Stefan Schulz ist bekennender Kawasaki VN-800-Fan. Mit seinem spektakulären Umbau konnte er unseren letzten CUSTOMBIKE-Wettbewerb mit deutlichem Vorsprung für sich entscheiden.

Wie die meisten Motorradenthusiasten, schraubt auch Stefan nur in seiner Freizeit an seinen Bikes. Schon auf der CUSTOMBIKE-SHOW 2017 hatte er eine umgebaute Kawasaki VN 800 im Gepäck und sicherte sich damit große Aufmerksamkeit. Genug Motivation also, um weiterzumachen und ein neues Projekt zu starten.

Tief, lang und vor allem mit ganz dicken Rädern. Stefan hatte ganz klare Vorstellungen, wie er seine VN 800 in einen waschechten Bobber verwandeln wollte

»Die VN 800 ist für mich einfach die ideale Basis für Umbauten aller Art. Und da ich unbedingt etwas mit einer Springergabel machen wollte, habe ich einen Rahmen gesucht.« Für sein Projekt braucht er allerdings einen ganz bestimmten, nämlich den einer VN 800 Drifter. »Ja, sie hat einen anderen Lenkkopf, auf den sich eine Springergabel adaptieren lässt. Ich habe dann einen Rahmen gefunden und den passenden Motor dazu.« Unterstützung bekommt er bei Pichel Bikes. »Ralf und ich sind befreundet und wir stehen in ständigem Austausch, was Motorräder und alle möglichen Ideen drumherum betrifft.«

Springergabel und ein Chassis mit Starrrahmenoptik

Irgendwann stehen Rahmen, Motor und Gabel in der Werkstatt und die Findungsphase beginnt. Beide fangen an zu spinnen, in welche Richtung es gehen könnte. »Dann sitzt du halt mit einem Kreativbier in der Hand vor dem Bock und überlegst, was du draus machen willst«, erklärt Stefan verschmitzt. Bei einer Springergabel und einem Chassis mit Starrrahmenoptik liegt der Bobber ziemlich nahe.

»Als Räder wollte ich auf jeden Fall Rundbettfelgen von Harley-Davidson.« Das Problem bei diesen Rädern ist die Anzahl der Speichen. Die Kawa hat achtundvierzig, Harley nur vierzig.« Eine Herausforderung, an deren Ende die Umsetzung steht, doch über das »Wie« schweigt sich Stefan mit einem Lächeln aus. Tüftler müssen ja nicht immer ihr Wissen hinausposaunen.

Details, wohin das Auge blickt. Hingucker ist der hintere Teil der Auspuffanlage mit seinen vier Auslassöffnungen und den Messingabdeckungen

»Auf jeden Fall habe ich sie nach dem Lackieren mit Messingnippeln einspeichen lassen.« Lustige Anekdote am Rande: »Mit den dicken Reifen, die aufgezogen waren, bezeichnete sie der Auszubildende der Werkstatt als Donald-Duck-Räder.« Angesichts der Dimensionen eine ziemlich passende Beschreibung.

Eine weitere technische Hürde bildet die Springergabel. Zwar bietet die Drifter aufgrund ihres Lenkkopfes gute Voraussetzungen, doch japanische Bikes werden im metrischen System gebaut, Harleys im zölligen. Wie bringt man nun ein Gabeljoch mit größerem Durchmesser durch ein kleineres Lenkrohr?

Der zuständige Prüfingenieur wollte Springergabel und geändertes Lenkrohr im offenen Zustand sehen

»Das war eine knifflige Angelegenheit und ein nicht zu unterschätzender Aufwand«, gibt Stefan zu. Hinzu kommt noch die Zulassungsfähigkeit, denn die Springergabel kann noch so schön aussehen, wenn der TÜV seinen Segen verweigert, nutzt das nichts. »Wir haben im Vorfeld natürlich mit dem TÜV gesprochen und den Umbau abgeklärt. Deshalb gab es auch einen Termin bei uns vor Ort, denn der zuständige Prüfingenieur wollte Springergabel und geändertes Lenkrohr im offenen Zustand sehen, und nicht erst nach dem Einbau.« Mit seinem Okay geht der Umbau anschließend munter weiter. Schließlich sitzt den beiden auch die Zeit im Nacken. Stichtag ist die CUSTOMBIKE-SHOW am ersten Dezember-Wochenende, als das Projekt startete, blieben nur rund drei Monate.

Um die tiefe Linie zu erreichen, muss das Chassis tiefergelegt werden. Bei Spezialist Wilbers lässt Stefan ein gekürztes Federbein anfertigen. »Insgesamt kam die Kiste gut fünf Zentimeter runter. Wir uns auch vorher Gedanken über die Fahrwerksgeometrie gemacht, gerade wegen der Springergabel und der Tieferlegung, schließlich soll die VN auf jeden Fall auf die Straße und auch noch ordentlich fahren.«

Die Macher des Siegerbikes: Stefan Schulz (links) und Ralf Pichel feiern ihren Triumph mit einem Kreativbier

Die Teilebeschaffung erledigt Stefan meist übers Internet. Lieferanten sind die üblichen Verdächtigen, aber auch das bekannte Online-Auktionshaus oder Customizer. So übernimmt Steve Schneiderbanger den Lenker, den er nach Stefans und Ralfs Vorgaben baut. Andere Teile wiederum werden kurzerhand zweckentfremdet. So diente der Luftfilter im ersten Leben als Karbidlampe, bevor diese modifiziert und am Motor angebracht wurde. Was nicht beschafft werden kann, wird selbst gebaut. »Ralf hat alle Blecharbeiten übernommen und die ganzen Drehteile hergestellt.

Ebenfalls knifflig wird es bei den Handhebeln. Stefan entscheidet sich für BMW-Parts, die an den Lenkerenden montiert werden. Das ist zwar echt oldschoolig, erfordert aber wegen der innenliegenden Züge erneut spezielle Lösungen mit Umlenkrollen. Es sind eben alles keine Teile, die man von der Stange kaufen kann, doch die beiden beißen sich durch.

Der Umbau verlief wie im Rausch

»Überhaupt ist der Umbau wie im Rausch verlaufen. Ich denke, wir haben uns gegenseitig hochgeschaukelt und uns bestens ergänzt«, meint Stefan zur Umbauphase, die über die Monate hauptsächlich nach Feierabend stattfand, an den Wochenenden und sogar im Urlaub. Probleme gab es kaum welche, wie er betont. »Im Gegenteil, unter Druck lief‘s sogar richtig gut. Aber das liegt wohl daran, dass Ralf ein entspannter und besonnener Mensch ist. Aber auch ein echter Pedant, wenn es um die Technik geht, und das ist gut so.«

Den Termin zur letzten CUSTOMBIKE-SHOW haben die beiden jedenfalls eingehalten. Und dass Stefans Bobber ein Volltreffer wurde, weiß er nicht erst seit der Messe. Unsere Leser haben ganz klar entschieden, dass seine VN 800 mit 872 Punkten der verdiente Sieger ist. Herzlichen Glückwunsch!

 

 

Christian Heim