Eigentlich wollte Wolfgang an einem Custom-Contest teilnehmen, schaffte es mit seinem Entwurf aber nicht ins Finale. Gut so, denn das brachte Zeit und Muse für diesen Umbau. Ein Cafe Racer auf Basis einer KTM 950 Adventure – was tatsächlich  ziemlich bemerkenswert ist.

Eigentlich hatte sich Wolfgang Mayerl mit einem Entwurf beim Umbauwettbewerb »Custom Aces« von Triumph beworben, kassierte dafür aber eine Absage. »Ich bin kein Zeichner oder Designer, meine Ideen kommen beim Bauen«, erklärt Wolfgang.

KTM 950 Adventure – Maximal patriotisch

Dafür, das wissen wir schon länger, ist er ein Schrauber vor dem Herrn, seit 2017 selbstständig, die Auftragsbücher nicht ohne Grund voll. Und in jedem Fall führte die Triumph-Absage zum Bau dieses Ausnahmebikes, auf Basis einer KTM, was für uns ungewöhnlich, für den Österreicher Mayerl aber maximal patriotisch ist.

Die KTM Adventure ist eine klassische Reise-Enduro, verbirgt unter ihrer Pummelschale aber durchaus innere Werte

»KTM-Customs sind selten«, Herausforderung genug für Wolfgang, der unter der Schale der Adventure einen eigentlich sehr schönen Rahmen entdeckt, wie er sagt. »Und der Motor erst. Guckt euch mal die Indian FTR an, da ist der LC8 der Adventure gar nicht so weit weg davon.«

KTM 950 Adventure als perfekte Cafe-Racer-Vorlage

Tatsächlich entpuppt sich also die gestrippte Enduro als perfekte Cafe-Racer-Vorlage. Und die setzt Wolfgang meisterhaft um, behält außer Motor, Rahmen und ein paar Kleinigkeiten nicht viel vom Original. 

Tank, Heckteil, Öltank, Spoiler, Fußrasten, Lampen, Armaturen und Halterungen entstanden komplett in Wolfgangs Werkstatt

Der V2 bekommt neue Nockenwellen und Vergaser, die Köpfe werden modifiziert, der Wasserkühler kommt von SMT, Luftfilter und Auspuffanlage baut er selbst. Die Gabel einer Superduke wird mit Teilen der Adventure modifiziert, sitzt auf eigens gefertigten Gabelbrücken.

Die großen Aufgaben kommen noch …

Die Radgrößen verändert Wolfgang gegenüber der Serie, neunzehn Zoll drehen nun vorn, siebzehn hinten. Beide Räder werden mit Wave-Scheiben bestückt. Alles Basisarbeiten, die großen Aufgaben kommen noch. Denn erst bei den Blecharbeiten zeigt Wolfgang dann sein ganzes Können.

Die Serien-Adventure bringt es vollgetankt auf 225 Kilo. Nach Wolfgangs Café-Kur bleibt die KTM unter 170 Kilo!

Tank, Heckteil, Öltank, Spoiler, Fußrasten, Lampen, Armaturen und Halterungen entstehen komplett in seiner Werkstatt, einer einfachen Doppelgarage. »Okay, ich hab noch den Keller, wo ich drehen und fräsen kann, was das Zeug hält«, grinst er.

Eine KTM, wie wir sie zuvor noch nicht gesehen haben

Tatsächlich führt er alle Arbeiten selbst aus – abgesehen von der Sitzbankpolsterung und der Lackierung. Über acht Monate hinweg entsteht das Motorrad neben seinen Kundenaufträgen. Und tatsächlich ist es am Ende eine KTM, wie wir sie zuvor noch nicht gesehen haben. Und der Umbau zieht letztlich Kreise bis nach Mattighofen, dem Sitz des Herstellers.

Der 950er LC8 war KTMs erster V2-Motor. Leicht, kompakt und mit 103 PS ausreichend kräftig, ließen seine Manieren im unteren Drehzahlbereich doch ziemlich zu wünschen übrig

Wolfgangs »Patriot« gefällt den Bossen so gut, dass sie wohl in Zukunft zu Promozwecken genutzt werden wird. Auch ein Grund, warum der voll fahrbare Racer noch nicht groß bewegt wurde, »das Risiko, dass vor der Kooperation mit KTM was passiert, ist mir dann doch zu groß.« 

KTM 950 Adventure – Unverkäuflicher Café Racer

Aber jucken tut es ihn schon, den Wolfgang. Und verkaufen kommt ebenfalls nicht in Frage. »Da steckt so viel Herzblut und Arbeit drin, das könnte mir eh keiner bezahlen.«

Info |  mayerl-motorcycles.at

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.