diese Yamaha XS 650 ist wie Porno

»Und anfangen tut es sowieso immer gleich«, sagt er, »mit einer Idee, die ich dann in Ruhe ausarbeite, bevor ich anfange zu bauen. Vieles ergibt sich außerdem auf dem Weg zum fertigen Motorrad.« Und wie schon erwähnt, das entspricht am Ende Gers Vorstellung eines echten Bobbers. Andere mögen das anders sehen, ihm ist das egal. Sein schönstes Erlebnis mit der XS hatte er sowieso schon. Als er bei einer Ausfahrt seine Karre parkt, bleibt ein Typ stehen und sagt: »Das ist wie Porno.« Und eine größere Anerkennung kann es kaum geben.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.