Eigentlich sollte nur ein Blinker getestet werden, aber das Ding lief gewaltig aus dem Ruder und die Suzuki GSX-R 1100 im Rau-Rahmen zur Höchstform auf. Anschnallen und los geht die wilde Fahrt.

Als Etienne »Eddie« Gerau sich mit seiner Werkstatt selbstständig macht, ist sein bevorzugter Customstil eigentlich schon auf dem absteigenden Ast. Zehn Jahre ist es her, dass »Extremebikes« gegründet wurde. Angetreten, um die Welt der Sportbikes kräftig durchzuschütteln, Fighter voraus.

Extremebikes – Nicht auf Fighter festgelegt

Mit handwerklichen Glanztaten und konsequenten Motorrädern hat Eddie sich einen Namen in der Szene der Sportjünger gemacht ist, darf gar als Institution derselben gelten. Dabei ist der Freiberger nicht auf Fighter festgelegt, auch Ausflüge in die Welt von Powercruisern oder nackten Sportbikes werden regelmäßig mit Pokalen auf Bikeshows belohnt.

Seine Rückgratrahmen baute Manfred Rau ab 1972. 1985 verkaufte Rau seine Firma an den PS-Schuppen (PSS), wo die PSS-Rau-Rahmen weitergebaut wurden

Eine Besonderheit des Bikes ist sein Rahmen. Von 1972 an baute Manfred Rau seine Rückgratrahmen, ähnlich denen von Egli aus der Schweiz. 1985 verkaufte Rau seine Firma an den PS-Schuppen (PSS), wo die PSS-Rau-Rahmen bis zur Insolvenz weitergebaut wurden. Eddies Auftragsbücher sind voll, die Kunden kommen nicht nur aus Deutschland. Und wenn er nicht seit geraumer Zeit händeringend neue Mitarbeiter suchen, aber keine finden würde, dann würde noch viel mehr gehen bei Extrembikes. Obwohl, eigentlich geht schon alles – der Blick auf diese Seite sollte als Beweis reichen.

Suzuki GSX-R 1100 – Rau-Rahmen mit Gixxer-Herz

Konsequenz ist auch das Attribut, das in dieser weiß-goldenen Orgie steckt. Denn eigentlich war das Bike, Rau-Rahmen mit Gixxer-Herz, das ein Kunde in Eddies Werkstatt hinterlassen hatte, nur dazu gedacht, ein bisschen was auszuprobieren. Eddie wollte die Blinker-Taster aus dem eigenen Programm mal dranbauen und gucken, ob es passt.

In der massiven Gabelbrücke ist das Tachoinstrument sauber integriert. Superclean auch die weiß ummantelten Züge und Leitungen

»Und weil wir da eh schon am machen waren, haben wir mal den Lenker runtergenommen und ein paar Summel dran. Irgendwie dachte ich dann, man könnte auch einen anderen Tank bauen. Und na ja, da war der Punkt des Nicht-mehr-Zurückkönnens schnell erreicht«, erklärt uns der Sachse. 

Suzuki GSX-R 1100 – Einarmschwinge von Hondas VFR

Wenn die Wahnsinnstat also nun schon mal begonnen ist, dann kann man sie auch bis zum Ende durchfechten, denkt Eddie sich und macht quasi alles neu. Der Heckrahmen wird schwer modifiziert, ebenso wie die Einarmschwinge. Der Tank, der rund und wuchtig über dem Viertakt-Reihenmotor thront, entsteht aus Stahlblech mitsamt Pop-up-Tankdeckel und einem Schauglas als Tankanzeige.

Der Motor wurde optimiert und auf dem Prüfstand neu eingestellt, angeschoben wird auch mittels Flachschieber und offenen Trichtern, genauso in Gold wie die Auspuffanlage mit kurzer Pike-Endkappe

Die Auspuffanlage schlängelt sich wild um den Motor, um in eigens gefertigten Endkappen zu münden, der komplette Krümmer ist keramikbeschichtet. In die wuchtige Gabelbrücke integriert Eddie das Tachoinstrument, die Gabelcover kommen aus der eigenen Werkstatt.

Die Oberflächen der Räder sind grob wie Sandpapier

Und dann sind da noch die Räder, 17 Zoll vorn und hinten und mit Strukturpulver gepulvert. »Die Oberfläche nach der Behandlung ist extrem grob, so wie Sandpapier. Das sieht in dem Altgold geil aus, vor allem bei Sonne«, erklärt Eddie, »ist allerdings extrem schwer zu putzen.« Um die Fuhre im Zaum zu halten – der Motor ist optimiert und auf dem Prüfstand sauber eingestellt – packen Scheibenbremsen satt zu. Alle Leitungen und Züge sind weiß ummantelt, zahlreiche Bauteile modifiziert und angepasst.

Die Suzuki-Räder wurden mit Strukturpulver in Altgold behandelt, vor allem bei Lichteinwirkung gibt das schöne Effekte. Nur putzen sollte man das nicht müssen, bei der groben Oberfläche eine echte Drecksarbeit

Am Ende steht ein Bike, das optisch sicher nicht jeden berührt, aber große Fighterkunst made in Germany repräsentiert. Eddie baut übrigens derweil an einer Kiste im Fünfziger-Jahre-Racestyle mit Vollverkleidung. Basis: Eine Harley-Davidson Night Rod Muscle – konsequent, wie immer.

Info | extremebikes.de

 

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.