Pre-Unit-Triumphs haben in den USA eine große Fangemeinde, Ryan Mullion ist einer ihrer Helden. Dabei hat er seine Triumph 6T nur zu einem Zweck gebaut: Für ein Ticket nach Japan.

»The Tigershack« heißt Ryans Laden, wobei, Laden ist eigentlich das falsche Wort. In der Normgarage an seinem Haus in einem sauberen Vorort von Los Angeles schraubt er, die Mini-Werkstatt ist vollgestopft bis unter die niedrige Decke. Er hat es versucht, mit einem größeren Laden und Angestellten, geklappt hat das nicht. Die Mieten zu teuer, der Aufwand zu hoch, der finanzielle Output angesichts der Kosten zu mager, um Frau und zwei Kinder vernünftig über die Runden zu bringen.

Triumph 6T als Ticket zur Born Free Show

Ryan teilt damit das Los unzähliger US-Customizer, gerade in Kalifornien. Und eine Reise nach Japan zur angesagten Mooneyes-Show kannst du da auch nicht mal eben finanzieren, schon gar nicht, wenn du ein Bike dorthin mitnehmen und ausstellen willst. Die Hintertür für ein Ticket nach Yokohama bleibt allein die jährliche Born Free Show, auf der die Showsieger neben einem Pokal die begehrte Einladung nach Japan gewinnen können.

Superclean, superschmal: Auch Details wie der Kettenschutz mit integriertem Rücklicht, genauso lackiert wie Rahmen, Tank und Fender, sorgen für einen sauberen Look

»Die Pokale sind mir echt egal, davon gibt es viele. Schön, einen zu gewinnen, mehr aber halt auch nicht. Aber Japan, das ist der Traum aller«, erklärt Ryan, der zum zweiten Mal zur Bikeshow von Born Free geladen wurde. Er hat die Einladung angenommen, auch wenn angesichts von fast dreißig Konkurenten und am Ende lediglich zwei Tagessiegern die Chancen auf das begehrte Ticket nicht allzu gut stehen. Schon gar nicht, wenn man mit einer Triumph zwischen all den Harleys steht. Aber Ryan ist Triumph-Mann durch und durch, »was anderes will und kann ich gar nicht«.

Triumph 6T – Verschlanktes Stock-Bike

Vier Jahre trägt er die Ideen zu seinem aktuellen Umbau schon mit sich rum. Schmal soll das Motorrad werden, im Stil der Sechzigerjahre und nicht zu teuer in der Umsetzung. Was wäre, wenn man hauptsächlich Originalteile verwenden würde und die aber schmälert und verschlankt, bis sie ein stimmiges Gesamtbild ergeben? »Im Prinzip wollte ich also ein Stock-Bike, so wie es vor fünfzig Jahren aus der Fabrik hätte kommen können.« Wir würden sagen, es ist schlicht ein supercleaner Chopper.

Verchromen ist nicht immer das Maß der Dinge, hier passt es perfekt zum glänzenden Lack

So bleibt der Rahmen das Original von Triumph, der Motor wird sorgfältig restauriert und mit einem Amal-Vergaser bestückt. Lediglich die Auspuffanlage baut Ryan selbst. Die wunderschöne 2-in-1-Anlage entsteht aus Teilen, die Ryan über eBay gekauft hat. Die Originalgabel versieht er mit Gabelcovern von MCM. Die wurden schon in den 50er Jahren an Wettbewerbsmopeds verbaut, Competition Covers nennt man sie deshalb auch.

Triumph 6T mit Handschaltung und Fußkupplung

Der Lenker stammt im Ursprung von Biltwell, auch ihn schmälert Ryan. Dafür schneidet er einfach aus der Mitte ein Stück heraus und setzt ihn neu zusammen. Denkbar einfach, aber passend für den gewünschten schmalen Look. Die schlanke Batteriebox fertigt er selbst, »sie ist optisch ebenfalls einem alten Teil von MCM nachempfunden, allerdings komplett neu und eben schmaler als gebaut«, erklärt er.

Die Auspuffanlage, die sich übers Getriebecover schmiegt, ist einfach nur schön

Besonderes Augenmerk legt Ryan außerdem auf den Öltank sowie das Heck des Bikes. Für ersteren schneidet er ein Stück aus dem originalen Öltank heraus, damit er nicht zu weit über den Rahmen heraussteht. Allerdings ist dieses Stück ein Stück zu viel, also wieder ein Stück dazu, alles verschweißen und am Ende neu verchromen lassen. Die Kettenschutzhalterung wird an die Kotflügelstreben geschweißt, das Rücklicht bildet das Ende des Kettenschutzes, der die gleiche Lackierung wie Rahmen, Tank und Fender bekommt, damit alles wie aus einem Guss wirkt.

»Der ganze Triumph-Sixties-Style war schwarz«

Überhaupt, die Lackierung, so was muss man wollen, finden wir. Ryan erklärt: »Alles früher war schwarz, der ganze Triumph-Sixties-Style war schwarz. Ich wollte dem etwas Krasses entgegensetzen und so entschied ich mich für dieses auffällige Pink.« Ein Lackierer, der perfekt arbeitet, ist die Voraussetzung für ein Vorhaben wie dieses. »Da dürfen keine Fehler passieren, da muss alles passen«, sagt Ryan.

Ryan Mullion hat gut lachen. Er durfte seine Triumph in Japan ausstellen

In Matt Ross findet er seinen Meister, die Lackierung ist so clean und sauber wie der Rest des Motorrades auch. Nach acht Monaten akribischer Detailarbeit ist die Triumph 6T bereit für Show und Straße. Zu den zwei Siegerbikes bei Born Free gehört sie am Ende übrigens nicht. Allerdings sind die japanischen Gäste so fasziniert von Ryans Arbeit, dass sie ihn trotzdem einladen, sein Bike im Dezember in Yokohama auszustellen, der Jackpot für den Handwerker.

Info | @thetigershack

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.