Vom Nischen-Superbike zur edlen Ratte. Die Suzuki TL 1000 von Alex hat während der vergangenen Jahre so manche Veränderung durchgemacht. Vielleicht könnte sie noch etwas ranziger und dreckiger sein, doch Alex legt halt auch Wert auf bestimmte Teile.

Als Alex die TL 1000 erwirbt, ist sie noch im Originalzustand. Einzige Veränderung ist ein Sportauspuff, der für besseren Sound und etwas mehr Performance sorgen soll. »Der Zweizylinder-Sound hat mich schon immer begeistert«, erklärt Alex, der bereits seit Beginn seiner Bikerkarriere in der Fighterszene unterwegs ist, seine Beisterung für Suzukis L-Motor im Aluminium-Gitterrohrrahmen. Doch weil zu diesem Zeitpunkt andere Bikes seine Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, fährt er die Suzi rund zwei Jahre ohne irgendwelche Änderungen vorzunehmen. 

Die Suzuki TL 1000 ist zunächst als Fighter unterwegs

Doch dann folgt der erste Umbau, natürlich zum Fighter. Die TL 1000 bekommt das Heck einer MV Agusta, einen Yamaha-MT-03-Scheinwerfer und eine mattschwarze Lackierung. In einem TL-1000-Forum liest sich Alex in die Materie der Suzuki ein, ändert den Luftfilter, lässt den Motor sauber abstimmen und beseitigt die Kinderkrankheiten unter denen das Bike noch leidet. Zwei bis drei Jahre bleibt es im Fighter-Look, wird zwischendurch immer wieder umgebaut, bis Alex plötzlich die Idee zur Ratte kommt: »Ich wollte mal etwas anderes, kein Schickimicki, keinen Glanz.«

Typisch für die TL 1000 sind die zwei Auspuffrohre, die rechts und links nach oben ragen. Vom Rest des Super-bikes ist nicht mehr viel zu erkennen

Er organisiert sich einen weiteren Tank, beult ihn ein und macht Bestandsaufnahme in seinem Lager, das voll mit Suzuki-Teilen ist. »Dann habe ich ein Originalheck in die Finger bekommen und es entsprechend angepasst.« Gleichzeitig hört er sich in der Rattenszene um und stellt fest, dass diese noch wilder und extremer umbaut. »Klar, echte Rat-Biker werden wahrscheinlich die Nase rümpfen, doch das ist mir egal. Das Bike soll einfach aus der Reihe fallen, Hauptsache es ist nicht im Originalzustand«, so Alex.

Die Suzuki TL 1000 hat zu viel Power für den TKC 80

Da er auf Stollenreifen steht, frägt er bei Continental wegen einer Reifenfreigabe für den grobstolligen TKC 80 an, doch die Hannoveraner Reifenspezialisten lehnen dankend ab. Das ist dann doch zu wild, zumal die TL 1000 zu viel Power für den Gummi hat und zu schnell ist. In der Zwischenzeit sammelt Alex weiter Teile, einfach alles, was eine Ratte eben ausmacht. Am Bike wird gebaut und verändert, nur um alles erneut ganz anders zu machen. »Die Teile kamen und gingen«, erinnert er sich.

Die Accessoires der Ratte hat Alex unter anderem auf Flohmärkten zusammengekauft

Von einer Ducati hat er ebenfalls noch Teile übrig, will die Rundschwinge verwenden, verwirft das Ganze aber wieder. »Technisch müssen meine Bikes top sein. Für Fahrwerk, Gabel und Bremsen achte ich immer auf hochwertige Teile.« Dafür kann er glücklicherweise in den Suzuki-Baukasten greifen, denn viele Teile passen modellübergreifend. So verbaut Alex die Gabel einer GSX-R 1000 und kombiniert sie mit einer TS-Machine-Gabelbrücke. Bei den Bremsen allerdings wildert er bei Yamaha, schraubt Radialsättel der R6 an die Holme.

Der Sitzbankbezug ist das Fell eines überfahrenen Dachses

Auch das Zentralfederbein stammt nicht von Suzuki, sondern vom italienischen Spezialisten Bitubo. Auch viele weitere Parts bezieht er aus dem Zubehörhandel. Die Sitzbank dagegen stammt ebenso wie der Rundscheinwerfer von einer Ducati Monster. »Der Sitzbankbezug oder besser gesagt das Fell stammt von einem überfahrenen Dachs, der auf der Straße lag.« Na wenn das nicht mal echt rattig ist …

Alex erste Ratte ist fast schon zu gut, denn unter dem verranzten Äußeren steckt noch immer ein waschechtes Superbike, das nichts an Leistung und Performance eingebüßt hat. Fighter-Wurzeln lassen sich halt nicht verleugnen

Für Alex noch nicht genug. Auf einem Flohmarkt kauft er eine Ledertasche und einen Gürtel und legt sie zwei Tage in Salzwasser, um einen bestimmten Look zu erzeugen. »Letztlich ist alles so geworden, wie ich mir das vorgestellt habe.« Klingt wie das letzte Wort, doch wer Alex kennt, weiß, dass es dabei nicht bleiben wird. Einer, der mit Herz und Seele schraubt, wird nie fertig sein – und das ist gut so.

 

Christian Heim