Axel ist ein Liebhaber des Lotus-Designs, nicht aber des Endpreises für das Motorrad der Luxusmarke. Selber bauen ist der Schlüssel und seine Kawasaki Eliminator ein verblüffendes Zweirad.

Wie viel seid ihr bereit, für ein Motorrad auszugeben? Für manche ist die Schmerzgrenze bei 15.000 Euro erreicht, andere setzen sich einen Lowbudget-Umbaut für 1.000 Euro als Ziel, aber kaum einer von uns ist wohl in der Lage, satte 75.000 Euro in ein Motorrad zu investieren.

Kawasaki Eliminator – Eine Traube, die nicht zu hoch hängt

Da kann der Name »Lotus« noch so schön klingen. Auch für Axel hängt die britische Traube zu hoch, aber das Design der in Bayern gefertigten Lotus-Motorräder, das hat ihn von Anfang an fasziniert. Nun ist der Ingenieur für Fahrzeugtechnik, dessen Leidenschaft das Design ist, kein unbeschriebenes Motorradblatt.

Eigentlich würde kaum einer das hässliche Softcruiser-Entlein umbauen. Bei Axel verschwindet die Basis aber schnell – zunächst am Computer, später unter Blechverkleidungen. Dazu baut der Hamburger einen Hilfsrahmen und fertigt die Verkleidungsteile per Transparentpapier vor. So kann er gewährleisten, dass die späteren Öffnungen in der Hülle an den richtigen Stellen sitzen

Mit 18 Jahren machte er seinen Führerschein, mit dem festen Vorsatz, niemals Auto zu fahren. Das hat nicht ganz geklappt, die Winter in Deutschland fordern Tribut. Aber Motorradmann ist er zeitlebens geblieben. »Immer schon habe ich Bikes umgebaut.

Unter der Aluminumhülle schlägt ein ganz und gar biederes Herz

Streetfighter waren das vor 20 Jahren noch«, berichtet der 54-jährige Hamburger, der bei Airbus arbeitet. Doch sein persönliches Bike in einem eigenen Lotus-Design, das ist noch eine Ecke bemerkenswerter als alles andere – vor allem, wenn man unter die Aluminumhülle blickt, denn da schlägt ein ganz und gar biederes Herz.

Ein Minitacho muss als Ableseinstrument reichen, auch sonst gibt sich das Cockpit aufgeräumt. Gut zu erkennen sind die Hilfsstreben über der Gabelbrücke, an denen die Lampenverkleidung befestigt ist

»Es war gar nicht so leicht, die passende Basis für das Projekt zu finden«, erzählt Axel. Akribisch geht er die Suche an. Er nimmt Fotos von zahllosen Motorradmodellen, legt das Bild einer originalen Lotus darüber und beginnt, nicht in Frage kommende Zweiräder auszusortieren.

Kawasaki Eliminator – Basis mit langem Radstand

Am Ende bleibt Kawasakis Eliminator als passend übrig. »Die Kawa hat einen langen Radstand, ist niedrig und gar nicht so schlecht motorisiert. Die Bereifung mit dem dicken hinteren Gummi passt außerdem. Klar, der Kardan ist nix, aber für dieses Vorhaben war sie trotzdem geeignet.«

»Es war gar nicht so leicht, die passende Basis für das Projekt zu finden. Letztlich blieb aus Sicht der Linienführung die Eliminator übrig «

Viel würde man von der Antriebseinheit später sowieso nicht mehr sehen, da ist auch eine relative Stimmigkeit genug, um der Eli den Zuschlag zu gewähren. Für 900 Euro kauft Axel das Basismotorrad.

Schweißarbeiten am Rahmen sind nicht notwendig

Den Reihenvierzylinder des Softchoppers verändert der Hamburger nicht, lediglich einen Flachschieber montiert er, der stammt aus Suzukis GSX-R. Schweißarbeiten am Rahmen sind nicht notwendig, nur ein neuer, verschraubter Heckrahmen muss angefertigt werden.

Für ausreichend Belüftung des Vierzylinders ist gesorgt, in der Front hat Axel eine Art Kühlergrill in die Verkleidung gearbeitet, dazu gibt es seitliche Belüftungsschlitze. Die fertig lackierte Verkleidung wird auf den zuvor konstruierten Hilfsrahmen genietet – und ein Unikat von Motorrad ist entstanden

Dazu braucht Axel eine Art Hilfsrahmen, auf dem Verkleidungsteile später montiert werden. Wie eine Art Gerippe um das Motorrad drumrum kann man sich das vorstellen. Nun sind wir erfahren darin, wie man in Handarbeit einen Tank oder einen Fender herstellt, aber mit welchen Blechgrößen Axel hantiert, das muss er uns genau erklären.

Die ersten Arbeitsschritte finden am Computer statt

»Im Prinzip ist das nicht anders als bei einem Fender, aber eben in größeren Dimensionen«, erläutert er. Mit CAD-Techniken ist der Ingenieur sowieso vertraut, so finden auch beim eigenen Projekt die ersten Arbeitsschritte am Computer statt.

Die Verkleidungsteile entstehen aus jeweils einer Blechtafel. Auch der Elipsoid-Scheinwerfer sitzt in nur einer Ursprungs-Alu-Platte. Die Metallarbeiten hat Axel komplett selbst übernommen, seine private Werkstatt verfügt über die nötigen Werkzeuge. Die Lackierung ist ebenfalls eine Eigenleistung, es wird grundiert, geschliffen, abgeklebt, lackiert und getrocknet

»Da habe ich die Grundformen des Motorrades angerissen und die Flächen digital verformt, bis sie gepasst haben. Letztlich übertrage ich das, was der Rechner vorgibt, dann auf das eigentliche Handwerk. So wie der Computer formt, kann ich es in der Werkstatt schließlich auch.«

Paneelen und Verkleidungsteile aus Aluminiumblech

Für die Paneelen und Verkleidungsteile benutzt Axel Aluminiumbleche, die großen Seitenverkleidungen sind jeweils ein Teil, ebenso die Lampenmaske, in die lediglich die Öffnung für den Ellipsoid-Scheinwerfer geschnitten wird.

Lasst euch von der Optik nicht blenden, es gibt keinen Grund, die Fahrbarkeit der Eliminator anzuzweifeln. Lediglich ein bisschen brachialer dürfte der Motor für Axel sein – auch wenn er sein Bike eher selten fährt

Er arbeitet mittels Transparenzpapier, das er am Bike befestigt. So kann er die Form der Panele immer wieder anpassen und korrigieren. Ebenfalls kann er so kontrollieren, wo genau Öffnungen für Auspuff, Motor- und Getriebedeckel angesetzt werden müssen.

Kawasaki Eliminator – Lüftungsschlitze für den Reihenvierer

Integrierte Lüftungschlitze in den Seitenpaneelen lassen dem Reihenvierer noch genügend Luft zum Atmen. Auch den Tank baut Axel selbst, schweißt ihn autogen. »Das hört sich natürlich alles etwas leichter an, als es war«, gesteht Axel, »ich habe da schon zwischendurch immer wieder auch Ideen verworfen.«

Im Nachhinein hätte Axel die 900er Eliminator als Basis bevorzugt, da der größere Motor noch brachialer gekommen wäre. Wir finden, 600 reicht, ist sie doch ein völlig unproblematisches Motorrad mit überraschendem Temperament und typischem Kawa-Brüll-Sound

Die Zukaufteile für seine »Lotus« bewegen sich übrigens in einem vertretbaren Rahmen, nur Stummellenker, Federbeine, Lampen, Schweinwerfer und ein paar Kleinigkeiten sind außer den umfassenden Eigenanfertigungen nötig. 

Die Kawa weist eine täuschende Ähnlichkeit zum Original auf

Nach gerademal sechs Monaten Umbauzeit hat Axel seine Version eines eigentlich unbezahlbaren Zweirades fertiggestellt. Es weist eine täuschende Ähnlichkeit zum Original auf. Dass das Bike darüber hinaus perfekt fahrbar ist, beweist uns sein Besitzer außerdem gern.

Zum Vergleich, hier das Original von Lotus Motorcycles, angetrieben von einem 1200er KTM-V2 und 120.000 Euro teuer

Dabei legt Axel gar nicht viel Wert drauf, denn oft fährt er das Motorrad nicht. »Ich wollte es sogar schon mal verkaufen, zum Glück biss niemand an«, erzählt er. So bleibt das kleine Wunderwerk eine Art privates Museumsstück, genug Ideen für neue Projekte hat der Verrückte sowieso schon im Kopf.

 

Arbeitet seit 1996 für den Mannheimer Huber Verlag, gehört seit 2005 zum festen CUSTOMBIKE-Magazin-Team und steuert seit 2013 das ansonsten männerbevölkerte CUSTOMBIKE-Schiff als Chefredakteurin. Beruflich hat sie jeden großen und kleinen Customtrend der letzten zwanzig Jahre mitgemacht, glaubt aber letztlich an den Erfolg von Bodenständigkeit und Konstanz – auch die Maxime für die Arbeit an Deutschlands ältestetem Magazin für umgebaute Motorräder. Sie selbst pflegt beste Kontakte in die Umbau- und Schrauberszene, nicht nur in Deutschland, weiß meistens genau, wer gerade an was baut, und berichtet mit Vorliebe über die Geschichten hinter den Motorrädern und über echte Petrolheads, die das Customizing von ganzem Herzen leben. Fürs private Zweiradglück genügt ihr eine Honda CB 400 Four, mit Baujahr 1977 gerade mal ein Jahr älter als die Chefin. Aktuell steht die Honda allerdings auf der heimischen Hebebühne und soll bald in neuem Glanz erstrahlen – a bikers work is never done.