Finanziell lohnt sich ein H-Kennzeichen beim Moped meist kaum bis gar nicht, da sind die baujahrbedingten Umbaumöglichkeiten oft viel interessanter. Das bekam auch diese Yamaha TR1 zu spüren.

Auf der Suche nach einer preiswerten Basis für einen Cafe Racer stieß Jörg zufällig auf einer unbedeutenden Lokalseite in Kassel auf die TR1. Tausend Euro klangen sehr überzeugend, der Haken klärte sich aber noch am Telefon. Die Yamaha-Werkstattdiagnose hatte einen gerissenen Zylinderkopf bescheinigt, außerdem sprang das Teil nicht mehr an.

Zweifel an der Diagnose des Vertragshändlers

Wegen den vermutlich sehr hohen Reparaturkosten wollte sich der Erstbesitzer von der Karre trennen. Hörte sich trotzdem interessant an und deshalb trat Jörg die Fahrt zum Verkäufer direkt im Transporter an. Der erste Eindruck ließ ihn direkt an der Diagnose des Vertragshändlers zweifeln und er legte die geforderte Summe ohne jegliche Verhandlung auf den Tisch.

Die Maschine war bei Kauf in absolut gutem Zustand, hatte allerdings eine negative »Werkstattprognose« und war daher günstg zu haben. Die Prognose des gerissenen Zylinderkopfes bestätigte sich zwar nicht, trotzdem wurde der Zweizylinder komplett überholt

Zuhause untersuchte er die Ölspur, die die Folge des defekten Zylinderkopfes sein sollte. Ursächlich schien sie von der Ventileinstellkappe zu kommen. Mit dem Inbusschlüssel zog Jörg die lockeren Schrauben an, damit war das erste Problem schon gelöst. Anspringen wollte die Kiste trotzdem nicht.

Yamaha TR1 – Ohne Zündfunke

Die Zündkerze zeigte keinen Funken beim Starten, merkwürdigerweise aber nach Loslassen des Anlasserknopfes. Gemäß dem Stromlaufplan konnte nur ein Relais dafür verantwortlich sein. Da dessen Funktion nicht einleuchtete, flog es raus und die Kabel wurden einfach kurzgeschlossen. Beim folgenden Startversuch nahm der Motor nach der ersten Anlasserumdrehung seinen Dienst auf. 

Das Heck und die Sitzbank wurden von einem niederländischen Customizer angepasst

Wegen des absolut guten Zustandes der Maschine stand Jörg jetzt vor der großen Frage, ob er sie als historisches Fahrzeug anmelden sollte. Aber da gab es ein paar Hindernisse. So war der Lack nicht mehr original und der alte Eigentümer hatte alles Mögliche mit Gold lackiert. Also gewannen die altersbedingten Vorteile, die sich durch die günstigeren StVZO-Vorgaben der Erstzulassung ergeben. Um keine bösen Überraschungen zu erleben, wurde der Motor einmal auf links gedreht und komplett überarbeitet.

Yamaha TR1 – Tipps von Dutch Caféracers

Über Facebook postete Jörg in einer Cafe-Racer-Gruppe Bilder der TR1 und erläuterte sein Vorhaben. Schnell kam der Kontakt mit dem Holländer Wil zustande, der selbst eine umgebaute XV750 sein Eigen nennt und viele nützliche Infos hatte. Schließlich fuhr Jörg in die Niederlande, um sich persönlich mit dem Inhaber von Dutch Caféracers zu beratschlagen.

Die Gabelbrücke wurde leicht modifiziert. Gesteuert wird die Yamaha über Tommaselli-Stummel, daran sitzen Lenkerendenspiegel von Louis

Der bot ihm an, ein neues anschraubbares Heckteil mit passender Sitzbank zu bauen. Anpassen konnte er es an seiner 750er, denn der Hauptrahmen ist identisch mit dem der TR1. Und auch ein Tank der kleinen Schwester nimmt seinen Platz auf der großen Maschine ein.

Spenderteile von Suzuki GS 750 und GT 750

Anspruchsvoller dagegen war das Vorhaben, die TR1 auf klassische Speichenräder zu stellen. Vorn handelt es sich um ein komplettes Spenderteil aus einer Suzuki GS 750, wobei die Bremsscheiben mittels Distanzendscheiben nach außen gesetzt werden mussten. Hinten war es ein Bausatz aus einer Suzuki-GT-750-Nabe, Edelstahlspeichen und einer 4,5-Zoll-Alufelge, weil auf jeden Fall ein breiterer Reifen drauf sollte.

Den größten Teil des Luftfilters bildet der ihm zugehörige Rahmen, somit ist es eigentlich kein offener Filter

Das wiederum sorgte aber für Berührungsprobleme mit der Kette. Die Firma Menze konnte helfen, indem sie ein außermittig gelochtes Felgenbett verbaute. Durch entsprechend gedrehte Abstandshalter läuft alles mittig mit genügend Abstand zueinander. Beide Radnaben mussten dann noch aufgedreht werden, damit größere Achslager zugunsten der dicken TR1-Achsen eingepresst werden konnten.

Yamaha TR1 – Keine Chance auf’s H-Kennzeichen

Jörgs Cafe Racer sieht zwar durch die ganzen Modifikationen immer noch alt aus, aber die Möglichkeit eines H-Kennzeichens sind verwirkt. Das stört ihn allerdings nicht wirklich.

 

 

Lothar Steinmetz
Freier Mitarbeiter bei

Lothar Steinmetz ist bereits seit dem Jahr 2000 als freier Mitarbeiter für die CUSTOMBIKE tätig und kümmert sich vorrangig um Lowbudget-Umbauten. Darüber hinaus analysiert er Gesetzestexte und macht Technik für den Leser verständlich. Seit 1993 besitzt er eine gelbe Trude, die neben den anderen Mopeds der Familie immer wieder für Detailaufnahmen oder Reparaturanleitungen herhalten muss.